Matthias Hahn

Wächter des Paradieses - Teil 3


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      Matthias Hahn

      Wächter des Paradieses - Teil 3

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Sechzehntes Kapitel: Der Drache von Angoume

       Siebzehntes Kapitel: Notizen einer bedrängten Seele

       Achtzehntes Kapitel: Die Boten des Bösen

       Neunzehntes Kapitel: Unter der Erde

       Zwanzigstes Kapitel: Das Ende eines Fluchs

       Impressum neobooks

      Sechzehntes Kapitel: Der Drache von Angoume

      In dieser Nacht fanden alle den verdienten Schlaf. Die lange Wanderung hatte sie ermüdet. Theo verbrachte fast elf Stunden in einer komaähnlichen Starre. Als er am nächsten Morgen erwachte, erschien er Tabea und Richard so ausgeglichen und zugänglich wie schon lange nicht mehr. Sie hatten gerade mit dem Frühstück begonnen, als sie das durchdringende Rasseln eines alten, klapprigen R4 vernahmen. Victor war angekommen und begrüßte die Freunde mit einem lauten „’allo“.

      Er schwenkte eine Mappe in der Linken, rief fröhlich: „Isch glaube, isch kann eusch ’elfen“, und drückte Tabea einen Kuss auf die Backe.

      „Ich dachte immer, in Frankreich dürfen sich beim Begrüßungskuss nur die Wangen berühren“, frotzelte Tabea.

      „Das ist rischtisch“, parierte Victor. „Wenn die Lippen höchstpersönlich die Wange liebkosen, dann drückt der Küssende damit eine ganz besondere Zuneigung aus.“

      „Danke“, murmelte Tabea errötend und warf Richard, der möglichst unbeteiligt auszusehen versuchte, einen verstohlenen Seitenblick zu.

      „Warst du gestern bei dem schönen Wetter wirklich in der Bibliothek?“, fragte sie Victor.

      „Den ganzen Tag. Aber wenn es dazu gedient ’at, einer schönen Frau ein Läscheln auf die Lippen zu zaubern, dann ’at sisch die Arbeit gelohnt.“

      Tabea errötete noch tiefer.

      „Aber isch denke, ihr ’abt gestern ebenfalls den ganzen Tag gearbeitet?“

      „Oh, wir waren eigentlich nur draußen in der Sonne“, erwiderte Richard und wunderte sich selbst über den aggressiven Tonfall in seiner Stimme.

      „Das freut misch für eusch“, überging Victor galant Richards Verärgerung, setzte sich an den Tisch und öffnete seine Mappe.

      „Es stört doch nischt, wenn isch sofort über meine Ergebnisse berischte?“

      „Aber nein“, beeilte sich Tabea zu erklären.

      „Als Erstes ’abe isch ’erausgefunden, dass ihr mit eurer Vermutung Rescht ’attet, dass der Weiler Vieaux frü’er Viseaux ’ieß.“ Er präsentierte den Freunden die Kopie einer historischen Karte aus dem vierzehnten Jahrhundert. „Schaut, ’ier ist Viseaux, ganz in der Nä’e des Lot, eines Flusses in der westlischen Auvergne.“ Er zeigte auf eine Markierung in der Karte. „Und dort, direkt daneben, befand sisch das Kloster Bressoardius.“

      Tabea und Richard wechselten einen Blick. „Du lagst richtig, Tabea“, murmelte Richard. „Ich hätte den Arzt noch mal fragen sollen.“

      „Welschen Arzt?“

      „Später.“

      „Gut. Als zweites ’abe isch entdeckt, dass dieses Kloster im Jahre 1384 abgebrannt ist“, fuhr Victor fort und freute sich sichtlich, als sich Tabea und Richard beeindruckt zeigten. „Angeblisch geschah es während eines gewaltigen Sturms in einer Vollmondnacht im Frühsommer besagten Jahres. Ein Blitz soll in die Lager’alle eingeschlagen und das frisch geerntete Getreide angezündet ’aben. Andere Quellen be’aupten, Bauern aus einem benachbarten Dorf ’ätten das Lager in Brand gesteckt als Racheakt für die Ketzerverfolgung im Jahr zuvor. Wie dem auch sei, der laut Zeitzeugen unnatürlische Sturm ’at bewirkt, dass der Brand auf die anderen Gebäude des Klosters übergegriffen ’at. Bressoardius wurde nischt nur nischt wieder aufgebaut, man ’at sogar den Namen der Ruine aus den Karten gestrischen, weil man den Platz für verflucht ’ielt.“

      „Das ist ja hochinteressant“, kommentierte Richard beeindruckt.

