Edi Mann

Der Leuchtturmwächter


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Brennmaterial in üppiger Fülle. Mit den Händen und einem flachen Stein beginne ich eine flache Kuhle freizuschaufeln, um sie anschließend mit einem lockeren Steinkreis einzufassen. Nicht dass die ganze Aktion noch in einen Buschbrand ausartet, was bei der hier herrschenden Trockenheit leicht passieren könnte. Die Berge vor mir nehmen eine rote Färbung an und mit meinen frisch reparierten Schuhen müsste es problemlos möglich sein, sie vor der morgigen Mittagshitze zu erreichen. Mal davon ausgegangen dass es einen nächsten Morgen für mich gibt.

      Wie schnell sich das Gefühl der Resignation in Zuversicht wandeln kann. Vor kurzem noch zum Aufgeben bereit, den Tod als letzten Gast willkommen heißend. Und jetzt? Sich der Herausforderung Leben ein weiteres mal stellen, eine weitere Runde auf dem Karussell anstreben, den letzten Funken Hoffnung nähren und zu einem Feuer entfachen. Ein etwas gequältes Lächeln stiehlt sich auf die trockenen und rissigen Lippen als das wirkliche Feuer entzündet wird, welches auch sofort munter zu brennen beginnt.

      Gefühle. Seit die Identifikation mit den Gefühlen und damit einhergehend der Versuch ihrer Manipulation weggefallen ist, kann viel zwangloser damit umgegangen werden. Da gibt es keine Unterscheidung mehr zwischen gut und schlecht. Das Gefühl der Resignation ist nicht schlechter als das Gefühl der Zuversicht. Es sind einfach zwei unterschiedliche Gefühle, die auftauchen und auch wieder vergehen. Vielleicht sind sie ja nicht einmal unterschiedlich und nur die Benennungen erheben sie in den Stand einer Eigenmächtigkeit. Schlussendlich ist es doch nur eine sich in diesem Organismus bemerkbar machende Energie, die, je nach Konditionierung, interpretiert wird. Die Auswirkungen mögen unterschiedlich sein, doch die Energie ist eine einzige. Was in einem Organismus das Gefühl der Hilflosigkeit auslöst, mag in einem anderen den Kampfessmut entfachen. Was zu einer bestimmten Zeit das Gefühl der Stagnation hervorruft, kann zu einer anderen Zeit auch neugieriges Voranschreiten veranlassen.

      Nehmen wir als Beispiel einfach mal den Chronisten hier, der sich Edi Mann nennt. Sein Job in der Firma droht wegrationalisiert zu werden. Edi, eher der selbstbewusste Typ, sieht dies als willkommenes Zeichen und reicht von sich aus die Kündigung ein. Er kassiert eine satte Abfindung und sieht gelassen der Zukunft entgegen. Sein einziges Problem ist sich zu entscheiden, in welche Projekte er das Geld und seine ihm nun so unverhofft zur Verfügung stehende freie Zeit investieren soll.

      Dieser Edi Mann wird in eine imaginäre Kiste gesteckt und diese kräftig geschüttelt. Nicht gerührt, nur geschüttelt. Beim öffnen erscheint Dan Mine, der ebenfalls von der Kündigung bedroht ist. Dan findet die Entscheidung Edi´s zwar mutig, über sein eigenes weitere Vorgehen muss er aber erst mal gründlich nachdenken. Trotz seiner Unzufriedenheit mit dem momentanen Job macht er sich Sorgen darüber, ob er nicht schon zu alt für einen Neuanfang ist. Nicht dass er sich als ein Sorgenkind betrachten würde, aber Dan macht sich viele Sorgen.

      Bemühen wir nochmal die Kiste, aus der nach erneutem schütteln Anne Dim herausklettert. Anne, eine Kollegin von Edi und Dan, reagiert auf den drohenden Jobverlust sehr emotional und ruft erst mal ihre momentan beste Freundin an um Frust abzuladen. Alles stürzt wieder einmal über ihr zusammen; der Freund hat vermutlich eine andere, der Streit mit den Nachbarn droht zu eskalieren, die neue Frisur sieht scheiße aus und jetzt auch noch dies. Typisch, denkt sie, warum kann bei mir nicht auch mal was gut laufen?

      Die Kiste öffnet sich ein weiteres Mal und heraus schreitet Niemand. In derselben Firma wie Edi, Dan und Anne steht auch er vor dem Jobverlust. Niemand, offensichtlich kaum von den Ereignissen beeinflusst, nimmt den weiteren Verlauf des Geschehens in die eigene Hand. Alles ist so wie es sein soll.

      Anne, enttäuscht von ihrer Freundin, schnappt sich Dan und überschüttet ihn mit ihrem Frust, ihren Sorgen und Problemen. Dan, im Geheimen in Anne verliebt, übernimmt das ganze Paket um es gedanklich zu bearbeiten. Seine Lösungsmöglichkeiten bespricht er mit Edi, da er für sich selbst unfähig ist eine Entscheidung zu treffen. Edi, dem dies mittlerweile am Arsch vorbeigeht weil es nicht mehr sein Thema ist, hört gar nicht richtig zu und stellt auf Durchzug zu Niemand. Niemand nimmt sich der Sache an und alles wird gut. Denn Niemand kann etwas daran ändern. Niemand ist da wenn er gebraucht wird.

