Elke Bulenda

Himmel, Arsch und Hölle!


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Mara, die andere Tochter, folgte ihrer Mutter in die Dämonendimension. Ich werde meine Frau und meine Töchter nie mehr wiedersehen. Dabei habe ich sie so geliebt!« Ich weinte blutige Tränen. Versteht mich nicht falsch, eigentlich bin ich nicht nahe am Wasser gebaut, aber ich war einfach nur fix und fertig. Tröstend legte mir die Zwergin ihre kleine Hand auf die Schulter und reichte mir eines ihrer winzigen Taschentücher. Ich stutzte, putzte mir die Nase; doch meine Blues-Ballade war noch nicht beendet.

      »Als ich noch ein Mensch war, da hatte ich eine reizende Frau und einen Sohn, Vater, Mutter und viele Geschwister ... Sie wurden ermordet. In Paris wurde ich mit dem Mörder meiner Familie, meinen Blutsbruder Godfrey, konfrontiert, er machte sich sogar darüber lustig, weil ich nicht wusste, dass meine damalige Frau, Edda, schwanger war. Also hat er auch noch unser Ungeborenes auf dem Gewissen gehabt. Ich tötete ihn, doch statt Genugtuung zu empfinden, fühle ich mich einfach nur leer und ausgebrannt. Dann ging auch noch Sal weg, und ich wurde kaltgestellt. Statt meiner Wenigkeit, macht Wilbur jetzt meinen Job. Ich hasse diesen blöden Dschinn! Und vermisse die Jungs«, meinte ich kleinlaut. Diese Aussage entsprang nur meiner Schwäche.

      Wenn ich klar bei Trost gewesen wäre, hätte ich niemals zugegeben, dass ich den Engel Barbiel, Dracon den Drachenmann, und Silent Blobb, das Blubberwesen vermissen würde. Sie gingen mir sonst immer nur auf den Sack.

      »Es tut mir wirklich leid. Ich kann nachempfinden wie du dich jetzt fühlen musst«, meinte die energische Zwergin und tätschelte mir wieder die Schulter.

      »Das kannst du gar nicht! Ich habe das Gefühl, dass alles was mir lieb und teuer ist, einfach immer wieder entrissen wird. Du kennst meinen wahren Verlust doch gar nicht!«, schniefte ich beleidigt.

      »Doch, das kann ich. Ich habe auch einen mir Nahestehenden verloren, den ich sehr liebte. Quasebarth Eisenfaust, meinen Mann, den Vater meiner Kinder. Er starb in den Minen von Khor Asul.«

      »Oh, das tut mir wirklich leid. Wurde er verschüttet?«, fragte ich neugierig, denn mich interessierte schon immer, wer es schaffte, diese taffe Zwergin zu bezwingen.

      »Nein, ein Troll setzte sich während der Mittagspause versehentlich auf ihn drauf. Dabei sagte ich ihm immer wieder, er solle sich von den dämlichen, hirnlosen Trollen fern halten!«, referierte Trixie.

      Verdattert sah ich sie an und wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Zumindest lenkte sie meine trüben Gedanken in eine andere Richtung.

      »Ja, ist ja gut, Ragnor. Hör zu! Ich mache dir folgenden Vorschlag: Zuerst pflücke ich dir die Glasscherben aus dem Rücken, dann legst du dich aufs Ohr. Ich mache hier klar Schiff und wenn du dich ausgeruht und deine Blutkonserven getrunken hast, gehen wir gemeinsam zu Dr. Dr. Gütiger und dann redest du mit ihm. Hey, dafür ist er doch da! Okay?«, schlug mir Trixie vor. Sie hatte recht und ich war ihr wirklich dankbar. Weniger dankbar war ich, als sie mich an den dritten Punkt meiner To-do-Liste erinnerte.

      »Und vergiss nicht einen Termin bei Amanda zu machen, wenn du deinen Job wieder haben willst, dann ist dieser Schritt unumgänglich.«

      … Dr. Dr. Amanda Ferguson ... Für diese biestige Ärztin hatte ich ein echtes Faible. Nur hasste sie mich von ganzem Herzen, was sie in meinen Augen noch viel attraktiver machte, denn sie war nicht leicht zu haben. Nur, mir als stolzen Krieger war es ein Dorn im Auge, mich und meinen edlen Körper in die Hände von Amanda zu begeben. Das letzte Mal, als sie mich in ihrer Obhut hatte, fehlten anschließend meine Hörner. Nun ich will mir nicht vorstellen, was sie mir diesmal abschneiden könnte. Im Flugzeug nach New York sagte sie mal, wenn ich ein Hund wäre, würde sie mich kastrieren … Ich hänge wirklich an meinem besten Stück. Es ist der einzige Freudenspender in meinem trostlosen Dasein.

      … Verdammt, wäre die Zwergin nur niemals in mein Haus gekommen...

      Die in schönen Dingen eine schöne Bedeutung entdecken, sind die Kultivierten. Für sie besteht Hoffnung.

      (Oscar Wilde)

      »Hier!«, meinte Trixie, die in mein abgedunkeltes Schlafzimmer stürmte und mir den riesigen Karton vor die Nase stellte.

