Michael Möller

Magic Melanie


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      Michael Möller

      Magic Melanie

      Fast ein Märchen

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Erbengemeinschaft

       Kümmernisse

       Durchgebrannt

       Ein guter Hirte?

       Cicero

       Nestwärme

       Heimweh

       Mel Marionett

       Tugendlehre

       Blitzlichter

       Untersuchungen

       Freier

       Verhört

       Anzeige

       Auf dem Weg

       Völlig absurd

       Sprachlos

       Allez hopp!

       Hörsaal

       Blut ist dicker

       Artisten

       Impressum neobooks

      Erbengemeinschaft

      "Philos!"

      Melanie brüllte den Hund an und war einen Moment lang versucht, etwas nach ihm zu werfen. Der Retriever hatte mit den Jahren Eigenheiten angenommen, die sie nerven konnten. Jetzt kratzte er wie wild an der Tür zum Schlafzimmer ihrer Mutter, die sich hingelegt hatte.

      Melanie hatte eine würzige Gemüse-Lasagne gekocht. Mama hatte auch davon gegessen, war dann aber ins Bad gegangen und hatte sich zielgenau übergeben. Das ging seit drei Wochen so. Mel war einmal dazugekommen und hatte gesehen, wie ihre Mutter sich den Finger in den Rachen steckte.

      Doktor Ritter, der Hausarzt, sagte: "Die gnädige Frau wird gegen irgendwas protestieren, Mädchen. Schau, dass du rausbekommst, was es ist. Dann hört das sofort auf. Glaub mir. Ich kenn sie."

      Heute war im Bad viel daneben gegangen. Der Protest wurde offenbar schärfer und stank zum Speien. Aber Mel hatte schon alles beseitigt und war anschließend im Ohrensessel eingeschlafen. Als sie Philos rumoren hörte, hielt sie noch den Ausdruck von der Ulmer Uni-Homepage in der Hand mit den Zulassungsbedingungen.

      Sie sprang auf und hatte Mühe, den großen Kerl von der Tür wegzubringen. Er hatte ein paar Fransen vom Schlafzimmerteppich unter der Türkante erwischt und ließ nicht locker, knurrte, bis Mel die Tür aufmachte. Das Bett war leer, das Fenster offen. Mama saß im Nachthemd auf dem Fensterbrett, die Beine hingen draußen. In der linken Hand hielt sie einen Unterrock. Die Hand hing wie vergessen in der Luft.

      "Was machst du da, Mama? Wie bist du da raus gekommen? Gib mir die Hand!"

      "Ich? Hab ich vergessen. Wie kommt der Unterrock hierher? — Kannst du nicht Ordnung halten, Kind?"

      Mel sagte dazu nichts, das hatte keinen Sinn. Sie half Mutter zurück ins Zimmer. Ein zerrissenes Nachthemd und ein angefressener Teppich - mehr Schaden war nicht zu beklagen. Warum große Worte machen.

      "Nimm deine Tabletten, Ma, bitte."

      "Red nicht wie mit einer Debilen, ja! Ich bin immer noch deine Mutter. Und wenn mein Fräulein Tochter gelegentlich mal die Fenster putzen würde, könnte ihre Mutter sich in Ruhe hinlegen." Sie nahm die Tabletten mit einem Schluck Wasser, das Mel bereitgestellt hatte. "Aber das Fräulein Tochter ist ja wohl was Besseres jetzt. Warte lieber ab, bevor du dich aufs hohe Ross setzt. Wer hoch steigt, kann tief fallen."

      "Was du immer redest. Was meinst du denn? Wieso drohst du mir?"

      "Glaubst du, ich kann nicht lesen? Opa hat dich als Erbin eingesetzt. Liest du deine Post nicht?" Damit nahm sie einen grauen Umschlag von dem Telefontischchen. Der Brief ging an Melanie, der Umschlag war grob aufgerissen worden. Mel sah ihre Mutter an und spürte eine starke Spannung im Nacken, entlang den seitlichen Sehnen.

      Sie sagte nichts und las ihren Brief. Ein Anwalt aus Gambach teilte ihr mit, dass sie zum Kreis der Erben ihres Großvater gehörte, der vor drei Wochen gestorben war. Sie könne sich am Donnerstag in der Kanzlei einfinden; dort erführe sie dann Näheres.

      "Der Brief ist an mich gerichtet, Mama."

      Mutter war sich keiner Schuld bewusst: "Immerhin ist Belema mein Vater gewesen, da werd ich ja wohl das Recht haben zu erfahren, was er im Schilde führt."

      "Ma, du hast ihn schon vor zehn Jahren für tot erklärt, weißt du das nicht mehr? Er durfte sich hier nicht mehr sehen lassen. Sei also jetzt nicht albern. Ein Schloss an der Loire wird's schon nicht sein. Du weißt doch, wie er gelebt hat. — Aber ich freu mich trotzdem."

      "Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Reisende soll man nicht aufhalten. — Wie kommt dieser Riesenköter ins Haus?"

      "Dieser wunderbare Hund hat gerade verhindert, dass du aus dem Fenster fällst. Philos heißt er. Philos heißt Freund. Seit acht Jahren."

      Mutter wandte sich ab und grummelte irgend etwas von "Erdgeschoss bloß..."

      *

      Alle hatten die Testamentseröffnung mit Spannung erwartet. So wie man auf der Kirmes auf das Losröllchen hofft und doch weiß: Leider verloren. Selbst wenn man gewinnt.

      Außer dem naiven Onkel Harald glaubte niemand an plötzlichen Reichtum. Sie saßen in der schäbigen Kanzlei wie in einer Zahnarztpraxis. Das fadenscheinige Sofa und die müden Polstersessel hatten bessere Tage gesehen. Immerhin war die Tür zum Büro des Notars gepolstert mit weißem Leder und Polsternägeln aus verblassendem Messing. Die ausliegenden Zeitschriften verlockten niemanden hier zum Stöbern. Uralte Spiegel-Ausgaben und ein akkurat gestapelter Block aus Geo-Heften zeigten, wie die Welt vor fünf Jahren aussah. Da war Melanie fünfzehn und konnte endlich ihre Zahnspange im Garten vergraben.

      Die