Matthias Hahn

Wächter des Paradieses - Teil 3


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Ich musste sehen, ob sie wirklich dort stand. Als ich näher kam, lief sie hierher hinter den Turm. Ich ihr nach. Dann bückte sie sich, legte ihre Hände auf diese Pflanze, und dann war sie plötzlich weg.“

      „Hat sie sich aufgelöst?“

      „Nein, ich habe nur einen Moment woandershin geschaut, weil ich über eine Wurzel gestolpert bin, und als ich wieder zu ihr hinsah, war sie weg. – Werde ich verrückt?“

      „Nein“, beruhigte ihn Richard. „Du warst schon immer verrückt.“

      „War es eine Halluzination?“

      „Was sonst?“

      „Aber es kam mir so wirklich vor.“

      „Das kann ich verstehen. Mein Traum in Edirne … ich denke auch immer, dass das alles dort wirklich geschehen sein muss. Besonders, wenn dann solche Dinge passieren, wie gerade eben: Dass ich die Frucht in den Händen halte, mit der sie mich geheilt hat. Dann denke ich auch, dass ich einen Sprung in der Schüssel habe.“

      „Dann werden wir wohl beide verrückt.“

      „Irgendetwas ist da faul. Du träumst von ihr und ich auch. Als ob sie oder irgendein anderer unsere Träume beeinflusst. Durch Telepathie oder so.“

      „Das gibt es nicht.“

      „Sicher? Sie gehört zu dieser schwarzen Sekte, da bin ich mir sicher. Vielleicht haben die ja irgendeine Meditationstechnik entwickelt, mit der sie die Träume anderer verändern können.“

      „Deine Fantasie geht mit dir durch, Richard.“

      „Aber seltsam ist es schon.“

      „Ja, das stimmt. Aber ich halte immer noch eine Reihe von Zufällen für wahrscheinlicher.“

      Richard seufzte. Eigentlich hielt er sich ja auch für einen rationalen Menschen. Aber die Ereignisse der letzten Zeit hatten für seinen Geschmack einige Zufälle zuviel hervorgebracht. Er ging zur Ruine, um die Pflanze näher zu betrachten. Sie ähnelte tatsächlich der Staude auf der Zeichnung Martin Finks und der auf dem Relief in der Opferhalle der Bogomilen. Noch ein Zufall?

      „Da“, stellte er fest, „an der Mauer, da sind noch mehr Früchte, glaube ich.“ Er drückte die Brombeerranken, die ihm im Weg standen, mit seinen Schuhen zur Seite. Dahinter wuchs eine weitere Staude mit drei oder vier unreifen Früchten, und hinter der Staude gähnte ein Loch in der Mauer.

      „Theo!“, rief Richard aufgeregt. Doch sein Freund stand schon neben ihm.

      „Da geht es in den Turm“, zeigte Richard.

      „In meinem Traum habe ich hier einen Eingang gesehen“, raunte Theo. „Wir sollten ein wenig buddeln. Vielleicht finden wir da drin die Lösung unserer Rätsel.“

      Das Erdreich war locker, und nachdem sie ein paar widerspenstige Wurzeln beseitigt hatten, konnten sie rasch die Öffnung zu einer Größe erweitern, die ihnen gestattete, sich hindurchzuzwängen.

      Im Inneren allerdings bot sich ihnen eine Enttäuschung. Im Halbdunkel stellten sie fest, dass sie sich am oberen Ende einer runden Kammer befanden. Die Decke war so niedrig, dass sie nicht einmal aufrecht sitzen konnten. Der Grund unter ihnen bestand aus feuchter, klumpiger Erde. Sie füllte anscheinend den größten Teil der vermutlich tief nach unten reichenden Kammer aus. Der Boden fiel schräg nach der dem Zugang gegenüberliegenden Seite hin ab. An den Wänden oder der Decke war in dem unzureichenden Licht weder ein Relief noch die Spur eines Gemäldes zu erkennen. Aber vielleicht würden sie ja mit ihren Taschenlampen mehr entdecken.

      „In dieses Loch kann sie also nicht verschwunden sein“, stellte Richard fest. „Es sei denn, sie hat sich in die Erde eingegraben. – Wir sollten zu den anderen zurück.“

      „Gut.“

      Theo kroch als Erster hinaus. Als er draußen war und wieder Licht in den Raum fiel, suchte Richard, dessen Augen sich inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, noch einmal die Kammer ab. Und tatsächlich: Vielleicht einen halben Meter vom Eingang entfernt bemerkte er eine ungewöhnliche Struktur in der Wand, eine Struktur, die nicht an diesen Ort passte. Sie sah aus wie ein Pfeil, den jemand in den Stein geritzt hatte. Aber wer sollte sich hier verewigt haben? Handelte es sich um ein Relikt aus dem Mittelalter? Aus der Zeit der „Schwarzen Katharer“? Verwundert betastete Richard den Pfeil, der mit seiner Spitze schräg auf den Boden zu weisen schien. Richard untersuchte die Erde unter der Spitze, und plötzlich spürte er einen harten Gegenstand zwischen seinen Fingern: einen Griff aus Kunststoff. Neugierig zog er daran und förderte eine braune Kunstledermappe zutage. Hastig durchwühlte er die Umgebung der Fundstelle, aber die Mappe war anscheinend das einzige Artefakt in der Kammer. „Interessant genug“, murmelte Richard.

      „Wo bleibst du?“, rief Theo von draußen.

      „Ich komme“, beruhigte Richard seinen Freund und zwängte sich mit der Mappe in der Hand durch die Öffnung. „Ich habe etwas gefunden“, sprudelte er aufgeregt hervor. „Ich sollte auf Archäologie umschulen. Ich bin ein ‚Digger’.“

      „Ein bedeutender Fund“, witzelte Theo. „Sehr antik sieht das nicht gerade aus.“

      Richard ignorierte den Spott und öffnete die Mappe. Klamme Papiere kamen zum Vorschein, Kopien, Zeichnungen, einige Originalarbeiten und außerdem ein kleines, blaues Büchlein mit defektem Klettverschluss. Dessen Innenseiten waren mit einer nur schwer entzifferbaren Handschrift bedeckt, die stellenweise schon ziemlich verblasst war. „Notizen einer bedrängten Seele. Tagebuch des Martin Fink“, las Richard mit einiger Mühe. „Bingo“, jubelte er dann. „Ich glaube, jetzt werden wir tatsächlich die Rätsel dieses Orts lösen.“

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