      Anne will ihre düsteren und schlechten Gedanken “abstellen“. Dan “macht“ sich Gedanken um die Zukunft. Edi “denkt“ dass zu viel denken nicht gut ist. Niemand lässt die Gedanken kommen und gehen.

      Anne ist ihren Gefühlen und Emotionen ausgeliefert. Dan will sie kontrollieren. Edi, sorglos wie er ist, lebt sie aus. Und da ist Niemand, der sich damit identifiziert.

       Hey Süßer, machst du jetzt einen auf Philosoph? Du brauchst hier nicht irgendwelche fiktiven Gestalten hervorzaubern um unser Anliegen zu erklären. Ich kann dir etwas auf die Sprünge helfen, ganz auf die althergebrachte und natürliche Art und Weise. Darin bin ich die Meisterin, Maya, die Impulsgeberin, Maya, die Unberechenbare, Maya, die das Ruder in der Hand hält und dich durchs Leben steuert. Deine konfusen Gedanken wirken sich nur störend aus in dieser gefühlsgesteuerten Welt. Deine Erklärungsversuche stürzen dich nur in Verwirrung und Leiden. Also tu dir selbst einen Gefallen und höre auf damit. Obwohl dein Eigensinn ab und zu auch sehr amüsante Blüten trägt, so stellt er doch das Hindernis dar, dich selbst zur wirklichen Entfaltung zu bringen. Oder dich zur Entfaltung bringen zu lassen.

      Maya, die Meisterin der Illusion. Dein Auftreten scheint untrennbar mit dem Leiden verbunden zu sein. Wieder einmal habe ich mich zwischen den Schichten deiner Schleierwelten verloren, ließ mich in eine ausweglos erscheinende Situation drängen. Und wenn es deine sogenannten steuernden Impulse waren, denen ich zu folgen gezwungen bin, dann hast du mich hierher in dieses Tal des Todes geführt. Schönen Dank auch kann ich da nur sagen. Doch damit ist jetzt Schluss, ich habe einen Weg gefunden um mich selbst zu befreien. Ab jetzt wird das Leben in die eigene Hand genommen und die negativen Erscheinungen in positive gewandelt. Auf deine Impulse kann hier verzichtet werden.

       Dein Sarkasmus steht dir nicht gut zu Gesicht. Ich bin wohl für die Welt verantwortlich und dafür wie du dich darin bewegst, aber nicht für dein Leiden. Dafür bist du selbst zuständig, das legst du dir selber auf durch deine pausenlose Gedankentätigkeit. Anstatt den Impulsen zu vertrauen, die ich dir in Form von Gefühlen vermittle, reflektierst du das Geschehen und machst etwas eigenes daraus. Ist schon paradox, du hältst meine Welt für eine Scheinwelt, aber in deiner eigenen Vorstellungswelt, die nur als Gedankenwelt in dir Bestand hat, bewegst du dich als wäre es die Wirklichkeit.

       Vielleicht mag es für dich so aussehen als ob ich immer zusammen mit dem Leiden auftrete. Aber ich bin immer da, nur in der restlichen Zeit bemerkst du wohl meine Anwesenheit, mein steuerndes Eingreifen nicht. Bei dir angenehmen Gefühlen erkennst du dich selbst als Auslöser, nur von den dir unangenehmen distanzierst du dich und suchst einen äußeren Auslöser. Einen Schuldigen für deine eigene angenommene Unzulänglichkeit. Da ist dann das sogenannte Schicksal schnell zur Hand, dem man die Schuld in die Schuhe schieben kann.

      Ist ja auch viel einfacher als sich selbst verantwortlich zu fühlen. Du hast schon recht, eigentlich sind die richtig unangenehmen Gefühle die wirklich wichtigen, denn sie zwingen zu einer Richtungsänderung, die sich im Nachhinein oft als längst überfällig herausstellt. Es ist nur so dass wir Menschen es nicht wahrhaben wollen von deiner Launenhaftigkeit abhängig zu sein. Wir wollen oder können nicht einsehen keinerlei Einfluss auf das Geschehen zu haben, das Boot nicht selbst durchs Meer des Lebens zu steuern.

       Aber da ist nichts Launenhaftes an meinem Wirken. Wenn ich sage, der Körper ist gefühlsgesteuert, dann denkst du gleich an die offensichtlichen Wahrnehmungen wie Wut, Furcht, Glück etc. Aber auch zu allen anderen Zeiten bin ich durch die steuernden Gefühle anwesend, zum Beispiel in Form von Aufregung oder Ermüdung, Wohlsein oder Krankheit, Spannung oder Entspannung, Harmonie oder Dissonanz... . All dies sind verschiedene Benennungen der einen Energie, die alles durchströmt, alles bewegt, alles im Gleichgewicht hält. Das meiste davon geschieht natürlich ohne dir bewusst zu sein. Was auch absolut nicht nötig ist, denn es würde dich nur noch mehr in Verwirrung stürzen..

       Es gibt mehr als genug Personen, die eine Wichtigkeit dafür entwickelt haben, sich all der Energieströme bewusst zu werden. Sie verbringen ihre Zeit mit