Heike Möller

Von Vampiren, Kriegern und Dieben


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Essbereich hinkommen. Oben ein großes Bad, ein Schlaf- und zwei Kinderzimmer.

      Im Keller des Hauses war ein kleines Gästezimmer, ein kleines WC und die Wasch und Haushaltsküche geplant.

      Ein Wintergarten, der direkt an der nach hinten auf das Grundstück führenden Terras­se gebaut würde, würde als kleines Büro für zu Hause dienen. Tobis eigentliches Büro lag nach wie vor in seiner Tanzschule. Er wollte die dortige Wohnung auch nicht aufgeben, für Freunde und Gäste bereithalten.

      „Endlich lerne ich dich kennen!“ Hanna ging breit lächelnd auf Leilani zu und nahm die Frau einfach in ihre Arme. Das war gar nicht so leicht, denn Hanna war nur knapp über 1,60 Meter groß, und Leilani etwas unter 1,80 Meter.

      Leilani wurde dunkelrot vor Verlegenheit. Doch als die kleine Frau sie mit ihren sanften braunen Augen ansah, lockerte sie sich sofort. Leilani seufzte erleichtert.

      „Tobi und die anderen haben mir ja schon von dir erzählt. Aus dem langen Lulatsch ist ja nichts rauszuholen!“ Hanna funkelte Tristan mit gespielter Entrüstung an.

      Leilani musste grinsen. Sie war erstaunt, dass Tristans Freunde salopp mit ihm umgingen, obwohl er doch manchmal ziemlich einschüchternd sein konnte.

      „Tristan!“

      Die helle Kinderstimme erscholl in einer ziemlich hohen Frequenz und Jan, Ben und Helena ließen kurz ihre Unterkiefer knacken, um den entstandenen Pfeifton in den Ohren los zu werden.

      Ein kleines, hellblondes Mädchen mit strahlenden, kornblumenblauen Augen, sprang auf den Lothringer zu und war ansatzlos in dessen Arm. Tristan wirbelte das Mäd­chen lachend umher, vergrub seine Nase in ihrer Halsbeuge und tat so, als ob er an ihr knabbern würde.

      Entsetzt sah Leilani zu Hanna, die das Ganze lachend beobachtete. Ebenso die ande­ren Vampire. >Er würde der Kleinen niemals etwas tun! Und die anderen wissen das auch. <

      „Lyssa, ma petite, ich möchte dir jemanden vorstellen.“

      Tristan behielt das Kind auf seinem Arm und drehte sich zu Leilani um.

      „Leilani, das ist Lyssa. Mein kleiner Stern. Lyssa, das ist Leilani oder auch Lani. Sie ist meine Freundin.“

      Bumm. Es war offiziell.

      Lyssa zögerte einen Moment. Ihrem kleinen, hübschen Gesicht war deutlich zu ent­nehmen, dass sie das nicht so toll fand. Doch dann seufzte sie.

      „Na ja. Wahrscheinlich bist du wirklich zu alt für mich, Tris. Zum Heiraten, meine ich. Aber Freunde bleiben wir, in Ordnung?“

      Tristan lachte herzhaft. „Naturelement, ma petite. Für immer und ewig.“

      Lyssa streckte jetzt Leilani lächelnd die Hand entgegen. „Du musst nett sein, wenn er dich mag. Also mag ich dich auch.“

      So einfach war das. Leilani fiel ein riesiger Stein vom Herz und sie bekam sofort wieder Farbe im Gesicht, die ihr vor wenigen Augenblicken komplett entwichen war.

      Leilani half Hanna am Buffet-Stand mit der Verteilung der Speisen. Tobias hatte zwei Spanferkel kommen lassen und die Bauarbeiter, die traditionell an diesem Tag zu Gast waren, langten kräftig zu. Ebenso der Architekt, der Statiker und einige Nach­barn, die die beiden Bauherren zum Kennenlernen eingeladen hatten. Es gab Buletten, Kassler, diverse Salate und Kuchen. Kaffee war in drei kniehohe Thermos­kannen mit Pumpsystem gefüllt, Kisten mit Bier und nicht alkoholischen Getränken waren ebenfalls reichlich vorhanden.

      Stilecht wurde alles in Pappbechern, auf Papptellern und mit Plastikbesteck serviert. Tobias hatte wegen der unsicheren Wetterlage zwei Zelte aufgestellt, die zu drei Sei­ten offen waren. Das Buffet war in einem Zelt untergebracht, der DJ, der geschmack­volle Lieder auflegte und sie auch nicht zu laut drehte, in dem anderen Zelt, zusam­men mit einigen Tischen und Bänken. Die meisten Tische und Bänke waren jedoch außerhalb des Zeltes. Solange es nicht regnete wollten alle die letzten, wenn auch kraftlosen Sonnenstrahlen genießen.

