Gisela von Mossen

Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck


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und anderem Kleingetier.

      Unsere nach langem Tag wohlverdiente Nachtruhe wurde allerdings empfindlich gestört durch eine Anzahl Jugendlicher, die mit zwei vollbesetzten Autos den weitläufigen Parkplatz als Rennstrecke missbrauchten und mit aufheulenden Motoren um die Kurven rasten. Des „Spielens“ müde, wurde unser Mobi das Objekt ihrer Begierde. Nichts ahnend von dem geplanten Streich schreckten wir aus unseren Betten hoch, als jemand auf die hintere Leiter sprang und unser Gefährt gewaltig ins Schwanken brachte. In Windeseile war mein tapferer Held aus den Federn, die immer bereitliegende Gaspistole im Anschlag riss er die Tür auf und brüllte eine Drohung in die Nacht hinaus. Mit einem Sprung rettete sich der Erstürmer unseres Daches, dabei einen schweren Gegenstand auf das Pflaster fallen lassend, seine Kumpane stoben in allen Richtungen auseinander, mit quietschenden Reifen verschwanden die Autos in der Finsternis.

      An Schlaf war vorläufig nicht mehr zu denken, würden sie mit Verstärkung zurückkehren? Von der Insel schallte lautes aufgeregtes Geschnatter herüber, kein Wunder, denn der fallen gelassene Gegenstand entpuppte sich als ein großes Entenhäuschen. Einige Minuten später stoppte ein Polizeiwagen direkt neben uns, zwei Polizisten umrundeten das Mobi, wir hielten im Dunkeln den Atem an; dann stießen sie kopfschüttelnd auf die vorgenannte Behausung, die sie nach kurzer Beratung an ihren angestammten Ort zurückbeförderten, wo sie offensichtlich sofort wieder von ihren Bewohnern in Beschlag genommen wurde, der eingekehrten völligen Ruhe nach zu urteilen. Als auch die Rücklichter des Polizeiautos in der Ferne verschwunden waren, fielen wir endlich in einen unruhigen Schlummer, bis uns in aller Herrgottsfrühe, d. h. um 6.00 Uhr, lautes Klopfen an der Tür unsanft aus unseren Träumen riss; ein Obdachloser bat um eine milde Gabe, ein etwas unglücklicher Zeitpunkt! Nachdem er zufrieden von dannen gezogen war, beschlossen wir, diesen unwirtlichen Ort schnellstens zu verlassen.

      Nach herrlicher Fahrt durch abwechslungsreiche Landschaft erreichten wir dadurch den nordwestlich gelegenen Fährhafen Eckerö gerade noch rechtzeitig vor dem Auslaufen der Fähre zurück nach

      - SCHWEDEN - ;

      eigentlich ausgebucht, aber über die Warteliste durfte unser Mobi noch als vorletzter Wagen die Rampe passieren. Wir fanden einen Sitzplatz direkt an der großen Frontscheibe im Bug des Schiffes; der starke Wind hatte sich inzwischen zu einem gewaltigen Sturm entwickelt, und ein Blick auf das wild bewegte Meer ließ mich zum ersten Mal unsere mitgeführten Reisetabletten herausholen, so dass wir zu den wenigen gehörten, die nicht schon nach kurzer Zeit mit leichenblassen Gesichtern fluchtartig den Raum verließen. Hoch hob sich der Bug in den wolkenverhangenen Himmel, um dann krachend in ein bleigrau gischtendes Wellental einzutauchen. Mehr unter als über Wasser kamen wir nach zwei unendlich langen Stunden im malerischen schwedischen Hafen Grisslehamn an. Zwei wundervolle Tage verbrachten wir noch in diesem herrlichen Land, Stehplätze zunächst im etwa 100 km südlich gelegenen Österskar, natürlich wie üblich direkt an einem Strandstreifen des Fjordes mit bei wieder strahlendem Sonnenschein erfrischendem Morgenbad in den Fluten; dann weiter landeinwärts am in reizvolle Landschaft eingebetteten Hjälmaren See; in südwestlicher Richtung erreichten wir den lang gestreckten Vätternsee; unmittelbar am sich über 100 km ausdehnenden Ostufer entlang genossen wir die Fahrt durch pittoreske kleine Ortschaften, auf dem Wasser begleitet von langsam dahingleitenden Segelbooten, die zum Teil gesetzten bunt leuchtenden Spinnaker vom auffrischenden Wind gebläht.

      Mit Jönköping, einer der ältesten Städte Schwedens, gelangten wir an den Südzipfel des Sees. Als inzwischen wichtiger Industriestandort und Verkehrsknotenpunkt war sie uns zu geschäftig, unseren letzten Stehplatz fanden wir in freier Natur an einem kleinen romantischen See, allein mit seinen gefiederten Bewohnern, die den blühenden Schilfgürtel bevölkerten und den netten Fröschen, die uns nachts mit einem ohrenbetäubenden Quakkonzert „erfreuten“.

