Gisela von Mossen

Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck


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in dem bekannten Seebad Travemünde am Freitag, d. 26. August, nach Hamburg zurück. 29 herrliche Tage lagen hinter uns, es war für uns die schönste Art zu reisen, auf den insgesamt 4.625 Kilometern hatte sich unser Wohnmobil bestens bewährt, uns nicht ein einziges Mal im Stich gelassen und treu und brav Kilometer für Kilometer heruntergeschnurrt.

      Umzug an den Rhein

      Im Sommer des folgenden Jahres, also 1984, verlegten wir beiden „Alten“ aus beruflichen Gründen unseren Wohnsitz nach Düsseldorf, die sehr schön am Rhein gelegene Hauptstadt NORDRHEIN-WESTFALENS, unsere inzwischen in eigenen vier Wänden lebenden Töchter studierend in Hamburg zurücklassend. Den Hamburger Bungalow hatten wir verkauft und dafür im Norden Düsseldorfs eine Wohnung im Maisonettestil erstanden, vom Herbst bis zum späten Frühjahr mit Rheinblick, ein Bonbon für die Trennung von Hamburg. Unser Mobi wurde auf einem nahen, sehr gepflegten Bauernhof bestens untergebracht.

      Von hier aus boten sich dann wieder unendlich viele Ausflugsziele, wie z.B. am Ober- und Niederrhein, nicht zu vergessen die so romantische Mosel, die uns ganz besonders zur Weinlese anzieht, die so sehr schönen Erholungsstätten im bei vielen zu Unrecht verpönten Ruhrgebiet, in dessen namensgebendem Fluss, der sich durch idyllische Landschaften dahinschlängelnden Ruhr, man ohne Bedenken nach Herzenslust baden kann und – last not least – die unübersehbare Zahl von herrlich gelegenen Stauseen in östlicher Nachbarschaft. In einer guten Stunde ist außerdem die weit verzweigte Seenplatte an der Maas bei Roermond in den Niederlanden zu erreichen, ein wahres Eldorado für Erholungssuchende jeglicher Interessen; und so könnte ich die Aufzählung noch seitenlang fortsetzen.

      Rundtour durch England, Wales, Irland und Schottland

      In unserem nächsten Sommerurlaub, also im Juli 1985, zog es uns zu unseren nordwestlichen Nachbarn. Vom belgischen Hafen Ostende aus brachte uns eine Fähre am Donnerstag, d. 18. Juli, in viereinhalb Stunden bei schönstem Wetter über den leicht bewegten Ärmelkanal nach Dover am südöstlichen Ende der englischen Küste, der größte Kanalhafen des Landes. Schon von weitem leuchteten in hellem Sonnenschein die berühmten, steil emporragenden Kreidefelsen, die White Cliffs. Drei Wochen hatten wir Zeit, Land und Leute kennen zu lernen. Mit der seit 1988 zum Weltkulturerbe der UNESCO gehörenden sehr imposanten Canterbury Cathedral, der Hauptkirche von

      - ENGLAND -

      die sich in dem etwas nordwestlich im Landesinneren gelegenen liebenswerten Städtchen wuchtig aus dem niedrigen Häusermeer erhebt, stiegen wir gleich groß ein; erbaut im 12.-14. Jahrhundert im Stil der englischen Spätgotik mit aufstrebenden Pfeilern und Spitzbögen aus grauem Sandstein; 70 m emporsteigend der markante quadratische Hauptturm, an seinen Ecken gekrönt von vier spitzen, mit Kreuzen geschmückten Türmchen, etwas kleiner, aber im gleichen Stil errichtet die beiden Westtürme. Dank nahem Parkplatz konnten wir auch das prächtige Innere bewundern; eine beliebte Wallfahrtsstätte das dort befindliche Grab von Thomas Becket, einst ein Jugendfreund von Heinrich II., 1154 bei dessen Regierungsantritt zum Kanzler und 1162 zum Erzbischof von Canterbury berufen, widersetzte er sich vehement dem Machtstreben des Königs und verteidigte die Freiheit der Kirche, wurde daraufhin 1170 in dieser Kathedrale von Rittern des Königs ermordet.

