Gisela von Mossen

Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck


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Seite des in einem breiten Trichter in den Channel mündenden Severn, und nach weiteren 30 Kilometern in westlicher Richtung trafen wir auf die direkt am Nordufer gelegene pulsierende Hauptstadt von

      - WALES -

      Cardiff, mit einem bedeutenden Seehafen und bekannter Universität. Nach privater Rundfahrt durch die belebten Straßen, bei der uns ganz besonders das im Zentrum gelegene gewaltige rekonstruierte Castle aus dem 11. bis 15. Jahrhundert, einbezogen Überreste eines römischen Forts aus dem 4. Jahrhundert, ins Auge fiel, wurde es Zeit für die Suche nach einem Übernachtungsplatz, den wir schon bald in dem nahe dem westlichen Stadtrand gelegenen kleinen Örtchen

      - Penarth -

      fanden, auf einem von niedrigen Hecken gesäumten Parkplatz mit weitem Blick über eine gepflegte Golfanlage hinweg auf die im Abendlicht schimmernde Bucht. Den krönenden Abschluss dieses herrlichen Tages bildete ein allen Unkenrufen zum Trotz wieder delikates Abendessen in einem nahe gelegenen gemütlichen Restaurant bei Kerzenschein und flackerndem Kamin.

      Unser für den nächsten Tag geplantes Ziel war die etwa 180 km entfernte Fährstation in Fishguard an der Westküste von Wales, von der aus wir uns über den St. Georgs Channel nach IRLAND hinübersetzen lassen wollten. Bei herrlichem Sonnenschein ging es auf schöner Nebenstrecke hügelauf und -ab durch idyllische Weidelandschaft und malerische kleine Örtchen, rechts und links der sehr engen Straße die typischen grauen Steinmauern (Stone Walls). Prompt erwischte es uns, als ohne irgendeine Ausweichmöglichkeit in schneller Fahrt ein großer Bus entgegenkam, ein gewaltiger Knall und unser rechter Rückspiegel zersplitterte in tausend Scherben, der Bus verschwand um die nächste Kurve. Was nun, woher so schnell einen neuen nehmen, und das nur 3 km vor der Auffahrt auf die Autobahn; also bei Platzmangel mühsames Wendemanöver, ich ersetzte am Heckfenster den fehlenden Spiegel, und zurück in den nächsten Ort, wo wir auf der Suche nach irgendeiner Werkstatt zuletzt in einer kleinen Glaserei landeten. Fünf Gesellen schnitten aus einem alten Schlafzimmerspiegel ein halbwegs passendes Stück heraus, das sie dann mit einem rosa kaugummiartigen Leim in den die Kollision Gott sei Dank heil überstandenen Rahmen pappten, die herausquellende Masse nach Erstarren sauber abschneidend. Dieses einmalige Exemplar erfüllte übrigens bis zum Verkauf des Mobis zwecks Erwerb eines neuen Fahrzeugs acht Jahre später immer noch seinen Dienst. Die ganze Aktion dauerte über eine halbe Stunde, auf unsere Frage nach den Kosten winkte man fröhlich ab, also gab es eine Spende für die Kuchenkasse. Versehen mit den besten Wünschen für die Weiterfahrt verließen wir diese servicefreundliche Stätte.

      Schon kurze Zeit später nahm die Autobahn uns auf und brachte uns in Berg- und Talfahrt durch die Cambrian Mountains, die letzten etwa 80 km in eine gut ausgebaute Durchgangsstraße übergehend. Prompt war die Fähre uns vor der Nase weggefahren, durch den unfreiwilligen Aufenthalt kamen wir mit 15.30 Uhr eine halbe Stunde zu spät an, die nächste ging erst wieder um 3.15 Uhr am kommenden Morgen, eine äußerst unchristliche Zeit! Also sahen wir uns zunächst einmal in aller Ruhe das kleine gemütliche Städtchen an, natürlich vom Mobi aus, bevor wir auf einem Parkplatz oberhalb schroff abfallender Felswände Halt machten und von unseren schnell hervorgeholten bequemen Segeltuchstühlen aus den herrlichem Blick auf die von modernen Motoryachten und kreuzenden Seglern bevölkerte azurblaue Bucht genossen und die Seele so richtig baumeln ließen. Aus den reichlich vorhandenen Vorräten wurde ein leckeres Abendessen gezaubert, danach war endlich einmal Zeit für die Urlaubslektüre, bis wir gegen 22.00 Uhr zum Fährhafen zurückkehrten.

