Manja Gautschi

Steintränen


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auf Aquawald gegründete Terra Sonnensystem Gefängnis für Kriegsverbrecher. Es diente der Abschreckung für die Bevölkerung. Alle Gegner des Terra Sonnensystems verschwanden in diesem Gefängnis, das sich in einer ungemütlichen Sumpfgegend auf Aquawald befand. Eine Liste aller Inhaftierten wurde regelmässig der gesamten Bevölkerung veröffentlicht. Die Liste war abschliessend und listete alle lebenden sowie toten Gefangenen auf. Eine Art Trophäenliste. Koron Waldmann würde die Liste krönen.

      „Du hast nach deinen Leuten gefragt“ setzte Ragor seine Ausführungen fort „die grossen und kräftigen, wie deinen Freund, du weißt schon, der Dicke" Ragor deutete mit beiden Armen etwas Grosses an "werden zusammengeflickt und in Arbeitslager verteilt. Die anderen werden euren ‚Opferstellen’ überlassen.“. Entsetzt über dieses Vorhaben versuchte Koron erneut seine Arme zu bewegen, diesem Kerl an den Hals zu gehen oder so. Aber wieder gelang es natürlich nicht. „Ihr miesen Dreckschweine! Das könnt ihr nicht tun! Tut mit mir was ihr wollt, aber lasst meine Leute am Leben! Verdammt noch mal. Was für kranke Geschwüre seid ihr?!“

      Die ‚Opferstellen’ waren ein Platz, etwas weiter weg von den Höhlen, wo Koron und seine Leute jeweils die Toten für die Schwarzkrallen abgelegt hatten. Und nicht nur das, sie ketteten Verurteilte lebend dort an. Entweder sie starben in einem Eiswind oder durch die Schwarzkrallen. In den letzten 5 Jahren hatten sie so sämtliche Terra Sonnensystem Spione diesem Schicksal überlassen.

      Dass nun seine eigenen Leute... Koron war der Verzweiflung nahe.

      „Na na!“ Ragor lachte nicht mehr „Wir wissen sehr wohl, dass ihr unsere Leute vermutlich auf eben diese Weise habt verschwinden lassen. Also tu jetzt nicht so!“ „Du krüppeliges Etwas!“ erneut hob Ragor seine Hände „Beruhig dich. Ja?“ Koron starrte in Ragors Gesicht, der weitersprach „Wenn du allerdings mit uns kooperierst, würden wir uns bereit erklären, die Betroffenen stattdessen ebenfalls in Arbeitslagern unterzubringen. Alle. So das Angebot des Admirals.“ „Nicht in 100 Jahren!“ antwortet Koron sofort, da musste er nicht viel nachdenken. Oder? Verdammt!

      Ragor nickte. „Ich werde jetzt erst einmal Sven holen, bevor du hier alle seine Bemühungen wieder zu Nichte machst.“ er betrachtete Korons Verbände, die sich allmählich vom Blut rot verfärbten, so heftig regte sich Koron auf, riss immer wieder vergeblich an seinen Fesseln. „Der Admiral wird dich danach selbst sprechen. Bis dahin“ Ragor nahm den Griff der Tür in die Hand „bis dahin kannst du es dir ja noch überlegen.“ „Wie ich es vermutet hatte! Ihr seid ein so dreckiges, hinterlistiges Hurenpack! Nicht in 100 Jahren werde ich euch helfen!“ Ragor hörte Korons Worte zwar noch, wer nicht, so laut wie er schrie, drehte sich aber nicht mehr um, sondern schloss einfach die Tür hinter sich.

      Koron lag wieder alleine in seinem provisorischen Zimmer. Gefesselt an dieses verfluchte Bett. Machtlos. Ausgeliefert. Sein Herz raste. Immer wieder versuchte er seine Hände aus den Fesseln zu ziehen. „Mistdinger!“ brummelte er. Dabei bemerkte er nicht, wie sie die Tür bereits erneut öffnete. Koron erschreckte, als ihn eine deutlich ältere Männerstimme als Ragors ansprach „In meiner ganzen Laufbahn habe ich noch nie gesehen, dass sich jemand daraus hätte befreien können. Aber das Nähte aufgingen und sich hässlich entzündeten, weil Patienten nicht ruhen wollten, schon.“ der Mann deutet auf Korons Fesseln „Ich würde also lieber damit aufhören.“

      Ein älterer, schlanker Mann, beinahe so alt wie Koron selbst, wie Koron schätzte, stand neben seinem Bett. Im Gegensatz zu Ragor hatte er die Tür hinter sich wieder geschlossen, sodass sie alleine waren. Der Mann trug braune Lederschuhe, dunkeltürkis farbige Hosen, darüber ein weisses T-Shirt und einen weissen Kittel, auf dessen Oberarmen das Logo des Terra Sonnensystems eingestickt war. Ein Symbol für Erde und Mond, denn da war der Ursprung und das Zentrum des Terra Sonnensystems.

      Die Haare waren dabei sich von braun in weiss zu wandeln. Eine Brille und dahinter zwei müde Augen, dekoriert mit dunklen Augenringen, die nun freundlich Koron ansahen.

