Arnulf Meyer-Piening

Ein rabenschwarzer Tag


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melden, sobald wir erste Erkenntnisse über die Todesursache haben. Ich muss Sie bitten in der Zwischenzeit die Stadt nicht zu verlassen. Wir werden in den nächsten Tagen sicher noch ein paar Fragen an Sie haben.

      - Ich stehe zur Ihrer Verfügung. Sie gab ihm ihre Adresse und Telefonnummer.

      - Was ich Sie noch fragen wollte, sagte der Kommissar beim Hinausgehen, hatte Herr Schwarzer Feinde?

      - Warum fragen Sie das? Glauben Sie etwa, dass er ermordet wurde?

      - Ich weiß es nicht, aber ich kann es nicht ausschließen. Jedenfalls möchte ich alle Personen sprechen, die mit ihm in engerem Kontakt gestanden haben.

      - In diesem Fall müssten Sie mit seiner Frau beginnen.

      - Haben Sie ihre Adresse?

      - Klar, ich kenne sie auswendig. Sie wohnt in seinem Ferienhaus in Worpswede. Am Brunnenhof 21.

      - Hatte er sonst irgendwelche Feinde?

      - Nicht dass ich wüsste. Er war bei allen sehr beliebt und vor allem geachtet.

      - Ich weiß das. Aber jeder Mensch hat auch Feinde.

      - Sein Sohn war sicher nicht besonders gut auf ihn zu sprechen, aber sein Feind war er bestimmt nicht.

      - Welche Probleme hatten die beiden miteinander?

      - Sie waren völlig verschieden, hatten kaum irgendwelche gemeinsamen Interessen. Der Vater war sehr dominant und ausschließlich auf seinen wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtet. Er war Kaufmann durch und durch.

      - Und sein Sohn?

      - Er war sehr musisch veranlagt. Er wollte unbedingt Musik studieren und Musiker werden, aber sein Vater ließ ihn nicht gewähren. Er wollte ihn so erziehen, wie er selbst erzogen worden war. Streng, protestantisch und nach Kaufmannsart.

      - Hatte er Feinde im beruflichen Bereich?

      - Sicher keine Feinde, aber wie das immer so bei erfolgreichen Menschen ist, sie haben viele Neider. Ganz besonders im Fußball.

      - Warum gerade da?

      - Die Position war mit vielen Vorteilen verbunden, er konnte auf Kosten des Vereins zu allen Auswärtsspielen reisen, wurde hier und da eingeladen, begrüßte die Ehrengäste und hatte Aussicht, in den nationalen Sportbund als Delegierter berufen zu werden. Vielleicht sogar eines Tages in die FIFA. Auf jeden Fall hatte er das Zeug dazu.

      - Das war alles?

      - Unterschätzen Sie das nicht. Fußball ist eine ganz besondere Sache. Da geht es um Ehre, Emotionen und Ansehen. Viele haben ihn um die Position beneidet.

      - Aber bis zu einem Mord wird es wohl nicht reichen. Jedenfalls nicht in Deutschland, aber in anderen Ländern soll das schon vorgekommen sein.

      - Aber nicht bei uns. Da geht es meistens nur um Geld.

      - Hier sind einige wohlhabende Leute ihm nicht gut gesonnen, weil er sie zu riskanten Investitionen verleitet hat, die schief gegangen sind. Viele seiner Freunde und Geschäftspartner haben dadurch viel Geld verloren und sind sogar in finanzielle Schwierigkeiten gekommen.

      - Um welche Art von Investitionen handelte es sich?

      - Es handelte sich um ein Immobilienprojekt auf einer der Ostfriesischen Inseln. Das war wohl ein Abschreibungsobjekt, das allerlei Probleme machte. Mehr weiß ich auch nicht.

      - Sonst fällt Ihnen nichts Besonderes ein, das zur Klärung dieses Unglücks beitragen könnte?

      - Nein, eigentlich nicht. Ich erinnere mich nur an einen Fall, der betraf den Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft.

      - Was war mit ihm?

      - Alle Details kenne ich nicht, aber Herr Lindner war ein Freund aus seiner Jugendzeit. Er hatte ihm einen Job gegeben, als er arbeitslos war.

      - Was ist daran so Besonderes?

      - Schwarzer hat ihm wiederholt Geld geliehen, das er nicht zurückbekommen hat.

      - Sie wissen nicht, was der Grund für die Zahlungen war?