      Die Umstellung auf den Linksverkehr klappte Gott sei Dank ohne große Schwierigkeiten, so dass uns der Wahnsinnsverkehr in

      - London -

      unser nächstes Ziel, nicht schrecken konnte. Selbst den wild umtosten Piccadilly Circus, den Schnittpunkt von fünf Hauptverkehrsstraßen, und auch den bekannten zentralen Trafalgar Square mit seiner sich in der Mitte 55 m hoch erhebenden Nelsonsäule überstanden wir unversehrt. Auf einer ausgedehnten Stadtrundfahrt nach bewährtem Muster zogen die berühmtesten Sehenswürdigkeiten langsam an uns vorbei, z.B. der bombastische Buckingham Palace mit seiner 120 m langen klassizistischen Fassade; die nicht minder imposanten Houses of Parliament, die sich im neugotischen Stil, gekrönt von unendlich vielen Türmchen, 300 m lang am Themseufer entlangziehen, am Nordende überragt durch den 97,50 m hohen Clock Tower, in seinem Inneren die 13 t schwere weltbekannte Glocke „Big Ben“, die zu jeder vollen Stunde ein Klangbild aus Händels Messias ertönen lässt; am besten in seiner ganzen Monumentalität zu fotografieren nach Überqueren der nahen Westminster Bridge. Ganz in der Nähe Westminster Abbey, die gotische Krönungskirche der englischen Herrscher und damit das bedeutendste Gotteshaus der Metropole, bereits 1987 in die Liste der Weltkulturerbestätten der UNESCO aufgenommen, und etwas weiter nordöstlich parallel zur Themse der ebenfalls monumentale Barockbau der St.Paul’s Cathedral mit seiner 60 m breiten, von zwei jeweils 64 m hohen Glockentürmen flankierten Westfassade, imposanter Säulenvorhalle und der 111 m hohen Kuppel. Dank naher Parkmöglichkeit gelang es uns, nach langsamer Überwindung der Treppen dieses prachtvolle Bauwerk auch ausgiebig von innen zu besichtigen. Nicht minder beeindruckend und natürlich 1988 ebenfalls als Weltkulturerbe anerkannt der Tower of London, eine mächtige, von hohen Mauern umgebene Festung, weiter flussabwärts direkt an der Themse gelegen, über viele Jahrhunderte Herrschersitz, Bollwerk, Gefängnis und Hinrichtungsstätte der englischen Monarchen. Natürlich mussten wir unbedingt die nahe weltberühmte Tower Bridge passieren, mit ihren beiden 66 m hohen, durch zwei verglaste Stege verbundenen kolossalen Türmen im attraktiven neugotischen Stil eines der Wahrzeichen der Stadt.

      Die intensive Besichtigung all dieser äußerst interessanten historischen Sehenswürdigkeiten haben wir 15 Jahre später, im August 2000, mit Hilfe des Rollstuhls auf einer viertägigen Städtetour nach London (Anreise per Flugzeug) nachgeholt. Von unserem herrlich an der Themse und dem St. Katharine’s Dock liegenden Thistle Hotel - nur durch eine Straße getrennt der Tower, aus unserem Zimmer ein überwältigender Blick auf die Brücke - starteten wir unsere täglichen Aktionen bei anhaltend schönstem Wetter im offenen ersten Stock eines der in der Nähe startenden knallroten Sightseeingbusse oder per öffentlichen Verkehrsmitteln. Natürlich durchstöberten wir auch das berühmte elegante Kaufhaus Harrods mit viel Marmor, blank poliertem Messing und nicht minder blitzendem Parkett und der sehenswerten, im Jugendstil gehaltenen Delikatessabteilung, die keine Wünsche offen lässt. Ein Ausflug galt der modernsten Sehenswürdigkeit der Stadt, dem erst kurz vor der Jahrtausendwende fertig gestellten Millenium Dome direkt am südlichen Themseufer in Greenwich, eine gigantische, 80 000 qm große und 50 m hohe Mehrzweckhalle, unter deren alles überwölbendem Kuppeldach für zwölf Monate eine interessante Ausstellung zum Jahrtausendwechsel gezeigt wurde.

      Doch nun wieder zurück zum 18. Juli 1985. Nach Abschluss unserer privaten Stadtrundfahrt landeten wir am frühen Abend auf einem wunderschön mitten im Hyde Park, der mit 136 ha größten Grünfläche der Metropole, gelegenen Parkplatz, auf dem uns noch etliche andere Wohnmobile Gesellschaft leisteten und den wir sofort begeistert zu unserem Stehplatz für die Nacht erklärten. Etwas verwundert waren wir allerdings, als sich nach und nach immer mehr Mobis von dieser tollen Stätte entfernten, ließen uns dadurch aber nicht davon abhalten, gegen 22.30 Uhr todmüde, aber sehr zufrieden mit dem Tag, in unsere zu einem breiten Doppelbett umgebaute Hecksitzgruppe zu schlüpfen. Etwa anderthalb Stunden später schreckten wir durch lautes Gepolter an der Tür aus allertiefstem Schlaf; der Verursacher, ein ganz und gar nicht freundlicher Bobby, gab uns nach vorsichtigem Öffnen mit äußerst barscher Stimme zu verstehen, dass wir den Park sofort zu verlassen hätten, alle Tore würden um Mitternacht geschlossen, das Übernachten wäre unter Strafe verboten;