      Koron begutachtete seinen neuen Besucher. Überall Blutflecken. Überhaupt sah der Mann so aus, als ob er schon lange nicht mehr geschlafen oder geduscht hatte. Er tat Koron beinahe leid, fühlte er sich körperlich gerade eigentlich ziemlich wohl. Schön warm, Schmerzmittel sei Dank.

      „Mein Name ist Sven Yonaki. Ich bin Leiter des medizinischen Teams hier“ er deutete auf den gesamten Raum „hier in diesen Höhlen.“ dann sah er an sich herab, versuchte mit den Händen die Flecken seiner Kleidung abzuwischen „Ich muss mich für mein Aussehen entschuldigen. Aber die frischen Sachen sind ausgegangen und ich bin schon seit einer Weile nicht mehr zum Waschen gekommen. Viel zu tun.“ er hörte auf an seiner Kleidung zu rubbeln. Er strahlte eine angenehme Ruhe aus.

      „Das sieht man“ knirschte Koron hervor. Sven blickte ihn fast schon überrascht an. Er hatte mit irgendeiner Beschimpfung gerechnet.

      „Ja, also“ fuhr Sven fort „Ich werde“ er deutete auf die Verbände „die Verbände wechseln und auch sonst alles kontrollieren. Wenn ich darf.“ Koron schwieg. Der Kerl war so anständig. Nicht wie der überhebliche kleine Junge von vorhin. Und seine Freundlichkeit schien echt zu sein. Was für ein Kontrast!

      Sven fing vorsichtig an Korons Verband am rechten Arm zu entfernen. „Koron Waldmann, mein Name.“ erstaunt sah Sven auf „Ja, ich weiss. Freut mich.“ er machte weiter.

      „Wie lange war ich eigentlich weg?“ Koron sah Sven an, sah, dass Sven nachdachte „Hmm...Gute zwei Tage waren das wohl. Ich musste sie eine Weile ruhigstellen. Ihre Verletzungen sind heftig. Zum Glück sind Sie für Ihr Alter gut in Form. Muss ich schon sagen. Respekt.“

      „Wie geht es den anderen? Bitte, Sie haben sie doch gesehen? Wann kann ich wieder zu ihnen?“ wollte Koron wissen. Er hatte zwei Tage verpasst! Er musste unbedingt mit ihnen reden, sehen wie es ihnen geht.

      Der Verband war ab. Sven nahm das verblutete Material, ging ums Bett herum auf die andere Seite, wo ein Kästchen stand. Öffnete das Türchen, warf den Abfall in den Sack darin. Aus der Schublade, nahm er Gasen, Desinfektionsmittel und einen neuen Verband heraus. Kam zurück zu Koron. Der Unterarm war geschwollen. Fast über die gesamte Länge zog sich eine Naht, die stellenweise blutete. Sah richtig hässlich aus. Sven fing an zu reinigen.

      „Hören Sie“ sagte Sven ganz ruhig „wenn ich Sie für transportfähig halte, nachdem hier. Und der Admiral mit Ihnen gesprochen hat, werde ich Sie wieder sedieren. Sie werden schnellst möglichst nach Seytang gebracht. Und wie man mir sagte, wird man Sie dort alleine in eine Zelle sperren. Sie werden keinen Kontakt mit anderen mehr erhalten. Ausser dem nötigen Betreuungspersonal, natürlich.“ er sah Koron an „Tut mir Leid, dass ich keine besseren Nachrichten überbringen kann. Persönlich halte ich das für eine zu grausame Bestrafung, die keiner verdient.“

      Kalt den Rücken hinunter lief es Koron. Als ob sein Herz gerade zu Stein wurde. Das war tatsächlich die schlimmste mögliche Bestrafung! Isoliert von all seinen Freunden! Für immer! Er musste es sich selbst eingestehen, diese Vorstellung machte ihm echt Angst.

      „Wie können Sie nur für solche Menschen arbeiten! Verflucht.“ platzte es aus ihm heraus. Sven musste den Arm festhalten, Koron zappelte schon wieder.

      „Bitte, ruhig halten.“ bat Sven „Ich bin nicht hier um über Politik zu sprechen. Ich bin Arzt. Meine Aufgabe ist es Menschen zu helfen, zu verarzten. Und wenn Sie mich fragen, hat das Terra Sonnensystem schon vielen Menschen sehr viel Gutes getan. Ich bin schon zu vielen gekommen, die an Krankheiten litten, für die es schon lange Hilfe gibt. Sie erhielten sie allerdings erst dank des Terra Sonnensystems. Mir ist sehr bewusst, dass die Methoden des Terra Sonnensystems nicht immer sehr freundlich sind. Aber wo ist es das schon.“ er kümmerte sich weiter um Korons Wunden.

      „Das Terra Sonnensystem zwingt allen seinen Willen auf. Wer nicht folgt, wird aus dem Weg geräumt. Jedes Mittel ist dafür recht. Wie sie es hier gerade versuchen.