Arnulf Meyer-Piening

Ein rabenschwarzer Tag


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Ich weiß. War die Spurensicherung schon da?

      - Nein, man sagte mir, es seien derzeit alle Spezialisten im Einsatz. Angeblich sei irgendwo in der Stadt ein Mord geschehen.

      - Leider war das tatsächlich der Fall. Die Herren haben mir geholfen, den Fall aufzuklären.

      - Haben Sie den Mörder schon gefasst?

      - Nein, wir wissen noch nicht einmal, ob es wirklich Mord war.

      - Um wen handelt es sich?

      - Das möchte ich jetzt noch nicht sagen.

      - Dienstgeheimnis?

      - Sie werden sich noch ein paar Tage gedulden müssen. Ich kann Ihnen zu den laufenden Ermittlungen nichts sagen. Die Zeitungen werden in den nächsten Tagen mit Sicherheit ausführlich darüber berichten.

      - Furchtbar, was heutzutage so alles passiert. Wir haben viel zu viele Ausländer in unserer Stadt.

      - Degenhardt wich der Bemerkung aus, weil er sich in die kontroverse Diskussion nicht einklinken wollte. Aber nun zu dem Einbruch in Ihrem Hotel, sagte er. Was genau ist geschehen?

      - Viel wissen wir noch nicht. Offenbar ist der Einbrecher - es muss ein Profi gewesen sein - während der Frühstückszeit mit einem Nachschlüssel in das Zimmer von Frau Wohlgemuth eingebrochen und hat alle ihre Wertsachen mitgenommen. Sie hat daraufhin einen Zusammenbruch erlitten. Wir haben sofort einen Arzt gerufen, der auch sehr schnell gekommen ist. Er hat ihr eine Beruhigungsspritze gegeben. Sie sagte, dass sie diesen Abend unbedingt wieder fit sein müsse, denn sie habe einen Auftritt als Solistin in der Glocke.

      - Ich weiß. Ich werde selbst mal nach ihr sehen. Welche Zimmernummer hat sie?

      - Sie hat Nummer 414, das ist im obersten Stockwerk. Sie wollte unbedingt ein ruhiges Zimmer, und da haben wir ihr ein Zimmer im obersten Stockwerk gleich unter dem Dach gegeben. Diese Zimmer waren früher eigentlich nur für das Dienstpersonal vorgesehen, aber heute sind sie wegen der Ruhe sehr begehrt. Soll ich Sie anmelden?

      - Es wäre mir recht.

      Der Fahrstuhl ließ nicht lange auf sich warten, schnell war Degenhardt im obersten Stock, klopfte an die Tür Nummer 414.

      - Eine schwache Stimme fragte: Wer ist da?

      - Ich bin´s, Kommissar Degenhardt.

      - Es dauerte einen Augenblick, bis sie vom Bett aufgestanden war und sich notdürftig mit einem Morgenrock bekleidet hatte. Misstrauisch öffnete sie die Tür, hatte die Kette vorgelegt, warf einen Blick durch den Türspalt. Schließlich löste sie die Kette und öffnete die Tür. Er betrat das Zimmer, das ziemlich klein war. Große Unordnung: Diverse Kleidungsstück lagen auf dem Fußboden. Kaum wagte er sich umzusehen. Es schien ihm zu indiskret zu sein.

      Jetzt stand eine ziemlich derangierte Frau mit offenen Haaren vor ihm. Sie hielt sich ein einer Stuhllehne fest. Das war nicht die blühende Frau, die er gestern erlebt hatte. Er nahm sie vorsichtig in den Arm, als fürchtete er, dass sie fallen könnte und geleitete sie zum Bett. Vielleicht ist es besser, wenn du dich wieder hinlegst. Du siehst nicht gut aus, sagte er.

      - Mir geht es auch nicht gut, sagte sie mit schwacher Stimme. Es ist mir überhaupt nicht recht, dass du mich in diesem erbärmlichen Zustand siehst. Die Haare sind nicht frisiert, keine Schminke, kein ordentliches Kleid. Ich sehe aus wie eine Megäre.

      - Was soll denn heute Abend werden, wirst du das Konzert absagen?

      - Nein, das geht nicht. Ich muss unter allen Umständen singen. Es hängt so viel für mich davon ab. Meine ganze Karriere wäre verkorkst, wenn ich jetzt schmisse. Die Presse wird anwesend sein und alles was Rang und Namen hat. Der große Konzertsaal ist wieder vollkommen ausverkauft.

      - Aber wenn es nicht geht, dann geht es eben nicht.

      - Doch, es muss gehen. Der Arzt hat mir Blut abgenommen und mir eine Spritze gegeben, damit wird es schon gehen.