      - Nicht genau. Ich weiß nur, dass er Spielschulden hatte. Und Herr Schwarzer hat für ihn gebürgt. Er wollte immer, dass sein Freund die Schulden tilgt, damit er seine Bürgschaft zurückbekäme, aber er brauchte stattdessen noch mehr Geld. Zuerst hat er es ihm geliehen, dann aber hat er sich geweigert, weil er das Geld selber brauchte, denn seine Geschäfte liefen nicht mehr so gut wie früher.

      - Wie ist sein voller Name? Haben Sie seine Adresse?

      - Rudolf Lindner. Sie finden ihn im Telefonbuch, denn er war der Geschäftsführer seiner Tochtergesellschaft Hako GmbH.

      - Wir werden der Sache nachgehen. Frau Reinhold, ich danke Ihnen für Ihre Offenheit und wünsche Ihnen für Ihre Zukunft alles Gute.

      Damit verabschiedete sich der Kommissar und fuhr ins Büro. Er war entschlossen, mit allen Verdächtigen zu sprechen, denn er war überzeugt, dass es sich um Mord und nicht um Selbstmord handelte. Er wusste es nicht, aber sein Instinkt sagte es ihm. Für einen Selbstmord fehlte das Motiv. Dazu wusste er zu wenig über den Toten. Bisher kannte er nur die glänzende Fassade. Wie es dahinter aussah wusste niemand, aber er würde es erfahren.

      Es entsprach seiner Gewohnheit, bei wichtigen Gesprächen sein Handy ausgeschaltet zu lassen. Außerdem betrachtete er es als grobe Unhöflichkeit, in Gegenwart anderer zu telefonieren. In öffentlichen Verkehrsmitteln tat er es grundsätzlich nicht, denn er fürchtete, dass jemand mithören würde.

      Wenn ihn jemand sprechen wollte, würde er es noch früh genug erfahren.

      Einbruch im Hotel

      Auf der Fahrt ins Polizeipräsidium schaltete er sein Handy ein und prompt wurde ihm mitgeteilt, dass er sich um Frau Wohlgemuth kümmern solle, bei der im Hotel eingebrochen sei, und ihr Geld, Papiere und Kreditkarten gestohlen seien. Sie würde um seinen persönlichen Besuch bitten.

      Schon eine gute halbe Stunde später ließ er sich im Empfang des Radisson-Blue-Hotels bei Frau Wohlgemuth melden. Sie sei auf ihrem Zimmer und erwarte ihn, sagte man ihm. Er fragte nach dem Direktor. Direktor Diekmann empfing ihn in seinem Büro und war ziemlich entsetzt, als er den Ausweis des Kommissars betrachtete.

      - Herr Kommissar, was führt Sie zu mir?

      - Ich komme wegen des Einbruchs in Ihrem Haus.

      - Das ist wirklich eine schlimme Sache mit diesen dauernden Einbrüchen, sagte Diekmann sichtlich genervt.

      - Wurde bei Ihnen früher schon mal eingebrochen?

      - Nein, Gott sei Dank nicht, aber man liest so viel in den Zeitungen.

      - Die Kerle werden immer dreister. Früher waren es Einzeltäter, aber heute haben wir es mit gut organisierten Banden zu tun, sagte Degenhardt. Oft stammen sie aus Rumänien, in der letzten Zeit auch aus Nordafrika.

      - Schlimme Zeiten. Die Polizei müsste wirklich energischer durchgreifen.

      - Wir tun, was wir können. Im Grunde müssten wir jeder heißen Spur nachgehen, aber wir haben nicht genügend Personal. Der Senat spart an allen Enden. Ständig müssen wir Personal abbauen. Jetzt bekommen wir dafür die Quittung. Die Bürger machen uns für jedes Verbrechen verantwortlich, aber wir arbeiten schon am Anschlag.

      - Ich glaube es Ihnen.

      - Nehmen Sie diesen Fall als ein Beispiel. Ich wurde schon heute Vormittag über den Einbruch informiert, aber ich war mit einem Mordfall beschäftigt. Ich kann mich nicht zerreißen.

      - Es tut mir wirklich sehr leid um Frau Wohlgemuth, denn es scheint ihr sehr schlecht zu gehen. Ich habe ein paar Mal nach ihr gesehen, aber ich konnte nichts für sie tun, da habe ich den Arzt gerufen. Er kam nach kurzer Zeit und hat bei ihr einen Nervenzusammenbruch konstatiert. Er hat ihr Blut abgenommen und ihr eine Beruhigungsspritze gegeben. Das wird ihr hoffentlich helfen, schnell wieder auf die Beine zu