Markus Stefka

Praxismarketing für Gesundheitsberufe


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Diese Begrifflichkeit der 7Ps stammt von deren englischer Benennung. Ursprünglich bestand der Marketing-Mix aus den 4 Ps:

      · Product: Was Sie anbieten und wie hoch die Qualität dieses Angebotes ist (deutsch: Produkt)

      · Place: Wie Klienten Ihre Leistungen beziehen können (deutsch meist: Distribution)

      · Price: Was es kostet (deutsch: Preis)

      · Promotion: Wie Sie den Nutzen Ihres Angebotes vermitteln (deutsch: Kommunikation)

      Nun, wenn ich „klassisch“ sage, dann muss es zwangsläufig auch unklassische Ps geben und dem ist auch so. Da wir uns ja nun schon seit Längerem auf dem Weg in eine Dienstleistungsgesellschaft befinden, hat sich gezeigt, dass die klassischen 4Ps hier nicht mehr ausreichen. Daher wurden sie um drei weitere Ps aus dem Dienstleistungsbereich ergänzt.

      · Person: Aspekte der an der Leistungsausführung beteiligten Personen (deutsch: Person)

      · Physical Environment: Sinngemäß das Ambiente des Ortes, an dem die Dienstleistung erbracht wird (also Ihre Praxis) (deutsch meist: Ausstattung)

      · Process: die gesamten Abläufe vom Erstkontakt bis zum Kontrolltermin (deutsch: Prozesse)

      Auch diese Dienstleistungsaspekte sollten sich Gesundheitsanbieter ganz groß notieren, da sie ja selbst Anbieter von Dienstleistungen sind. Einerseits ist bei diesen Leistungen spannend, dass sie oft mehr Freiheiten bieten, als die klassischen 7Ps (die Praxis kann man sich ja weitgehend frei einrichten) und andererseits scheinen diese Dimensionen für Klienten auch sehr wichtig zu sein.

      Dies merkt man ja schon alleine daran, dass Fragen zu diesem Bereich oft auf Bewertungsplattformen zu finden sind („Der Anbieter hört mir zu“ – People, „Die Praxisräumlichkeiten sind ansprechend gestaltet“ – Physical Environment, oder „Ich erhalte rasch einen Termin“ – Process).

      Die 7Ps im Detail

      Soweit zu einer kurzen Einleitung zum Thema des Marketing-Mix. Dieses Konzept ist für das Healthcare-Marketing allerdings zu wichtig um die 7Ps nur kurz anzuschneiden. Deshalb gehen wir im Folgenden nochmals genau auf jeden der Punkte ein und betrachten, welche Ausgestaltung wir hier im Marketing finden können.

      Hinweis: Ich verwende als Überbegriff und als Titel immer die englische Originalbezeichnung und im Text dann das deutsche Pendant.

      Product

      Die Produktpolitik (man bezeichnet die einzelnen Aspekte des Marketing-Mix meist als „-Politik“) umfasst alles, was Sie Ihren Klienten an Gütern und Dienstleistungen anbieten.

      Das Produkt ist der Kern Ihres Angebotes und im Allgemeinen „Gesundheit“. Spezieller handelt es sich auch um die Qualität der ausgeführten Leistung, sowie die Breite Ihres Angebotes an sich z.B. indem Sie einen breiten Mix an Methoden und Verfahren anbieten (eine Praxis mit Röntgen, MRT, Ultraschall und weiteren diagnostischen Leistungen z.B.)

      Ein Produkt definiert sich dadurch, das es geeignet ist, Wünsche oder Bedürfnisse zu erfüllen. Therapeuten bieten Therapie, Chirurgen meist Operationen usw. Das übergeordnete Produkt wird aber immer Gesundheit (Wiederherstellung, Verbesserung der Problematik oder Erhaltung) sein. (Im Bereich der Sportpsychologie, des Mentaltrainings und Ähnlichem dürfte hier noch „Leistung“ hinzukommen).

      Auch eine Auswahl aus Kassenleistungen (auch mit mehreren Kassen) und privaten Zusatzleistungen kann zur Produktpolitik gezählt werden (auch wenn man darüber durchaus streiten kann, Sie werden merken, dass es nicht immer möglich ist 100%ig trennscharf Aspekte Ihrer Arbeit einem P zuzuordnen). Ein besonderes Produkt stellen hier die Privatleistungen dar. Wobei dies eigentlich verkehrt herum gesagt ist, da ja eigentlich die Kassenleistungen das Besondere sind, da sie nicht „direkt“ bezahlt werden müssen. Welche Auswirkungen die Bezahlstruktur auf diese privaten Leistungen hat und wie man damit umgeht, wird in einem eigenen Kapitel besprochen.

