Heike Möller

Von Vampiren, Kriegern und Dieben


Скачать книгу

schmunzelte wieder. „Und du willst wissen, ob Tobi der Vater ist.“

      Leilani wurde rot. „Es geht mich nichts an, Hanna. Wirklich, wenn …“

      Hanna hakte sich lachend bei Leilani ein. „Ist schon gut, Lani. Ich erkläre es dir. Tobi und ich wollten einfach ein gemeinsames Kind. Da das auf normalem biologischen Weg nicht möglich ist, haben wir uns einen … Samenspender gesucht. Trotzdem ist Tobi der Vater des Kindes.“

      Leilani atmete erleichtert auf. „Hat die Samenbank nicht vorher Tests bei Tobi vorge­nommen? Dabei muss doch aufgefallen sein, dass er genetisch anders ist.“

      Wieder schmunzelte Hanna und sah Leilani tiefgründig an. „Wer sagt denn, dass wir in einer Samenbank waren?“

      Leilani ließ einen Moment die Information in ihr Hirn sacken. „Oh!“, machte sie dann, bekam riesige Augen. „Okay.“

      „Wir haben gemeinsam potenzielle Samenspender gesucht und sie um eine Samenspende gebeten. Natürlich haben wir ihnen versichert, dass sie niemals wieder von uns hören würden und deshalb keine Angst wegen Alimente oder so haben müssten. Einige fanden das nicht toll, drei waren einverstanden und haben uns was … abgefüllt. Tobi und ich haben dann meinen Eisprung abgewartet und es dann in mir injiziert, während wir miteinander geschlafen haben. Somit geht alles seinen rechtmä­ßigen Gang.“

      Leilani hatte fasziniert zugehört. „Wow. Ihr beide liebt euch wirklich sehr. Das du das durchgezogen hast, Hut ab!“

      Hanna lächelte glücklich. „Ich verrate dir noch etwas. Und behalte das bitte für dich. Sobald das Kind entwöhnt ist, werde ich mich wandeln lassen.“

      Leilani empfand großen Respekt und tiefe Bewunderung für die kleine Frau. Das war schließlich keine einfache Entscheidung, zumal sie nicht altern würde, während ihre Kinder erwachsen, selbst Eltern werden und irgendwann sterben würden.

      „Ich habe lange überlegt, Lani“, sagte Hanna, die merkte, wie die junge Frau zu grü­beln begann. „Wenn man die Wahl hat, sollte man sorgfältig darüber nachdenken. Hat man diesen Weg beschritten, gibt es kein Zurück mehr. Einbahnstraße.“

      Leilani verstand, nickte. Dann umarmte sie die kleine Frau. „Danke, Hanna.“

      „Wofür?“ Die kleine Frau war etwas verblüfft.

      „Für dein Vertrauen. Für deine Offenheit. Das weiß ich zu schätzen.“

      „Und ich weiß zu schätzen, dass du Tristan glücklich machst. Ich kenne ihn jetzt seit etwas über einem Jahr, und ich habe ihn auch Lachen gesehen. Aber immer wirkte er unbewusst bedrückt. Nicht gelöst, nicht frei. Doch du hast ihn verändert. Er strahlt. Und das hast du bewirkt, Leilani.“

      Tristan sah, wie sich Leilani etwas abseits mit einem Becher Wasser hinsetzte und vor sich hinlächelte. Sie zog ihre Sandalen aus und streckte ihre langen Beine ein wenig aus.

      >Entschuldigt mich, Jungs! <, sandte er zu Tobi und Jan, die gerade mit dem Archi­tekten fachsimpelten. Dann ging er mit seinem Becher Wein zu Leilani und ging vor ihr in die Hocke.

      „Alles in Ordnung?“

      Leilani strich zärtlich eine dunkelblonde Haarsträhne aus Tristans Gesicht. „Alles Bestens. Ich brauche nur mal fünf Minuten für mich. Ich hatte nie wirklich Freunde. Oder eine richtige Familie. Und auf einmal, da …. Alles hat sich verändert, Tris. In nur drei Wochen! Kannst du, der du 850 Jahre alt bist, dir vorstellen, was drei Wo­chen für mich bedeuten?“

      Lange sah er in ihre jadegrünen Augen. Die bronzenen Strahlenkränze wirbelten regelrecht lebhaft um die Pupillen. „Ja, Lani. Ich kann es mir vorstellen. Auch wenn für mich drei Wochen aufgrund meiner Lebensspanne nur ein Wimpernschlag sind, habe ich doch nie das Zeitgefühl verloren.“

      Er nahm ihre Hand und küsste die Handfläche, ließ sogar für einen kurzen Moment seine Zunge in der Mitte kreisen. Ein kleines Keuchen von ihr war sein Lohn.

