Hans-Jürgen Setzer

Braunes Eck


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wir deiner Meinung nach an diese Information herankommen? Sie direkt fragen oder hast du eine bessere Idee?“, fragte Vanessa.

      „Lass mich nur mal machen. Ich kenne da jemanden bei der Bundeswehr, der wahrscheinlich an diese Information herankommen könnte. Mal schauen, ob er zu Hause ist, eine Handynummer habe ich leider nicht von ihm“, erklärte Leon. Nach einem kurzen Anruf hatte Leon die Zusage, in Kürze einen Rückruf zu erhalten.

      „Haben die eigentlich keine Geheimhaltungspflicht?“, fragte Vanessa, obwohl sie die Antwort schon wusste.

      „Klar, aber ich bin Reserveoffizier und habe so meine Kontakte, so dass es gar nicht weiter auffällt. Wir führen ja auch nichts Böses im Schilde, im Gegenteil, wir wollen ein Verbrechen aufklären helfen und weitere verhindern. Wir wissen noch nicht einmal, wer und was genau dahintersteckt“, entschuldigte Leon die Indiskretionen der Kameraden. „Wir müssen daher einfach jede sich bietende Informationsmöglichkeit nutzen, um weiter zu kommen.“ Prompt klingelte sein Handy. Leon führte ein kurzes Telefonat mit einer Person, die ihm vertraut zu sein schien. Jedenfalls konnte man es an Hand des Tonfalls und der Art des Gesprächs vermuten.

      „Wie wir schon vermutet haben, war Professor Haberkorn als Sanitätsoffizier mit dem Dienstgrad Oberstarzt die letzten drei Jahre zweimal im Auslandseinsatz, einmal im Irak im Rahmen einer Ausbildungsunterstützung und einmal im UNAMA-Einsatz in Afghanistan“, sagte Leon.

      „Sag mal, wieso geht Haberkorn überhaupt in Auslandseinsätze? Wegen des Geldes ja wohl kaum. Er müsste doch hier mit seiner Klinik genug zu tun haben“, fragte Vanessa.

      „Genau das werden wir den Herrn Professor selbst fragen müssen. Meiner Meinung nach sind wir auf einer ziemlich heißen Spur. Nur Haberkorn wird uns hierbei jetzt weiterhelfen können. Jedenfalls solange wir nicht wissen, was überhaupt passiert sein könnte und wer noch alles in diesem Einsatz war. Manche Erlebnisse tauchen in keinem offiziellen Einsatzbericht auf. Das weiß ich aus eigener Erfahrung“, erläuterte er. „Ich habe da so eine Ahnung und die gefällt mir gar nicht. Aber frage mich lieber erst einmal nicht nach Details, damit wenigstens du einen klaren Kopf behalten kannst, falls ich mich da verrennen sollte.“

      „Du traust mir anscheinend sehr viel zu, Leon. Ich danke dir dafür“, sagte Vanessa geschmeichelt. „Oder traust du mir überhaupt nicht und willst mich so langsam loswerden?“, wechselte Vanessa in einen gereizten Tonfall.

      „Nein, ich danke dir, ganz ehrlich. Es macht wirklich viel mehr Spaß im Zweierteam zu recherchieren, wie du schon selbst festgestellt hast. Schau doch mal, was wir alles hinbekommen haben in der Kürze der Zeit. Das ist wirklich toll“, entgegnete er und umarmte Vanessa zum Dank und um sie wieder zu beruhigen.

      „Wie wollen wir das jetzt genau anpacken? Fahren wir zu Haberkorns in die Villa?“, fragte sie ganz ungeduldig.

      „Wenn meine Vermutung stimmt, wird es ohnehin nicht einfach werden überhaupt irgendetwas aus ihm herauszubekommen. Zusätzliche Zeugen würden das Problem eher noch verstärken. Also fahre ich besser erst einmal alleine zu ihm. Das hat echt nichts mit dir zu tun, versprochen. Aber Leute, die der Geheimhaltungspflicht unterliegen reden niemals, wenn es Zeugen für ihren Regelverstoß gibt, und vielleicht kann ich als Reserveoffizier leichter etwas aus ihm herauslocken. Ich weiß im Moment selbst noch nicht, wohin das führt und ob überhaupt etwas dabei herauskommt. Vielleicht kann ich seine emotionale Betroffenheit durch den Verlust nutzen und kriege so etwas heraus. Lass uns kurz nachdenken, wie du die Zwischenzeit sinnvoll nutzen kannst“, überlegte Leon.

      „Was hältst du davon, wenn ich mir kurz einen Überblick über den Sportteil verschaffe. Paffrath wollte ja, dass ich nebenher auch noch den Sportteil bediene. Auch wenn mir unser Fall natürlich viel mehr unter den Nägeln brennt“, sagte sie fast schon entschuldigend.

      „Nein, stimmt, du hast recht. Nutze die Zeit mal für ein paar Sportnachrichten. Vielleicht macht es den Kopf sogar freier für neue Ideen, die auch uns weiterbringen werden. Ist mir schon oft so gegangen“, stimmte Leon zu.