      „Absolut Klasse, was du da herausgefunden hast, Victor“, lobte Tabea überschwänglich.

      „Das ’abe isch doch gern getan“, zeigte sich Victor geschmeichelt. „Als nächstes ’abe auch isch in weiteren Quellen bestätischt gefunden, dass Jacobus Almorella tatsäschlisch gelebt ’at. Nach 1384 wird er allerdings in keinem der Verzeischnisse mehr erwähnt.“

      „Wahrscheinlich ist er in der Brandkatastrophe umgekommen“, vermutete Richard.

      „Das kann natürlisch sein“, räumte Victor ein. „Wahrscheinlischer aber ist, dass er nach dem Brand seine Stellung verloren ’at.“

      Tabea schüttelte den Kopf. „Wir waren an seinem Grab“, erklärte sie. „In Bressoardius.“

      „Na ja“, fügte Richard auf den erstaunten Blick Victors hinzu. „Auch draußen in der Sonne lässt sich so manches herausfinden.“

      Einige Sekunden lang war Victor sprachlos. „Können wir da ’infahren?“, fragte er dann aufgeregt.

      „Viel besser“, trumpfte Tabea auf. „Wir fahren zu den Fingern des Teufels, dem geheimnisvollen Versammlungsplatz der ‚Schwarzen Katharer’. Hast du einen Schlafsack dabei? Wir werden wahrscheinlich dort übernachten.“

      „Draußen in der freien Natur? Wundervoll, isch ’offe, dass wir uns da ein wenisch näher kommen werden. Isch ’abe nischt nur einen Schlafsack dabei, isch ’abe auch mein komfortables Zweimannzelt mitgebracht.“ Bei diesen Worten blickte Victor Tabea tief in die Augen. Diesmal errötete sie nicht, sondern schien vielmehr nach einer ausweichenden Antwort zu suchen.

      „Rischard kennt das Zelt bereits“, fügte Victor deshalb schnell hinzu. „Und jetzt bin isch begierisch zu erfahren, was ihr drei so alles ’erausgefunden ’abt.“

      „Das erzählen wir besser unterwegs, wenn es dir Recht ist“, entschied Tabea. „Wir sind schon ziemlich spät dran und haben heute noch einiges vor. Am besten, wir fahren sofort los.“

      „D’accord! Auf zu den Fingern des Teufels!“

      *

      Bis sie sich endlich auf den Weg zum Garten der Feen machten, verging allerdings noch eine ganze Weile, da sie zuerst noch einige zu ihrem aufregenden Abenteuer gar nicht so recht passende Tätigkeiten erledigen mussten, wie packen, ihre Unterkunft säubern, nach Yssingeaux fahren, um dort ihren Vermieter zu bezahlen, den Kleinbus aufzutanken und um Lebensmittel für drei Tage in der freien Natur zu besorgen. Außerdem musste Richard noch unbedingt der einzigen Apotheke des Ortes einen Besuch abstatten, um ihren Verbandskasten aufzufrischen, wie er behauptete.

      „Und wozu brauchst du das Ohropax?“, wunderte sich Tabea.

      „Da draußen in der Natur könnte es des Nachts merkwürdige Geräusche geben“, raunte Richard geheimnisvoll und warf einen kurzen Seitenblick auf Victor.

      Eine knappe weitere Stunde verloren sie schließlich auf der Polizeistation von Yssingeaux, wo Richard die Beamten bat, den Brief der Professoren an die zuständige