Gisela von Mossen

Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck


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der uralten, in Irland in reicher Zahl - man schätzt 30.000 bis 40.000 - vorkommenden Ringforts, primitive Verteidigungsbauten, die zwischen der späten Eis- und der frühen Steinzeit, also vor über 12.000 Jahren angelegt wurden; dann durch die wilde Landschaft der Nordküste, hohe Berge zur Rechten, dramatische Klippen zur Linken; später ins Landesinnere bis zum 32 km nördlich von unserem Ausgangspunkt gelegenen großen Ferienort Killarney, sehr hübsch die hohen Palmen, die in leuchtenden Farben blühenden Fuchsienhecken und weiten Rhododendronhaine, umgeben von hohen Bergen (darunter Irlands höchster, der Carrauntoohil mit imposanten 1.041 m) und drei malerischen Seen.

      Direkt am romantischen Ufer eines dieser Seen zwischen Krüppelkiefern und niedrigem Gebüsch mit herrlichem Blick auf eine schroff abfallende Gebirgskette fanden wir unseren idealen Stehplatz für die Nacht, den vor uns schon drei andere Wohnmobilisten entdeckt hatten, ein Österreicher, ein Irländer und ein Franzose. Mangels Restaurant in der Nähe gab es wieder Abendessen an Bord, danach kleiner Erkundungsgang, auf naher Bank eine Stunde mit dem Österreicher nett geklönt, bis die Dunkelheit hereinbrach und wir zu gemütlicher Lesestunde an Bord zurückkehrten, aus der allerdings nichts wurde, weil man wieder einmal an unsere Tür klopfte, und zwar war es dieses Mal ein junger Wuppertaler, der sich freute, nach langer Fahrt auf Landsleute, und dann noch aus der näheren Umgebung, zu stoßen. Natürlich luden wir ihn zu uns ein, und es entspann sich eine sehr fröhliche, aber auch interessante Unterhaltung; er studierte Neuhebräisch und war in den Semesterferien mit dem Fahrrad unterwegs, überwiegend in den Scheunen der Bauern übernachtend. Manch lustiges Erlebnis war zu berichten, u. a. zeigte er uns voller Stolz eine Flöte, die er für einen „Special Price“ erstanden hatte. Lachend verabschiedeten wir uns kurz vor Mitternacht voneinander.

      Am nächsten, überwiegend bedeckten Tag, nur manchmal durchbrachen die Sonnenstrahlen die graue Wolkendecke, folgten wir der Empfehlung und ließen uns auf schmaler Nebenstrecke durchs Landesinnere treiben, vorbei an einsamen Bilderbuchkaten und durch armselige Dörfer mit schönen alten Kirchen, auf deren bemoosten Friedhöfen windschief die verwitterten keltischen Grabkreuze stehen, bis wir auf einer kleinen Fähre die Shannonmündung überquerten, um dann unsere kurvenreiche Fahrt in schwindelnden Höhen am Rand von wogenumspülten Klippen mit herrlichem weiten Blick auf den schäumenden Atlantik fortzusetzen, vorbei an gewaltigen, hoch aufgetürmten runden Felsen, einige gekrönt von mächtigen Burgen.

      Nach unendlich langen über 100 Kilometern erreichten wir die malerisch an der

      - Galway Bay -

      gelegene gleichnamige alte Stadt, deren schmale Gassen und enge Brücken meinen Schatz nicht davon abhielten, eine private Sightseeingtour zu unternehmen. Ein schöner Parkplatz auf der langen Mole mit Traumblick auf die Bucht war genau richtig für unsere nächste Übernachtung. Vorher hatten wir in einem nahen gemütlichen Restaurant zum ersten Mal die nicht gerade hoch gelobte irische Küche erprobt. Da wir uns jedoch für fangfrischen Fisch entschieden, wurden wir nicht enttäuscht. Den Abschluss bildete ein unter einer kühlen Sahnehaube kochendheißer Irish Coffee, weitere Zutaten außer dem starken Kaffee ein großzügig bemessenes Schnapsglas irischer Whiskey und zwei gehäufte Kaffeelöffel Zucker, alles in hohen Stielgläsern am Tisch zelebriert, gar nicht so übel, aber nicht unbedingt vor dem Schlafengehen zu genießen.