      „Aha, willst du mir damit etwa sagen, mein Kopf sei die ganze Zeit über nicht frei, sondern verblendet gewesen?“, reagierte sie sauer.

      „Vanessa, wirklich. Hör doch endlich einmal damit auf. Erst denken, dann reden. Wenn ich dich kritisieren möchte, tue ich das direkt. Du musst bei mir ganz sicher nicht zwischen den Zeilen lesen. Lass uns später gemeinsam was essen oder meinetwegen auch essen gehen. Was hältst du davon? Dann erzähle ich dir alle Neuigkeiten, falls ich gleich etwas herausfinden sollte.“

      „Das machen wir. Viel Glück und bis später. Ich hüpf dann mal rüber. Sorry und Bussi“, sagte sie und eilte schon davon in Richtung Schreibtisch der Sportredaktion, nachdem sie ihm einen Handkuss zugeworfen hatte.

      Leon schüttelte mit dem Kopf. „So verpeilt und kaputt, aber irgendwie trotzdem süß“, dachte er.

      Leon meldete seinen Besuch bei den Haberkorns vorsichtshalber über dessen Haushälterin Frau Petermann an. Glücklich war der Professor nicht darüber, willigte aber letztendlich doch ein, als Leon die Kameradenkarte zog. Also fuhr er direkt dorthin. Professor Haberkorn erwartete ihn bereits in seinem Arbeitszimmer. Er bearbeitete einige Akten, bevor er sich Leon zuwandte. Leon begann über seine Zeit bei der Bundeswehr und frühere Auslandseinsätze zu erzählen, um das Gespräch in die richtige Richtung zu bahnen und sein Vertrauen zu gewinnen. Professor Haberkorn verfiel prompt ins Plaudern und zeigte sogar einige Fotos aus seinem letzten Einsatz auf dem Laptop. Leon überlegte, wie er unauffällig die entscheidenden Fragen platzieren konnte.

      „Herr Professor, um ganz ehrlich zu sein, denke ich, der Tod Ihres Sohnes könnte etwas mit einem Ihrer Auslandseinsätze zu tun haben. Ich würde gerne dabei helfen, die ganze Sache lückenlos aufzuklären“, begann er.

      „Ach daher weht der Wind, Sie schnüffeln in meinem Privatleben herum und geben sich hierzu sogar als Kamerad aus“, sagte er wütend. „Aufklärung ist ja wohl Sache der Polizei und nicht die der Presse. Verstehen Sie das unter Kameradschaft? Pfui, sage ich da nur.“

      „Sie möchten doch sicher auch herausfinden, was mit Ihrem Sohn passiert ist, oder?“

      „Bitte gehen Sie, Herr Walters. Ich habe Ihnen heute nichts weiter zu sagen. Frau Petermann, bitte bringen Sie Herrn Walters zur Tür. Er möchte jetzt gehen.“ Professor Haberkorn wendete sich wieder seinen Akten zu und setzte dabei einen säuerlichen Gesichtsausdruck auf.

      Leon ging frustriert und unverrichteter Dinge mit der Haushälterin zur Haustür. Er lief noch eine kleine Weile am Rhein entlang und überlegte, wie es weitergehen könnte. Für heute würde er jedenfalls Feierabend machen. Ihm reichte es. Er rief Vanessa an und fragte, wie es mit dem geplanten Abendessen aussehe. Sie wollten sich beim Mexikaner am Görresplatz treffen. Wenigstens ein kleiner Lichtblick, so hoffte er jedenfalls.

      Beim Mexikaner

      „Wenn du eben Haberkorns Gesicht gesehen hättest … glaube mir, da steckt mit Sicherheit mehr dahinter. Er rückt aber nicht das Geringste heraus. Wir müssen irgendwie anders an die Informationen herankommen, wie das muss ich selbst noch herausfinden“, fasste Leon seinen Nachmittag zusammen. „Hattest du heute mehr Erfolg beim Sport?“, lenkte er zu Vanessa über.

      „Ach, lass uns doch über was anderes reden. Es ist doch schade um die kostbare Zeit. Das Leben findet hier und jetzt statt sagt Buddha.“ Vanessa legte die Hände zum indischen Gruß in Richtung Leon zusammen und lächelte.

      „Na, wenn sogar Buddha das sagt, was wollen wir essen meine Liebe, ich habe einen Bärenhunger“, antwortete er mit einem verschmitzten Grinsen. Dabei erwiderte er den indischen Gruß und sagte „Namasté. Ups, vermutlich habe ich das falsche Thema erwischt oder hast du ausnahmsweise auch mal Kohldampf?“, fragte er. „Aber hast du dir mal Buddhas Figur angesehen? Schlank könnte man das eher nicht nennen, oder?“, witzelte er.

      „Alles gut, es gibt ja eine Speisekarte, von der ich selbst auswählen