      - Wie du meinst, ich aber fände es besser, wenn du dich noch ein paar Tage schonen würdest und im Bett bliebest, bis du wieder richtig auf dem Damm bist.

      - Das kann ich nicht. Ich werde singen, es ist keine so große Partie. Es ist ja nicht die Walküre, die ich letztens in Stuttgart gesungen habe. Das war ein grandioser Erfolg.

      - Ich habe davon gelesen. Aber da warst du auch kerngesund und voller Kraft.

      - Martin, nimmt diese Karte, sie gibt dir den besten Platz gleich oben im ersten Rang rechts ganz vorne. Da kann ich dich sehen, und du mich auch. Das wird mir bestimmt helfen, meine Kraft zurückzugewinnen.

      - Das musst du wissen. Wenn ich dein Mann wäre, dann würde ich dir den Auftritt verbieten.

      - Bist du aber nicht - leider.

      - Sei froh, ich bin ein schlechter Ehemann. Nun erzähle mir mal möglichst in allen Einzelheiten, wie das mit dem Einbruch war.

      - Das ist schnell erzählt, sagte sie und setzte sich auf das Bett. Ich ging von unserem gemeinsamen Frühstück sofort auf mein Zimmer. Da bemerkte ich, dass meine Sachen durchwühlt waren. Mein Portemonnaie mit Geld war weg mit allen Papieren und Kreditkarten. Auch mein Schmuck war weg. Mehr weiß ich auch nicht. Ich rief in der Zentrale an. Der Direktor kam und sah, was geschehen war. Er sagte, ich solle nichts anfassen. Die Hausdetektive haben oberflächlich nach Spuren gesucht, aber nichts gefunden. Sie prüften das elektronische Türschloss und die Fensterverriegelung. Sie vermuteten, dass der Dieb mit einem Nachschlüssel oder über das Dach gekommen und durchs geöffnete Balkonfenster eingestiegen sei.

      - Vermuten sie. Haben sie Spuren am Fenster und der Tür gesichert?

      - Keine Ahnung. Ich habe nicht zugeschaut. Ich war völlig durcheinander und habe mich aufs Sofa gelegt bis sie gegangen sind.

      - Hast du alles sorgfältig geprüft, was verschwunden ist? Kann nicht irgendwo etwas versteckt sein? Hast du Geld oder Schmuck in den Hoteltresor getan?

      - Nein, mit so etwas habe ich nie im Leben gerechnet. Meinen ganzen Schmuck haben sie mir genommen. Wenn ich einen großen Auftritt in einem Konzert habe, dann nehme ich immer meinen wertvollen Schmuck mit. Jetzt ist alles weg. Ich habe nichts mehr, keine Kreditkarten und auch kein Geld. Ich weiß gar nicht, wie ich das Hotel und alles andere bezahlen soll. Ich weiß überhaupt nichts mehr.

      - Mach dir darum keine Sorgen. Ich werde die Hotel-Rechnung für dich regeln. Der Rest ist Sache der Versicherung. Alles halb so schlimm, wenn es sich nur um Geld handelt. Viel wichtiger ist, dass du schnell wieder auf die Beine kommst.

      - Wie spät ist es?

      - Knapp zwei Uhr.

      - Dann habe ich ja noch ein paar Stunden Zeit bis zu meinem Auftritt. Der Doktor will nachher noch einmal bei mir vorbeischauen. Vielleicht gibt er mir eine neue Spritze.

      - Er wird dich schon irgendwie wieder auf die Beine bringen.

      - Ich werde sehen, dass mir das Schmuckgeschäft hier im Hause eine Halskette und ein paar Ohrringe borgt, damit ich nicht so nackt auf der Bühne stehe.

      - Das machen sie bestimmt. Ich werde gleich mit dem Besitzer reden. Ich kenne ihn gut.

      - Das ist lieb von dir. Du bist ein Schatz.

      - Man tut, was man kann, sagte er achselzuckend.

      - Du kommst doch bestimmt heute Abend?

      - Ja, aber lieber wäre mir, wenn du den Abend im Bett bliebest.

      - Ja, mit dir! Es wäre schön, wenn du mich in den Arm nähmest.

      - Das geht leider wirklich nicht, wenn ich es auch möchte. Aber jetzt sollte ich dich lieber verlassen, damit du noch etwas Ruhe findest.

      - Ich werde mich noch etwas hinlegen. Also bis heute Abend. Ich verlass mich darauf, dass du in meiner Nähe bist. Ich brauche dich als meinen Talisman.

      - Das ist eine neue Rolle für mich. Ich werde noch etwas üben müsse.

      Damit