      Immer wieder kam Tobias kurz am Buffet vorbei, um seiner Frau einen Kuss auf die Wange oder den Lippen zu hauchen oder aber um über ihren Rücken zu streicheln. Einmal streichelte er über ihren Bauch und beide sahen sich glücklich an.

      Leilani war verdutzt. Konnte es möglich sein?

      „Du hast dich schnell mit den Tatsachen abgefunden“, meinte Hanna, als sie allein waren.

      Fragend sah Leilani sie an.

      „Na. Die Vampir-Sache!“, flüsterte Hanna, weil ihre Mutter sich gerade näherte und etwas Paprika stibitzte.

      Leilani lachte trocken auf. Sie wartete, bis sie und Hanna wieder allein waren. „Ich war an dem Abend zu beschäftigt, um hysterisch zu werden. Hat Ben alles erzählt?“

      „Ja. Hat er. Und … wirklich alles. Auch dass du dabei … eigentlich in Gefahr ge­schwebt hast.“ Hanna sah sie mit einer hochgezogenen Braue an. Leilani wurde tatsächlich rot und Hanna lachte ein kurzes und trockenes Lachen.

      „Oh. Das auch. Auch wenn es sich etwas komisch anhört. Ich arbeite daran, dass sich etwas an dem Status Quo ändert.“

      Hanna glotzte Leilani einen Moment an, dann brach sie in schallendes Gelächter aus. „Entschuldige!“, wieherte sie. „Das ist unglaublich süß ausgedrückt!“

      Leilani grinste. Sie hatte ein neues Selbstbewusstsein und fand überhaupt nichts dabei, mit Hanna darüber zu reden. Komischerweise fiel es ihr sogar leichter, Hanna gegenüber offen zu sein als gegenüber Helena. Inzwischen hatte Leilani alles über die Verbindungen und wie die Verbindungen der einzelnen Anwesenden zu Stande ge­kommen waren erfahren.

      Stavros Kapodistrias war wirklich ein Frauenschwarm – wenn man auf den südländi­schen Typen mit dichtem, schwarz gelocktem Haar und hellblauen Augen steht.

      Monika Martens, Hannas Mutter, war eine warmherzige Frau, die Leilani zur Begrüßung in ihre Arme schloss. Sofort fühlte sich Leilani glücklich, als ob ihre eigene Mutter sie umarmt hätte.

      „Leilani, Sie glauben ja gar nicht, wie froh ich bin, dass Sie Tristans Herz erobert haben. Der Junge hat uns ganz schön Sorgen gemacht!“

      Tristan rollte nur mit den Augen und seufzte genervt, war Monika aber nicht wirklich böse. Leilani hingegen lächelte glücklich, beugte sich zu Monika und flüsterte etwas in ihr Ohr. Monika grinste dann über das ganze Gesicht und drückte Leilani noch einmal mütterlich an ihre Brust.

      „Was hast du vorhin eigentlich zu meiner Mutter gesagt?“, wollte Hanna wissen und steckte sich eine kleine Bulette in den Mund.

      „Das ich nicht nur Tristans Herz erobert habe, sondern er auch meines. Und dass ich seine Nähe nicht mehr missen möchte.“

      Hanna seufzte entrückt. „Das ist gut, Lani. Aber du willst wieder in deine Wohnung zurück, habe ich Recht?“

      Leilani nickte. „Ich brauche meinen Freiraum. Ein bisschen wenigstens. Ich habe keinerlei Erfahrung, was Beziehungen und so betrifft. Klingt vielleicht bescheuert, aber ich glaube, ein Rückzugsgebiet ist strategisch wertvoll.“

      Wieder wieherte Hanna los. „Deine Ausdrucksweise ist großartig. Tris muss noch viel einstecken, fürchte ich.“

      „Er kann auch austeilen. Aber darf ich dich jetzt was fragen?“

      „Nur zu.“

      Leilani knabberte kurz an ihrer Unterlippe, dann fasste sie Mut. „Ich habe vorhin gesehen, wie Tobi deinen Bauch gestreichelt hat. Bist du schwanger?“

      Hanna stutzte einen Moment, dann grinste sie. „Ja. Ist aber im Moment noch ein Geheimnis. Ich bin erst Anfang des zweiten Monats und wir wollen die 12. Woche abwarten, bevor