Natasha Young

Gehorche mir!


Скачать книгу

verließ.

      Draußen spannte sie ihren Schirm auf und zog den leichten Mantel über ihr Kostüm. Sie wollte den Eindruck ihrer schönen Schuhe nicht mit einer langen Hose ruinieren. In Gedanken an ihr gestriges einsames Erlebnis ging sie vorsichtig die Straße entlang, wobei sie einen Bogen um diverse kleine Pfützen machte, die der Regen auf dem Asphalt gebildet hatte.

      Als sie an Dave’s ShoeHouse vorbeikam, blieb sie wie von selbst stehen und versuchte, durch die Glasscheiben hineinzusehen. Der Regen machte es nicht einfach, und drinnen brannte wenig Licht. Sie sah auf die Uhr. Es war schon zehn vor acht, sie war etwas später dran als sonst, aber schließlich war das Geschäft bis zwanzig Uhr geöffnet, und sie wollte doch nur kurz nachsehen, ob Mr Newman heute auch da war.

      Sie schüttelte den kleinen, schwarzen Regenschirm aus und faltete ihn zusammen, dann schob sie die Glastür auf und wartete auf das Glöckchen, das ihr Eintreten verkündete.

      »Hallo, Mrs Walker!« Die junge Verkäuferin blinzelte irritiert und musterte sie von oben bis unten. »Die Sandalen sind wunderschön, aber bei dem Wetter ...?«

      Erica lachte leise. »Ich bin so verliebt, dass ich sie heute unbedingt anziehen musste. Aber nun suche ich noch ein Paar schöne Halbstiefel für den kommenden Herbst, wenn Sie mir da vielleicht helfen könnten? Sie kennen ja meinen Geschmack.«

      Die junge Frau biss sich lächelnd auf die Lippen und nickte. Offenbar dachte sie darüber nach, was Erica wohl mit den unzähligen Halbstiefeln und Stiefeln angestellt hatte, die sie im Laufe der letzten zwei Jahre hier erstanden hatte.

      »Ms Kennel, ich kümmere mich um die Dame.« Erica lächelte unwillkürlich, als sie die Stimme hörte, und drehte sich zu ihm um. Er reichte ihr höflich die Hand und sah bewundernd auf ihre Füße.

      »Zu dem Rock sehen sie noch besser aus als zur Hose, sie betonen Ihre Waden so schön«, sagte er, und Erica nickte erfreut.

      »Ms Kennel, Sie können schon Feierabend machen«, sagte er zu der jungen Frau, die stirnrunzelnd von dannen zog. Sie schien sich wohl zu fragen, was mit den beiden vor sich ging, sagte aber nichts dazu.

      »Setzen Sie sich. Ich werde ein Paar für Sie aussuchen«, sagte Mr Newman und deutete auf den schwarzen Stilbruch aus Samt, der vor einem Spiegel stand.

      Erica nahm Platz, stellte ihre Tasche auf den Boden und streckte die Beine aus. Ihre Strümpfe waren ziemlich nass geworden, obwohl sie vorsichtig gegangen war, und sie überlegte, ob sie sie ausziehen könnte. Allerdings wollte sie doch zunächst ein paar Stiefel anprobieren, die Mr Newman ihr brachte.

      Er kam mit einer Auswahl hochhackiger Stiefel und Stiefeletten zurück und stellte sie neben dem Stuhl ab. Dann kniete er sich wieder vor sie und zog behutsam die Sandalen von ihren Füßen.

      »Das ist gutes Leder, so ein bisschen Regen macht ihnen nichts aus, wenn Sie sie gut imprägniert haben«, sagte er und strich vorsichtig, wie zufällig, über ihre Fußsohlen. Erica zog erschrocken die Füße an und wurde rot. Unwillkürlich dachte sie an den gestrigen Abend und ihre Fantasien von Mr Newman. Wenn er ahnte, woran sie gedacht hatte, als sie es sich selbst gemacht hatte, würde sie im Erdboden versinken vor Scham.

      Sie hüstelte kurz, als er nach ihrem rechten Fuß griff und ihre Zehen befühlte.

      »Ihre Strümpfe sind nass«, sagte er und sah zu ihr auf. Der Blick aus den grünen Augen verpasste ihr erneut eine Gänsehaut, und sie zog automatisch die Schultern zusammen. Tatsächlich waren ihre Strümpfe nicht nur nass, sondern auch kalt vom Regen, und Mr Newman spürte das.

      Er begann, ihre Zehen mit den Fingern zu massieren. »Möchten Sie die Strümpfe ausziehen?«, fragte er leise, und Erica nickte schüchtern.

      Er stand auf, um zur Tür zu gehen. Höflich drehte er ihr den Rücken zu und schloss ab, während Erica die halterlosen Nylons hinter einem Regal versteckt von ihren Beinen abrollte und zusammenknüllte. Mit nackten Füßen ging sie zu dem Stuhl zurück, schob die Strümpfe in ihre Handtasche und streckte die Beine aus.