      »Was is ´n das?«, nuschelte ich aus meiner Bettenburg. Es fröstelte mich immer noch, nur nicht mehr ganz so schlimm.

      »Los werde mal wieder wach, du hast lange genug geschlafen, und trink noch etwas Blut! Mann, Alter! Du hast echt deinen Biss verloren!« Die Zwergin stellte ein Tablett auf meinem Schoß ab. So eines, das Bettlägrige bekommen, um damit ihr Frühstück aufnehmen zu können. Trotz ihrer Giftigkeit war Trixie eine echte Perle. Schade, dass sie gerade mal etwas größer als ein Meter ist und einen Bart trägt, ansonsten wäre sie eine ideale Partnerin für mich … Schon lange brachte mir niemand mehr das Frühstück ans Bett. Und sogar eine kleine Vase mit Nelke stand auf dem Tablett! Wie aufmerksam! Leider ließ das Gewächs schon nach kurzer Zeit den Kopf hängen und welkte im Zeitraffer. Eigentlich ist es ganz normal bei mir. Die Milch wird in meiner Gegenwart sauer, Schnittblumen werden vorschnell welk und Spiegel platzen und zerspringen. Ich habe eine grausige Aura. Andere würden es ein schlechtes Karma nennen. Nur wurde ich nicht zum Blumen pflanzen geschaffen, sondern zum effizienten Morden. An dieser Stelle noch einmal ein dickes Dankeschön an meinem Schöpfer: ... Idiot! ...

      Traurig betrachtete ich die tote Blume und bekam wieder schwere Depressionen. Nachdem ich mein Blut-Frühstück hinter mich brachte, überfiel mich die Neugier. Trixie lag auf dem Bauch vor meinem Bett, stützte ihren Kopf auf die Hände und ließ abwechselnd die Beine auf und ab wedeln. Sie wirkte wie ein unschuldiges Kind. Deshalb genoss sie bei mir auch so etwas wie einen Welpenschutz. Niemandem sonst hätte ich gestattet, so mit mir zu reden.

      »Nun mach es nicht so spannend, ich bin ja selbst neugierig, was du da bekommen hast. Von mir ist auch etwas dabei!«

      »Was soll denn das? Wieso bekomme ich Geschenke?«, fragte ich erstaunt.

      »Du bist so dumm, wie du lang bist. Überlege doch mal! Da du dich anscheinend weigertest deinen Geburtstag zu feiern, haben wir dir ein Überraschungspaket zusammengestellt! Jetzt spann mich nicht unnötig auf die Folter!«, drängte sie. Auf blauen Dunst griff ich in den Karton und holte ein schweres Päckchen heraus und entblätterte es. Das Paket war von Dracon. Unschlüssig betrachtete ich das große Glas mit Nussnugat und brach in bellendes Gelächter aus, als ich las, was darauf geschrieben stand: »Kacke im Glas, nur echt mit diesem Etikett.« So ein Vollpfosten! Das war typisch für ihn. Er hatte einen echt kranken Humor. Nun angelte ich etwas Weiches aus dem Karton. Es war von Barbiel, Dracon und Blobb zusammen. Was soll ich sagen? Norweger-Pullover mit kopulierenden Rentieren sieht man auch nicht alle Tage! Auf einem anbei gelegten Kärtchen erläuterte Dracon, dass er den Pullover gestrickt habe, und die anderen beiden die Wolle bezahlten. Und da sie wussten, dass ich kratzende Wolle nicht ausstehen kann, ist es wahrscheinlich der erste Norweger-Pullover aus edler Kaschmirwolle. Ein strickender Drachenmann ist ein wahrlich verstörender Anblick, das kann ich euch sagen. Das nächste Päckchen war kleiner und leichter. Auch dieses Präsent entlockte mir ein Kichern. Silent Blobb, selbst ein gummiartiges Wesen, schenkte mir eine kleine Gummititte zum Kneten, die immer wieder zu ihrer ursprünglichen Form zurückfand. So macht das Fingertraining gleich viel mehr Spaß! Selbst Trixie wollte sie mal kneten. Mit dem Ergebnis, dass sie sie nicht mehr losließ. Barbiels Geschenk war natürlich mal wieder ziemlich tuffig. Ich packte eine kleine Schachtel aus, die anscheinend Pillen enthielt. Auf der Verpackung stand: Kleine Dosen des Glücks. Bei genauerer Hinsicht erkannte ich, dass in den Kapseln zusammengerollte Spruchbänder steckten, die Lebensweisheiten über Glück enthielten. Irgendwie schön, nur mein Glück hatte mich verlassen und ob es dann in Pillen-Form wirkte? Ich weiß nicht ...

      Nun reichte mir die Zwergin ihr Päckchen. Es fühlte sich wie ein Büchlein an.

      Ich ärgerte sie noch eine Runde, indem ich das Päckchen beiseite legte, was sie ganz hibbelig machte.

      »Nun mach schon das Scheiß-Paket auf, oder ich stopfe es dir ins Maul!«, keifte sie ungehalten. - Gut, genug geärgert. Nun öffnete ich das Geschenk. Sapperlot! So etwas fehlte mir noch!

      »Ein Pass, der mich als alten Sack ausweist? Na, du bist echt charmant!«, bemerkte ich unterirdisch