Natalie Bechthold

Einen Schurken zum Bräutigam


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Ein besonders heißbegehrtes Thema unter der Dienerschaft war sein Tod.

      „Was, wenn er den Schlaganfall nicht überlebt?“, oder so ähnlich tuschelten sie miteinander.

      Ralph kam regelmäßig in das Zimmer seines Vaters und das versetzte die Dienerschaft in ein Staunen. Noch nie hatte der alte Viscount seinem Sohn so viel Aufmerksamkeit geschenkt, wie der Sohn seinem Vater jetzt. Und das allein aus reiner Sorge. Zumindest dachte das die Dienerschaft. Aber in Wirklichkeit wünschte Ralph seinem kranken Vater den Tod, damit er seine Nachfolge antreten konnte, wonach er sich schon sein ganzes Leben lang gesehnt hatte. Und mit jedem Krankenbesuch hoffte er auf seinen letzten Atemzug. Doch sein letzter Atemzug kam nicht dieses Mal, nicht nächstes Mal und auch nicht ein anderes Mal. Stattdessen erholte sich der alte Mann und ehe er sich versah, wurde er für unzurechnungsfähig erklärt. Sein Titel und sein ganzes Vermögen, sowie auch sein ganzer Besitzt wanderten an seinen Sohn und einzigen Erben. Ralph. So gefühlskalt und hinterlistig, wie er war, raubte er seinem Vater sein ganzes Sein.

      Nun saß der alte Mann von seinem Sohn beraubt und verbannt im winzigen Dachbodenzimmer und konnte seine Machtlosigkeit nicht nur spüren, sondern auch förmlich riechen. Sein armseliges, veraltetes Mobiliar bestand nur aus einem alten Bett, kleinem Tisch und einem passenden Stuhl. Nicht einmal ein kleines Blumenbukett durfte die Fensterbank schmücken.

      „Das hat der neue Viscount verboten“, erklärte ein junges Dienstmädchen.

       Ja, der neue Viscount. Mein eigener Sohn.

      Natürlich wusste er, warum Ralph das getan hat. Weil Charles Caleb über alles liebte und das hat er niemals zu einem Geheimnis gemacht. Caleb, der Sohn einer Mätresse, war seine Nummer eins und das spürte und wusste Ralph. Anstatt seinen ehelichen Sohn und Erben vorzuziehen schenkte Charles seine ganze Liebe und Aufmerksamkeit seinem unehelichen Sohn, Caleb.

       Für Ralph muss es sicherlich ein großer Schlag gewesen sein, als ich ihm erzählte, dass ich Caleb adoptieren möchte.

      Ralph wusste ganz genau, wenn Caleb offiziell zur Familie gehört, dann würde ihm nach Vaters Tod alles zufallen. Denn er war um fünf Jahre älter als sein Halbbruder, Ralph.

      Der Schlaganfall kam Ralph nur zu Gute. Nur so kam er an das, wonach sich sein Herz all die Jahre sehnte. Der Viscount of Harwich zu werden.

      Und jetzt, wo Charles nichts mehr zu sagen hatte, musste er das Leben auf dem Dachbodenzimmer akzeptieren. So akzeptieren, wie es jetzt ist und noch später sein wird. Auch die Entscheidung seines Sohnes, dem Viscount of Harwich, die Frau zu heiraten, die er möchte. Auch wenn sie einen schlechten Ruf hat und mit dem ihren seinen Familiennamen beschmutzte.

      „Irene Hunter, wer hätte das gedacht, dass du eines Tages noch zu meiner Schwiegertochter wirst“, lachte er in sich hinein.

      „Welch eine erbärmliche, schicksalhafte Fügung.“

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