Elke Bulenda

Himmel, Arsch und Hölle!


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da! Der Kater auf deinem Bauch! Niedlich, er versucht dich zu wärmen!« Nun blickte ich in die angedeutete Richtung, weil ich noch immer in der Horizontalen lag. Und wirklich! Da hockte wieder dieses Katervieh! Ich kann von Glück sagen, dass er mir nicht das Gesicht weggefressen hat. Schon oft sah ich dieses Untier hier im Gebäude herumpirschen, doch jagte ich ihn immer erfolgreich davon. Und nun schlich sich dieses hinterlistige Wesen schon wieder an mich heran. Das sah mir nach einer offenen Kriegserklärung aus! Wenn er Krieg wollte, könnte er ihn haben!

      »Verschwindet! Alle beide!«, zischte ich feindselig. Nur bei dem getigerten Kater half es, wogegen sich die Zwergin als äußerst zisch-resistent erwies.

      »Nun sei doch nicht so grantig zu dem Tier! Joey wohnt hier schon viel länger als du! Er war damals die Therapiekatze, für die Depressiven, augenscheinlich hält er dich für Therapie bedürftig«, erklärte Trixie.

      »So, so! Einen Namen hat dieses Scheusal also auch! Ich verabscheue Katzen! Ich bin eher ein Hunde-Typ. Bei Hunden weiß man woran man ist. Aber bei Katzen? Ich mag es nicht, wenn ich in meinen eigenen vier Wänden wie ein Eindringling angesehen werde! Und dann sein zerfleddertes Aussehen!«

      »Ein alter Veteran, so wie du. Er tut doch keinem was!«, winkte Trixie ab.

      »Doch, er ist eine Flohfalle und wenn ich ihn in die Finger bekomme, dann mache ich ihm den Garaus! Ja, ich dengle mir aus ihm eine Rheuma-Decke.«

      »Das wirst du nicht tun! Du hast außerdem gar kein Rheuma. Versprich mir, ihm nichts zuleide zu tun! Sonst rede ich kein Wort mehr mit dir!«, drohte die Zwergin. Nun irgendwie hatte Trixie recht. Ich wohnte noch nicht lange hier in der Villa Ballerburg. Früher war es ein Sanatorium für psychisch Kranke. Doch diente dieses Gebäude eigentlich nur zur Tarnung unseres geheimen Geländes. Patienten gab es schon lange keine mehr. Sal ließ das Haus liebevoll renovieren und richtete die unteren Räume für diverse Aktivitäten ein. Einen Kraftraum, ein Musikzimmer, ein Sportzimmer, einen Raum mit Kicker, Billard- und Poker-Tischen; sogar einen, in dem nur Tischtennisplatten standen. Im Keller befand sich ein Pool. Nur bevorzuge ich das Schwimmen unter freiem Himmel und mag lieber den kleinen See auf dem Grundstück. Die oberen Räume hielt er frei, damit eventuell dort jemand wohnen könnte. Durch einen glücklichen Zufall bekam ich die Erlaubnis hier in dieses Haus einzuziehen. Oben, im Bad, gibt es eine riesige Badewanne. Und wer das Prinzip des Archimedes kennt, der weiß, dass ich mit meinen Maßen und Gewicht, mit einer handelsüblichen Badewanne nichts anfangen kann. - Heureka! Und da man mir eine gewisse soziale Inkompatibilität nachsagt, genieße ich hier die Ruhe in diesem Bau. Nur, dass das Faktotum von Kater hier ebenfalls seinen Stützpunkt hatte, das wurmte mich gewaltig. Auch wenn er das Gebäude von Mäusen frei hielt. Nun, ich musste wirklich ein wenig weich in der Birne gewesen sein, oder war es die Befürchtung, dass Trixie mir eins mit der Doppelaxt überzog? Egal, ich gab ihr das Versprechen. Aber wieso sollte ich es nicht umgehen, den Kater einfangen und beim Tierarzt einschläfern lassen? Und wieso sah mich die Zwergin so mitleidig an?

      »Was ist?«, knurrte ich barsch.

      »Ragnor, du brauchst dringend Hilfe. So geht es nicht weiter! Wenn du alleine hier nicht wohnen kannst, ohne dich umzubringen, oder zu versumpfen, dann musst du wieder ins Hauptquartier umziehen«, stellte sie fest.

      »Ach, was! Mir geht es gut!«, wiegelte ich ab. »Ich brauche keine Hilfe!«

      »Hm, wenn du das so sagst, dann stehe jetzt mal langsam auf, sonst trete ich dir gegen den Schädel, so wie der Butler im Sketch mit dem 90. Geburtstag.«

      »Ja, ich stehe auf, aber erst mal muss ich einen Schluck trinken. Wo ist die verfluchte Flasche?«, fragte ich und setzte mich vorsichtig auf. Mir war schwindelig und Schwärze trübte meine Optik.

      »Ich finde, du hast jetzt genug gesoffen. Du solltest lieber deine Portion Blut trinken. Sag mal, bist du unter die Flagellanten gegangen? Was hast du da an deinem Rücken?«, fragte die Zwergin skeptisch und beäugte mein Heck. Nicht weniger ratlos befühlte ich meinen Rücken und schnitt mir dabei in den Finger.

      »Oh, verdammt, da ist die blöde Flasche! Da muss ich wohl drauf gefallen sein!«, stellte ich verwundert fest. Gut, damit war die Frage nach meinem Whiskey beantwortet.