      Place

      Der Place-Aspekt, im Deutschen meist als Distribution bezeichnet, bezieht sich ganz grundlegend darauf, wie Kunden eine Leistung beziehen können. Amazons Distributionsstrategie ist es ja beispielsweise, dass die Kunden über den Online-Shop einkaufen (wobei sich dieses Spektrum ja zu erweitern scheint, siehe physische Amazon-Märkte).

      Auch wenn es immer wieder (durchaus spannende) Diskussionen über Online-Beratungen gibt, wird der Großteil von Ihnen die Leistungen nicht über eine Online-Bestellung anbieten. Da es sich um Dienstleistungen handelt (welche naturgemäß nicht gelagert werden können), müssen die Klienten die Leistungen von Ihnen „abholen“.

      Die entscheidendste Rolle wird für Sie daher der Standort Ihrer Praxis darstellen. Dies bezieht sich nun nicht nur auf die direkte Adresse, sondern auch auf das Rundherum, wie z.B. Parkplätze oder die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Wenn man die Möglichkeit zu dieser Entscheidung hat, ist es auch durchaus sinnvoll, sich vor dem Niederlassen Gedanken über den Standort zu machen. Wenn ein Stadtteil zum Beispiel (plakativ dafür bekannt ist), dass dort niemand unter 60 wohnt, könnte eine Kinderarzt-Praxis an einem anderen Ort vielleicht sinnvoller sein.

      Price

      Nomen est omen, es handelt sich um den Preis, den Ihre Klienten für das Produkt bezahlen. In vielen Fällen sind die (wahrgenommenen) Kosten auf Seiten der Klienten hier Null, da es sich um Kassenleistungen handelt, aber vor allem im Bereich der Wahl- und Privatleistungen wird dieser Aspekt wichtiger.

      In den meisten Branchen ist der Preis ein sehr flexibles Instrument, da die Preise dort selbst gesteuert werden können (ich könnte z.B. einfach 500€ für dieses Buch verlangen). Im Gesundheitsbereich trifft dies nur eingeschränkt zu, ganz besonders in Bezug auf Kassenleistungen. Der Fokus liegt hier weniger auf der individuellen Preisgestaltung als auf der Verhandlung mit Krankenkassen.

      Wesentlich größer ist der Spielraum wie gesagt bei Privatleistungen. Ich (und meine Daten, welche ich Ihnen später präsentieren werde, stützen das) gehe davon aus, dass dieser Bereich in Zukunft stark an Bedeutung gewinnen wird.

      Promotion

      Die Kommunikationspolitik ist ein wenig das Aushängeschild des Marketing, da sie (fälschlicherweise) oft mit dem gesamten Marketing gleichgesetzt wird. Vor allem gilt dies für die Unterkategorie Werbung. Nicht, dass das alleine nicht schon ein grundlegender Trugschluss wäre, so ist auch die Definition der Kommunikationspolitik solchen Trugschlüssen unterworfen.

      Unter Kommunikation verstehen viele nämlich alles, was sie nicht an Marketing mögen, also irgendwelche fiesen Tricks um Kunden eine Leistung „aufzuschwatzen“. In Wahrheit ist Kommunikationspolitik allerdings nichts anderes als die Vermittlung des Nutzens Ihrer Leistung. Es sind jene Strategien und Maßnahmen mit denen man den Kunden seine Vorzüge vermitteln möchte. Darunter fallen Maßnahmen wie die Praxis-Website, Öffentlichkeitsarbeit, aber auch Materialien wie Flyer oder Visitenkarten.

      Man kann es nicht oft genug sagen: Die Vermittlung des Nutzens ist essentiell. Den Gesundheitsberufen wird zwar (zurecht und zum Glück) von Haus aus ein hohes Grundvertrauen entgegengebracht, aber trotzdem kann man nicht erwarten, dass Klienten einfach mal so hereinspazieren, ohne ganz zu wissen, warum das jetzt sinnvoll ist. Und sie werden sich auch (und das mit Sicherheit immer mehr) die Frage stellen, warum sie denn nun genau zu diesem Anbieter gehen sollen.

      Eine besondere Bedeutung hat die Nutzenvermittlung und Informationspolitik bei Leistungen, welche eher unbekannt sind. Hier können diese Maßnahmen dem Klienten überhaupt erst die ersten Entscheidungsgrundlagen bieten.

      Besondere Beachtung müssen hier allerdings die Werbebeschränkungen für Gesundheitsberufe finden, über welche Sie in einem folgenden Kapitel mehr lesen können.

      Nachsatz: Der Nutzen einer Leistung ist oft etwas, was weit hinter dieser „verborgen“ liegt. So ist der Nutzen einer Operation für den Klienten zwar fachlich zum Beispiel, dass seine Gelenke nicht mehr zerstört sind, der wahre Nutzen dahinter ist aber vielleicht die Freude wieder mit dem Kind spielen zu können und damit das wesentlich höhere Gut „Familienglück“ oder noch abstrakter „Freude“. Diesen Hintergrundnutzen zu eruieren ist zentral für das Marketing.