      Am Samstagmorgen, es war der 27.07. und damit unser 28. Hochzeitstag, lachte die Sonne nur so vom Himmel, so dass wir nach ausgiebigem Frühstück wieder bestens gelaunt aufbrachen, unsere Lieblingskassette sorgte für die passende musikalische Untermalung. Wir genossen noch eine Weile die Fahrt an der herrlichen Küste entlang, bevor wir auf unbeschreiblich schöner Nebenstrecke ins Landesinnere abbogen, weiter ging’s über einsamste Hochmoore mit kleinen geheimnisvollen dunklen Seen und sprudelnden Quellen, die sich über steiniges Geröll ihren Weg suchen. Die einzigen Lebewesen, die uns dort begegneten, waren zerzauste Wildponys, die eine Weile neugierig neben uns hertrabten und erstaunlicherweise frei herumlaufende Schafe und Kühe, immer wieder gemächlich unseren Weg kreuzend, zum Teil nur widerwillig die Straße freigebend; überwältigend die Ausblicke auf gewaltige Gebirgsmassive; dann 30 wunderschöne Kilometer direkt am westlichen Ufer des romantischen Lough Mask entlang, einem der großen Seen Irlands. Um sich in dieser grenzenlosen Einsamkeit nicht zu verfahren, bedurfte es übrigens pfadfinderischer Fähigkeiten, von Wegweisern hält man anscheinend nicht allzu viel, wenn wir an einer Wegkreuzung tatsächlich auf ein windschiefes Exemplar stießen, zeigte es die Ortsnamen manchmal nur in Gälisch, der ersten Landessprache, an der man in manchen Gegenden hartnäckig festhält.

      Jedenfalls tauchten am späten Nachmittag die Häuser des kleinen, an der gleichnamigen Bucht gelegenen Städtchens Sligo auf, bemerkenswert die gut erhaltene Ruine des Dominikanerklosters aus dem 13. und 17. Jahrhundert. Die Suche nach einem Restaurant und Stehplatz war allerdings vergeblich, also setzten wir unsere Fahrt fort, bis wir, einem Hinweisschild folgend, nach etwa 3 km durch dichten Wald auf einen sehr schönen Rastplatz an einem verwunschenen See stießen. Die am gegenüberliegenden Ufer schroff aufsteigenden, von kargem Grün überzogenen Felswände spiegelten sich zusammen mit den am blauen Himmel dahin ziehenden weißen Wolkengebilden sehr effektvoll in dem still daliegenden Gewässer, der richtige Platz für uns zwei Romantiker. Das vorgesehene Hochzeitsessen fand nun allerdings bei Kerzenlicht an Bord statt, zur Feier des Tages wurde aber mit ein Paar Gläsern Wein aus unseren aus der Heimat mitgebrachten Vorräten angestoßen.

      Am Sonntagmorgen brachen wir bereits um 9.00 Uhr bei leichter Bewölkung auf, und schon eine Stunde später überfuhren wir die Staatsgrenze nach

      - NORDIRLAND -

      das im Gegensatz zu dem übrigen Teil der Insel politisch immer noch zu GROßBRITANNIEN gehört. Nach unendlich langen Unabhängigkeitskämpfen wurde 1921 der Irische Freistaat errichtet, der 1937 eine neue Verfassung bekam, aber erst 1949 aus dem Britischen Commonwealth entlassen wurde und seine Unabhängigkeit als Republik Irland erklärte, aber eben mit Ausnahme der aus sechs Grafschaften bestehenden nordirischen Provinz ULSTER. Immer wieder flammen blutige Kämpfe zwischen der probritischen protestantischen Bevölkerung und der katholischen Minderheit auf, auf deren Seite sich die IRA, Irisch-Republikanische Armee, zu einer die britische Herrschaft bekämpfenden Terrororganisation entwickelt hat. Jahrelange Friedensbemühungen, auch von internationaler Seite, sind leider bisher erfolglos geblieben.

      Mit entsprechend ungutem Gefühl traten wir also unsere Fahrt durch diesen Teil der Insel an. Schon in der Grenzstadt Enniskillen hielt uns eine Straßensperre auf, bewacht von finster dreinblickenden Soldaten mit schussbereiten Maschinenpistolen, die uns aber nach einigem Hin und Her passieren ließen. So schnell wie möglich und auf direktestem Weg brachten wir die über 150 km bis zu dem kleinen Fährhafen Larne an der Nordostküste hinter uns, von dem aus wir nach

      - SCHOTTLAND -

      hinübersetzen wollten. Eine Umleitung zwang uns leider noch mitten durch die uns wegen ihrer zum Teil zerstörten, mit Brettern vernagelten Häuser unattraktiv erscheinende Hauptstadt Belfast. Um kurz nach 13.00 Uhr erreichten wir aufatmend unseren Zielhafen, wo wir uns sofort in die angewiesene Spur einreihten. Die Wartezeit bis 15.30 Uhr nutzten wir für eine entspannte Teepause und ausgiebigen Mittagsschlaf. Nach 2 ½ Stunden ruhiger Fahrt über den Nordkanal wurden wir um 18.00 Uhr in Stranraer an der schottischen Westküste ausgeschifft.

      Auf wunderschöner Strecke, überwiegend direkt am weiten Firth of Clyde entlang, trafen wir nach 80 Kilometern auf den beliebten Ferien- und Badeort

      - Aar -.

      Da inzwischen aus dunklen Wolken leichter Nieselregen fiel, waren die weiten Sandstrände fast menschenleer. Einen ebenso einsamen Naturparkplatz mit schönen alten Bäumen,