      »Ich glaube, ich sollte dir beim Aufstehen helfen, ich bin zwar nicht groß, aber dafür ein ziemlich kräftiges Mädchen!«, meinte Trixie. Obwohl ich steif und fest behauptete, keine Hilfe zu benötigen, war ich froh, dass sie mir aufhalf. Um nicht die Treppe heraufgehen zu müssen, nahmen wir den Fahrstuhl. Das hätte ich auch vor meinem Sturz tun sollen, dann hätte ich noch eine volle Flasche meines Gesöffs. Und mein Rücken sähe nicht aus, wie ein verdammtes Mosaik-Glasfenster. Unterwegs verlor ich beinahe meine Hose. Komisch, das war doch immer noch der gleiche Anzug, den ich als Trauzeuge getragen hatte. Es erweckte den Anschein, als hätte jemand inzwischen den Anzug vertauscht. Oben angekommen, schlug die Zwergin entsetzt die Hände über dem Kopf zusammen, als sie des vorherrschenden Chaos´gewahr wurde.

      »Ach du heilige Scheiße, wie sieht es hier denn aus? Hast wohl deine Möbel umgestellt, oder was? Zumindest ist hier im Leergut-Glaswald Staub gesaugt«, meldete sich Trixie zu Wort. Möbel umgestellt, das war wohl eher ein beschönigender Ausdruck. Offensichtlich hatte mich die Wut, oder der Frust gepackt; jedenfalls sah es so aus, als hätte ich die Sitzgruppe durch die Gegend geschollert. Aber es wurde Staub gesaugt - und das noch immer. Ernestine, das Socken-Monster, fuhr auf dem Saugroboter sitzend durch das Wohnzimmer und schien ernsthaften Gefallen an dieser Tätigkeit zu finden, was sie mit glucksenden Tönen kundtat. Mein Kollege Barbiel hatte mir seine Ernestine dagelassen, weil er mit dem Rest meines Teams, einen Auslandsaufenthalt in geheimer Mission hatte. Da ich krankgeschrieben war, durfte ich nicht mitkommen. Stattdessen passte ich auf sein kleines Monster auf und soff mir das Resthirn weg. Während Ernestine auf dem Saugroboter einen Hindernisparcours erster Güte hinlegte und geschickt das Leergut umkurvte, sah die Zwergin zu mir auf und drückte mich auf den umgekippten Sessel. Sie war wirklich sehr kräftig. Mir blieb nichts anderes übrig, als verdutzt zu blinzeln, und plotzte rückwärts auf den umgekippten Sessel.

      Wutschnaubend stapfte sie zur Dolby Surround Anlage und stellte die Musik ab. »Du bist nicht nur ein Säufer und Tunichtgut, sondern auch noch ein Leergut-Messie! Was hat Sal dir geraten, ehe er abreiste?«, drohte Trixie mit ihrem Finger, den sie mir mit minimalen Abstand vors Gesicht hielt. Angestrengt überlegte ich.

      »Ich solle einmal in Ruhe umziehen? ...«

      »Das ist ja wohl abgehakt!«, konterte Trixie besserwissend.

      »Äh, ich sollte mich dann bei Dr. Dr. Ferdinand Gütiger melden?...«, fragte ich vorsichtig. Trixie warf mir einen Wust Briefe in den Schoß.

      »Korrekt, der Kandidat hat hundert Punkte! Hier deine Aufforderung zu seinen Terminen, die du wohl bemerkt, verstreichen lassen hast!«

      »Ich sammle keine Punkte, sondern Karos! Das sage ich auch jedes Mal an der Supermarktkasse, wenn mich die Kassierer-Tussies fragen!«, knurrte ich.

      »Jetzt werde mal nicht frech! Warum bist du nicht zu ihm gegangen, wo du doch offensichtlich ziemlich down bist? Mensch Ragnor, ich meine es doch nur gut mit dir«, beschwichtigte die Zwergin. »Wenn du kein Ehrenzwerg wärst und zur Familie gehören würdest, ich hätte dich sofort an den Haaren zu Dr. Dr. Gütiger geschleift. Aber ich bin deine Freundin und will dir helfen. Guck dich doch mal an! Du bist vom vielen Alkohol schon ganz gelb. Mit anderen Worten: In deiner Leber würde ich nicht wohnen wollen. Es ist der lebensfeindlichste Ort auf dieser Erde! Du kannst deinen Gram nicht im Alkohol ersäufen. Also jetzt mal Klartext: Was ist mit dir los?« Sie reichte mir eine Blutkonserve, die ich dankend annahm. Mir war gar nicht bewusst, dass ich so hungrig war. Nachdem ich sie geleert hatte, blieb mir nichts anderes übrig, als vor Trixie eine Beichte abzulegen.

      »Bevor mich der Mob lynchte, weil ich Lord Seraphim ermordete, war ich glücklich verheiratet und stolzer Vater zweier Söhne und zweier wunderschöner Töchter. Als ich erwachte, dachte ich, dass ich meine Frau und die Mädchen irgendwann wiedersehen würde. Da meine Frau eine Halbdämonin war, kam ich auf die Idee, dass sie die Zeit überdauert haben könnte und einer meiner Söhne, die beide als Vampire überlebt haben, die Mädchen ebenfalls zu Vampiren machten. In Paris erfuhr ich die Wahrheit.