      Er kam zurück, kniete sich erneut vor sie und massierte ihre Zehen weiter.

      »Mit kalten Füßen sollte man keine Schuhe anprobieren«, erklärte er. »Die Füße dehnen sich ja etwas aus, wenn sie warm sind, und wenn Sie mit kalten Füßen probieren, kann es sein, dass sie später drücken und zu eng sind.«

      Erica nickte. Sie lehnte sich im Stuhl zurück und schloss die Augen. Seine Zärtlichkeit tat gut, sie war so sinnlich und zugleich so unschuldig, er tat ihr einen kleinen Gefallen, die Fußmassage entspannte sie ungemein.

      Seufzend rutschte sie im Stuhl umher, bis er aufhörte und besorgt fragte: »Ist alles in Ordnung mit Ihnen?«

      Sie öffnete die Augen wieder und lächelte. »Es könnte nicht besser sein«, antwortete sie leise, dann streifte er schmunzelnd eine schwarze Stiefelette aus handschuhweichem Leder mit einem sehr zierlichen, etwas gebogenen Absatz über ihren Fuß.

      Erica schämte sich ein wenig, mit den nackten Füßen in das kostbare Leder zu schlüpfen.

      »Es ist okay«, beruhigte Mr Newman sie. »Ich habe selten so schöne und so gepflegte Füße gesehen wie Ihre. Da können wir ruhig auf Probierstrümpfe verzichten, die sind so – unerotisch.«

      Erica kicherte und stimmte ihm zu. Diese nur den halben Fuß bedeckenden Füßlinge waren auch ihr ein Gräuel, daher trug sie in der Regel eigene Strümpfe, wenn sie Schuhe kaufen wollte.

      Das Leder war kühl, aber ihr Fuß rutschte problemlos in den schmalen Schaft hinein. Vorsichtig zog Mr Newman den Reißverschluss an der Seite zu und streifte den zweiten Stiefel über ihren linken Fuß. Dann half er ihr auf und führte sie zum Spiegel.

      Die Stiefeletten schmiegten sich perfekt an ihre Knöchel, und der leicht gebogene Absatz sorgte für eine tolle Kurve in ihren Waden.

      »Sie sollten einen kürzeren Rock dazu tragen«, sagte Mr Newman. »Darf ich?« Erica nickte, und er zog vorsichtig mit zwei Händen ihren Rock etwas höher, sodass ihre Knie und ein Teil ihrer Oberschenkel unter dem Saum hervorblitzten. Er stand hinter ihr, und sie spürte seinen Atem in ihrem Nacken. Eine Gänsehaut breitete sich dort aus, und sie machte einen Schritt nach vorn auf den Spiegel zu.

      Seine Hände fielen herab, ebenso der Rock, der nun wieder knapp über ihrem Knie endete. »Haben Sie gesehen, was ich meine?«, fragte er höflich und trat einen Schritt zur Seite.

      »Ja, ich weiß genau, was Sie meinen«, antwortete Erica und wurde rot. Sie spürte das Blut in ihren Wangen und ärgerte sich darüber.

      »Sie sind wirklich toll, ich nehme sie«, sagte sie dann und setzte sich auf den Stuhl zurück, woraufhin er sofort in die Hocke ging, um die Stiefel von ihren Füßen zu streifen.

      »Oder möchten Sie sie gleich anlassen? Bei dem Wetter ...?«, fragte er, bevor das Leder von ihrem Fuß rutschte.

      »Ja, das wäre wohl ganz gut«, antwortete sie lächelnd. »Ich habe es nicht mehr weit, aber trotzdem sind die Stiefel heute wohl angebrachter als die Sandalen.«

      Mr Newman wickelte die Sandalen in Seidenpapier ein und legte sie in den Karton der Stiefeletten. Erica zückte ihre Kreditkarte und unterschrieb für 549 Dollar.

      »Das Leder ist butterweich«, sagte sie entzückt und wippte vorsichtig auf den Absätzen auf und ab.

      »Ja«, sagte Mr Newman strahlend, und seine Augen leuchteten wieder. »Es ist eine ganz hervorragende Qualität, Ziegenleder aus Italien, in echter Handarbeit hergestellt. Und wenn ich das so sagen darf – der Künstler muss einen Leisten von Ihrem Fuß gehabt haben, so perfekt wie sie sitzen.«

      Glücklich verabschiedete sie sich von Mr Newman und verließ das Geschäft. Der Verkäufer verriegelte die Glastür hinter ihr und löschte das Licht.

      ***

      »Meinst du nicht, dass du es etwas übertreibst mit deinem Schuhtick?«, fragte ihre Freundin Alice am nächsten Tag im Büro und betrachtete stirnrunzelnd die neuen Stiefeletten. »Die waren doch bestimmt