Thomas Straub

Irakische Dinar - Mythos oder Mega-Chance


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des Landes wurde wiederhergestellt. Um für eine stabile Regierung nach dem Krieg garantieren zu können, wurde ein neuer Regierungsrat unter der Leitung des US-Zivilverwalters Paul Bremer eingesetzt. Um ethnische Spannungen zwischen den Gruppen zu vermeiden, wurde der Schiite Iyad Allawi als Präsident und der Sunnit Ghazi al-Yawar als Vizepräsident eingesetzt.

      Der, durch die Alliierten, von Saddam Hussein befreite Irak durfte am 30. Januar 2005 erstmals seit Jahrzehnten das Parlament im Verlauf freier Wahlen selbst wählen. Da, gemäß der Übergangsverfassung, mindestens ein Drittel der insgesamt 275 zur Verfügung stehenden Sitze von Frauen besetzt werden musste, wuchs die Angst vor terroristischen Anschlägen vor der Wahl ins Unermessliche. Obwohl die Wahl ruhiger verlief als zunächst befürchtet, boykottierten zahlreiche sunnitische Anhänger die Wahl - die Wahlbeteiligung lag bei ernüchternden 58 Prozent.

      Aufgrund des Wahlboykotts der Sunniten war es nicht verwunderlich, dass die stärkste, durch Wahlen ernannte, irakische Partei nach Saddam Hussein eine schiitische Vereinigung war: die Vereinigte Irakische Allianz. Ihr folgt die kurdische Partei "Demokratische Patriotische Allianz Kurdistans". Beide Parteien schlossen nach der Wahl ein Parteibündnis und bildeten aufgrund ihrer deutlichen Mehrheit im Parlament auch die Regierung. Die erste Aufgabe dieses Parlaments war es, eine Verfassung für den Irak zu entwerfen, die sowohl von den Koalitionskräften als akzeptabel erachtet, und außerdem vom irakischen Volk mit mindestens zwei-Drittel-Mehrheit anerkannt wurde. Schlussendlich wurde die Verfassung am 15. Oktober 2005 vom Volk mit eindeutiger Mehrheit akzeptiert und trat in Kraft.

      6. Religion im Irak

      Iraq. Religion Concept © xtock – Fotolia.com

      Die überwiegende Mehrheit der irakischen Bevölkerung, circa 97 Prozent, bekennt sich zum Islam. Dennoch ist die islamische Glaubenslehre keine Pflicht, da in der irakischen Verfassung die Religionsfreiheit geregelt ist. Ungefähr 60 Prozent der irakischen Islamisten gehören zu den Sunniten, zu welchen auch der Präsident und viele Parteimitglieder zu zählen sind. Die Schiiten, circa 35 Prozent, sind hauptsächlich im Süden des Landes zu finden. Die Schiiten pflegen gute Verbindungen in den Iran und legen den Islam deutlich strenger aus als die zuvor genannten Sunniten. Beide Lager haben häufig Meinungsverschiedenheiten, die nicht nur in Moscheen und in der Öffentlichkeit diskutiert werden, sondern auch im politischen Alltag Einkehr finden. Ursächlich für die Diskrepanzen sind jedoch keineswegs Themen theologischer Natur, sondern vielmehr die Frage, wer die Gemeinschaft der Muslime leiten soll. Die dritte große islamische Glaubensgemeinschaft sind die Kurden, welche hauptsächlich im Norden des Landes zu finden sind.

      Christen und Juden sind im Irak nur noch sehr selten zu finden. Vor allem nach dem Sturz von Saddam Hussein flohen viele Christen aus dem Land.

      6.1 Muslime

       Schiiten

      Es existieren im Irak zwei große schiitische Gruppierungen: Die Dawa-Partei und der oberste islamische Rat. Die im Jahr 1950 gegründete Dawa-Partei ist die bekannteste und zugleich älteste schiitische Bewegung im Land. Die Machtübernahme Sadam Husseins hatte jedoch zur Folge, dass viele Anführer der Dawa-Partei ermordet oder vertrieben wurden. Aus diesem Grund operierten viele Anhänger der Partei zu Zeiten des Hussein-Regimes aus dem Untergrund. Erst nach dem Ende des dritten Golfkriegs kehrte die Partei unter Führung von Muhammad Nasseri in den Irak zurück. Heute hat sich die Dawa-Partei vollständig von der Verfolgung erholt und stellt sogar mit Ibrahim al-Dschafari den Ministerpräsidenten des Irak.

      Der oberste islamische Rat (Council for the islamic revolution in Iraq) geriet vor allem in die Medien, als der Anführer der Bewegung, Muhammad Baqir al-Hakim, im Jahr 2003 bei einem Attentat ermordet wurde. Erst wenige Monate zuvor war al-Hakim aus dem Exil in den Irak zurückgekehrt, nachdem er von Saddam Hussein verbannt worden war. Der Platz an der Ratsspitze wurde von seinem Bruder eingenommen, dem seine engen Verbindungen zum Iran schnell einen Platz im Regierungsrat einbrachten. Der oberste islamische Rat besitzt auch einen bewaffneten Flügel, dem schätzungsweise bis zu 10.000 Männern angehören. In der Regierung stellt die Bewegung den stellvertretenden Ministerpräsidenten, Adil Abd al-Mahadi.