      Inzwischen hatten sich schon allerhand Fahrzeuge angefunden. Wir stellten uns in die uns zugewiesene Reihe und versuchten, ein wenig zu schlafen, wurden jedoch schon eine halbe Stunde vor Mitternacht wieder hochgejagt und weiter nach vorne gelotst, die Beladung begann allerdings erst um 2.00 Uhr, doch an Schlaf war nicht mehr zu denken. Nach vierstündiger verhältnismäßig ruhiger Fahrt durch dichte Nebelschwaden, die über dem dunklen Wasser waberten, landeten wir, die Zeit verkürzt durch angeregte Unterhaltung mit einem irischen Fahrgast, um 7.10 Uhr im Hafen von Rosslare. Um dem Ausschiffungstrubel zu entgehen, starteten wir sofort auf unsere geplante Route. Der Himmel war Wolken verhangen, die Sonne bemühte sich redlich, den dichten Vorhang zu durchdringen. Durch sattgrünes hügeliges Weideland erreichten wir nach etwa 20 km die hübsche alte Stadt Wexford, fuhren jedoch zunächst einmal direkt an die Bucht, wo wir eine sehr ausgiebige Frühstückspause einlegten inklusive erholsamem Nickerchen von einer Stunde.

      Mit frischen Kräften ging es weiter, nach kurzer Erkundungsfahrt durch das Städtchen mit seinem imposanten Stadttor aus dem frühen Mittelalter, den Resten einer normannischen Stierhetzarena (die Tiere wurden nicht getötet) und den mächtigen Kirchen- und Klosterruinen folgten wir der herrlichen Küstenstrecke über Waterford, eine alte betriebsame Hafenstadt, bis wir mit Cork in die zweitgrößte Stadt

      - IRLANDS -

      einfuhren, sehr schön von grünen Hügeln umrahmt und vom offenen Meer durch die fast 20 km lange viel verzweigte Mündungsbucht des River Lee getrennt. Eine große Anzahl gepflegter Parks, Kanäle, Brücken und Uferpromenaden prägen diese sehr lebendige Hafen- und Universitätsstadt, ihr Wahrzeichen der von einer goldenen Kuppel gekrönte Turm der Shandon Church aus dem 18. Jahrhundert.

      Unseren ersten Stehplatz für die Nacht fanden wir in einem einsamen Forest Park hoch über einem dunkel schimmernden See, am anderen Ufer aufsteigend sattgrüne Hügel, nicht umsonst wird Irland auch die Grüne Insel genannt; der nahe warme Golfstrom und westliche Winde sorgen für ein ausgeglichenes ozeanisches Klima. Das Abendessen fand wieder an Bord statt, weit und breit war keine Menschenseele. Völlig allein mit der Natur schliefen wir, es gab ja noch einiges nachzuholen, tatsächlich 11 Stunden durch, bis uns gegen 9.00 Uhr das melodische Tirilieren eines Vogels, der sich ausgerechnet unser Dach als Bühne ausgesucht hatte, aus tiefsten Träumen riss. Herrlichster Sonnenschein war genau richtig für die an diesem Tag - inzwischen hatten wir Donnerstag, den 25.Juli – geplante 170 km lange

      - Ring-of-Kerry-Tour -

      entlang der Küste der größten Halbinsel im Südwesten Irlands. Doch zunächst ging es noch etwa 100 km durch grüne, in allen Schattierungen in der Sonne leuchtende Hügellandschaft und kleine beschauliche Orte, vorbei an zahlreichen eindrucksvollen Burgruinen, bis wir in dem idyllischen Örtchen Kenmare einen der Ausgangspunkte erreichten. Von dort folgten wir dem Nordufer der weiten Mündung des Kenmare River, vorgelagert viele, natürlich wieder sattgrüne Inseln; durch malerische Fischerorte, am Wegesrand zeugen mächtige Burgruinen von alten Zeiten; dann hoch über dem Meer mit atemberaubenden Ausblicken an der wilden Felsenküste entlang.

      Als wir auf einem der schön angelegten Aussichtspunkte unsere obligate Teepause zelebrierten, bekamen wir unerwartet Besuch, d.h. ein irisches Ehepaar erschien an unserer offenen Tür mit der Bitte, einmal einen Blick in das Innere werfen zu dürfen, was uns zu einer Einladung zu Tee und Keksen bewog. Er stellte sich als Chefredakteur der größten irischen Zeitung in Dublin vor, sie war Lehrerin. Anderthalb Stunden zog sich eine sehr angeregte und interessante Unterhaltung über Gott und die Welt hin. Sehr erstaunte uns allerdings seine Frage, ob es in Deutschland auch eine vergleichbar schöne Landschaft gebe, worauf wir ihm eine Reise in unsere in dieser Hinsicht äußerst vielseitige Heimat ans Herz legten. Zum Schluss malte er uns noch einige markante Punkte in unsere Karte und empfahl uns, von einem Besuch der an der Ostküste gelegenen Hauptstadt Dublin abzusehen, da sich der für uns daraus ergebende Umweg von über 400 km wirklich nicht lohne. Mit den besten Wünschen für die Zukunft trennten wir uns.

      Weiter ging es auf der herrlichen Strecke, vorbei an den einsamen Sandstränden des kleinen Badeortes Waterville,