      „Ich bin unglaublich stolz auf dich, Lani. Wie du die ganzen Veränderungen, diese Situation verarbeitest, meisterst. Allein die Tatsache, dass Darius und Hagen Sören­sen ein und dieselbe Person sind.“

      Leilani fühlte, wie ihr wieder die Tränen hochkommen wollten, aber sie holte schnell tief Luft. „Ich weiß, dass das jetzt irgendwie falsch klingt, aber eigentlich müsste ich dem Mistkerl dankbar sein.“

      Tristan runzelte die Stirn, sah Leilani fragend an.

      „Ohne ihn hätten wir uns nie kennen gelernt, Tris.“

      Tristan lächelte nach ein paar Sekunden. „Du verzeihst aber, dass ich ihm keinen Blumenstrauß als Dankeschön schicke.“

      Leilani lachte leise. „Schon klar. Gibst du mir bitte ein paar Minuten für mich allein?“

      „Natürlich, Geliebte.“ Tristan richtete sich auf und hauchte ihr einen kleinen Kuss auf die Stirn. Dann gesellte er sich wieder zu den anderen.

      Leilani beobachtete ihren neuen Freundeskreis, ihre neue Familie. Und sie stellte fest, dass alles um sie herum einen Hauch von Normalität ausstrahlte.

      Vampire? - Unbedeutend.

      Darius? - Abgehakt.

      Gefahren? - Verdrängt.

      Der Moment zählte. Und sie war glücklich. So glücklich wie schon seit Jahren nicht mehr.

      Leilani sah, wie Lyssa, die sich offensichtlich mit einigen Kindern ihrer zukünftigen Nachbarschaft angefreundet hatte, versuchte eine Frisbee-Scheibe zu fangen. Der Junge, der ihr die zugeworfen hatte, war etwa drei Jahre älter und hatte den Schwung und den Winkel nicht richtig bemessen. Und so landete das Wurfgeschoss in einem Walnussbaum. Lyssa wollte gerade ihren Stiefvater rufen, aber Leilani handelte einfach.

      Geschmeidig wie eine Katze und flink wie ein Affe kletterte sie auf den Walnuss­baum. Sie ergriff die Scheibe, klemmte sie sich zwischen die Zähne und sprang einfach von dem Ast, der sich in etwa drei Metern Höhe befand, herunter. Federnd landete sie auf ihre Füße und gab Lyssa die Frisbee-Scheibe.

      „Wow!“, sagte die Kleine und starrte Leilani bewundernd an.

      „Aber nicht nachmachen, Lyssa. Ohne Aufsicht schon gar nicht.“

      „Okay!“, sagte das Kind und himmelte Leilani jetzt regelrecht an.

      Leilani sah in die Gesichter der anderen. Zwischen Bewunderung, Verwunderung und Verblüffung war so ziemlich alles dabei.

      Nur Tristan sah sie mit unverhohlenem Stolz an.

      Kapitel 3: Eine unvergessliche Nacht

      „Sie lieben dich“, sagte Tristan, als er die Haustür seiner Villa abschloss und die Alarmanlage neu einstellte.

      Leilani antwortete nicht, sondern zog ihre Sandalen aus, warf sie einfach in eine Ecke und ging in die Küche. Ihr war kalt und sie wollte jetzt unbedingt eine Tasse heißen Tee.

      „Was ist los? Du warst so schweigsam im Auto.“ Tristan war ihr in die Küche gefolgt und mit verschränkten Armen an der Tür stehen geblieben.

      „Ich muss doch nicht die ganze Zeit reden“, sagte sie und lächelte ihn über ihre Schulter an. „Mir ist kalt und ich mache mir einen Tee. Möchtest du auch einen?“

      „Nein, danke. Tee ist einfach nicht mein Ding.“ Er trat hinter sie und legte seine Hände um ihre Taille. Eine leichte Gänsehaut zog sich über ihre Haut und sie zitterte etwas. „Meine Güte, du bist total durchgefroren! Warum hast du denn nichts gesagt?“

      Leilani