       Berühmte Führer der Schiiten

      Zu den wichtigsten Führern der Schiiten gehört, neben dem schiitischen Anführer des Irak, Ali as-Sistani, auch Muqtada as Sadr.

      Der schiitische Führer Sistani verbrachte während des Golfkriegs viele Jahre im Gefängnis, weil er sich weigerte, in, dass von Saddam Hussein auferlegte, Exil zu gehen. Später war er einer der wenigen, die gegenüber den Koalitionskräften freundlich gesinnt war. Er war stets bemüht eine abwartende Haltung gegenüber den Besatzungsmächten zu signalisieren, obwohl er sich häufig für einen schnellen Abzug der bewaffneten Truppen aussprach. Jegliche Kritik, die Sistani am Regierungsapparat äußert, ist friedlich und konstruktiv. Den Einsatz von Waffen verabscheut er auf das Äußerste.

      Muqtada as Sadr ist der Anführer der größten, radikal schiitischen Gruppen. Er wurde zum Anführer, nachdem sein Vater im Rahmen der Hussein-Diktatur ermordet wurde. Er lehnt den schiitischen Führer as-Sistani ab, sieht in ihm vielmehr das Gegenstück seiner Bewegung und macht ihn in vielen politischen Reden zu seinem Gegner. Sadr forderte stets islamische Gesetze und einen schnellen Abzug der Besatzungsmächte. Der Hauptsitz der Bewegung liegt in der Stadt Nadschaf, wo sich bereits über 10.000 Milizen in den Dienst von Sadr gestellt haben. Auch im schiitischen Stadtteil von Bagdad kann Sadr auf zahlreiche Anhänger blicken. Von der übrigen schiitischen Glaubensgemeinschaft wird Sadr abgelehnt. Insbesondere die Drohung mit Selbstmordattentaten gegenüber den Koalitionstruppen wurde von vielen Irakern auf das Schärfste verurteilt.

       Schiitenaufstand

      Im Jahr 1991 verloren viele Schiiten im Irak, im Verlauf eines Aufstands, ihr Leben. Nach der Niederlage Saddam Husseins im zweiten Golfkrieg sahen sich viele Schiiten in der Lage, die blutige Herrschaft des Diktators mit militärischen Mitteln zu beenden. Aufgrund des zuvor vereinbarten Waffenstillstands zwischen dem Irak und den Alliierten verfügte Hussein jedoch über die Schlagkraft, um den Aufstand niederzuschlagen.

      Die ganze Wut der überlebenden Schiiten richtete sich jedoch gegen die alliierten Kräfte, welche die erwartete Unterstützung vermissen ließen. Insbesondere da der damalige Präsident Georg H.W. Bush in einer Rede im Februar 1991 dazu aufforderte, sich gegen Saddam Hussein zu erheben. Durch die Rede schlossen sich auch die im Norden siedelnden Kurden dem Aufstand an. Da jedoch wenige Tage nach der Bush-Rede der Waffenstillstand zwischen dem Irak und den USA in Kraft trat, verfügte Hussein über ausreichend Truppen, um sowohl die Schiiten, wie auch die Kurden zu besiegen. Später wurden die Anführer der Revolution in einer öffentlichen Veranstaltung zunächst gedemütigt und im Anschluss unter Hausarrest gestellt. Insbesondere da Bush, bei einem siegreichen Aufstand, eine Spaltung des Iraks befürchtete, erhielten Schiiten und Kurden keine Unterstützung durch die USA - Noch heute ist das Verhältnis zwischen beiden Lagern sehr angespannt.

      Wie gegenwärtig der Schiitenaufstand von 1991 auch heute noch ist, zeigt der Hollywood-Film "Three Kings" mit Georg Clooney.

       Sunniten / arabische Sunniten

      Unter den Sunniten im Irak hat sich im Laufe der vergangenen Jahre vor allem der Theologe Mushin Abd al-Hamid und seine Gruppierung arabischer Sunniten hervorgetan. Al-Hamids Haltung gegenüber den Koalitionsmächten darf als gemäßigt angesehen werden, insbesondere da er bereits einen heftigen, öffentlichen Streit mit dem Imam der Moschee Bagdads bezüglich hasserfüllter Reden und dessen Aufruf zum Widerstand gegen die Besatzungsmächte hatte.

      Eine weitere Vereinigung arabischer Sunniten ist die Association of Muslim Scholars (AMS), die unter anderem durch Verhandlungen über einen Waffenstillstand zwischen sunnitischen und alliierten Truppen