      Der nächste Vormittag brachte uns zu unserem letzten Ziel in Schweden, der Hafenstadt Helsingborg, die sich mehr als 16 km, zum Teil auf einem Plateau, das zum Meer hin steil abfällt, an der schmalsten Stelle des Nordeingangs des Öresundes entlangzieht, die Meerenge zwischen Schweden und der dänischen Insel Seeland, die das Kattegat mit der Ostsee verbindet. Sie ist nach Trelleborg der bedeutendste Fährhafen für den Verkehr zwischen dem europäischen Kontinent und Schweden und hinter Göteborg die zweitwichtigste Hafenstadt des Landes., außerdem ebenfalls ein bedeutender Industriestandort.

      Die Geschichte der Stadt geht bis ins hohe Mittelalter zurück, stattliche Gebäude, Denkmäler und Kirchen erinnern an eine blühende Vergangenheit, wovon wir uns auf einer kurzen Stadtrundfahrt durch die untere Altstadt überzeugen konnten. Ganz besonders eindrucksvoll in der Nähe des Hafens auf einem weiten Platz das 1897 erbaute Rathaus im neogotischen Stil. Der mächtige viergeschossige rotbraune Backsteinbau wirkt mit seinen vier integrierten wuchtigen, von kegelförmigen dunklen Kupferdächern gekrönten Rundtürmen, dem aus der Mitte aufragenden 65 m hohen quadratischen Turm, den unzähligen weiteren über die Dächer verteilten kleinen spitzen Türmchen und den überbordenden Stuckverzierungen an der Fassade wie ein Märchenschloss von Walt Disney, ein lohnendes Fotomotiv. Automatisch ins Bild rückt das Denkmal von Agnus Stenbock hoch zu Ross, ein schwedischer Feldmarschall im Großen Nordischen Krieg von 1700 bis 1721 in Nord-, Mittel- und Osteuropa um die Vorherrschaft im Ostseeraum.

      Kurz darauf reihten wir uns in die Schlange der auf die Fähre nach

      - DÄNEMARK -

      wartenden Fahrzeuge ein. Zwei Stunden später lag SCHWEDEN in unserem Rücken und die Nordspitze der großen dänischen Insel Seeland vor uns. Bei der Einfahrt nach Helsingör grüßt majestätisch von einer Landzunge herab mit ihren fünf verschieden hohen, von hellgrünen Kupferhelmen gekrönten Türmen die durch William Shakespeare berühmt gewordene Kronborg, indem er hier die Handlung seines Hamlet spielen ließ. Die anfänglich mittelalterliche Festung wurde im 16. Jh. zu einem Schloss im Stil der Renaissance erweitert und nach einem verheerenden Brand im Jahre 1629 vollständig wieder aufgebaut; die wechselvolle Geschichte erspare ich mir hier, heute ist dort ein maritimes Museum untergebracht und seit November 2000 gehört es zum Weltkulturerbe der UNESCO.

      Die Stadt erwies sich als etwas kleiner, aber ebenso geschäftig wie ihr schwedisches Gegenüber. Nach der üblichen Sightseeingtour, auch hier viele gut erhaltene schöne Häuser aus dem 14. und 15. Jh., schnurrte unser Mobi auf herrlicher Strecke in südlicher Richtung direkt am breiten, stark befahrenen Sund entlang. Kleine blitzsaubere, gemütliche Orte reihen sich aneinander, weite Wiesen und Felder prägen die Landschaft. Ohne Frage zog es uns für die Nacht wieder ans Wasser, und wie immer fanden wir rechtzeitig einen sehr schönen Platz direkt am Strand, so dass das anregende morgendliche Bad abermals gesichert war.

      Bei traumhaftem Sommerwetter ging es weiter bis Kopenhagen, der nicht minder schönen Hauptstadt der Dänen, die wir vor vielen Jahren schon einmal zusammen mit unseren Töchtern besucht hatten und gern ein zweites Mal zur Auffrischung der Erinnerungen erkundeten, wie immer mit den üblichen Fotostopps, wenn möglich. Sind dort zwar ebenfalls alle bedeutenden Industriezweige vertreten, so hat sie doch eine Fülle von Sehenswürdigkeiten zu bieten, und fast alle ballen sich im Zentrum in der Nähe des Hafens zusammen, ganz besonders die drei imposanten Schlösser, die davon zeugen, dass bereits seit 1416 die dänischen Könige in der Stadt residieren, davon das älteste noch erhaltene Schloss Rosenborg, wunderschön in einem gepflegten Park gelegen, sehr mächtig wirkend durch seine vier vorgesetzten, verschieden hohen kantigen Türme mit den gestaffelten hellgrünen Kupferhelmen; 1607 bis 1617 als Sommerresidenz für Christian IV. erbaut, wurde es 1833 in ein Museum umgewandelt, in dem man u. a. die dänischen Kronjuwelen bewundern kann.

      In nicht minder schöner Umgebung auf der Insel Slotsholmen etwas weiter südöstlich das Schloss Christiansborg,