Hans-Jürgen Setzer

Braunes Eck


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      „Klingt sehr verlockend. Na, dann los!“

      Sie betraten das großzügige Haus durch eine riesige massive Eichenholzeingangstür mit reichem Schnitzwerk. Diese führte in ein beeindruckend hohes Treppenhaus. Alles war hochwertig und edel ausgestattet.

      „Komm leg doch ab. Wir gehen am besten direkt durch in die Küche. Ich habe einen riesigen Kohldampf.“ Leon nahm Vanessas Jacke und hing sie an die Garderobe. Er führte sie zur stilvoll eingerichteten Küche, die direkt in den Wohn- und Essbereich überging. Leon bevorzugte eine tolle Mischung aus moderner Einrichtung unter Ausnutzung des alten historischen Gemäuers.

      „Wirklich schön hier bei dir. Hast du das alles so eingerichtet?“, fragte sie beeindruckt.

      „Ich habe das ganze Haus über die Zeit einmal von Grund auf saniert, habe dabei unfreiwillig jeden Stein einmal umgedreht. Es ist also fast alles auf meinem eigenen Mist gewachsen, was du hier so siehst. Schön, wenn es dir gefällt“, sagte er. „Worauf hast du Lust? Wollen wir einen italienischen Salat machen? Das geht schnell und passt schön zu einem Glas Rotwein. Ich hätte jetzt Lust darauf“, fragte Leon und rechnete mit einem Donnerwetter und diversen Anweisungen zu Dressing und Zutaten.

      „Prima Idee. Komm lass uns das zusammen machen.“

      Leon legte leichte Hintergrundmusik auf und sie teilten sich die Arbeit für den Salat. Dabei nippten sie nebenher schon am Rotwein, der eine tolle dunkelrote Farbe hatte und herrlich mundete. Die Stimmung wurde langsam aufgelockerter und der Stress und Ärger des Tages fiel von beiden ab. „Du machst aber das Dressing, damit es keinen Ärger gibt“, frotzelte er und erntete einen bösen Blick dafür.

      Leon holte noch ein Baguette zum Aufbacken als Notfallvariante aus dem Tiefkühler und schob es in den Backofen. In der kurzen Wartezeit setzten sie sich in die gemütlich eingerichtete Kaminecke. Hier hatte Leon ein offenes Feuer in Gang gebracht, das bereits vorbereitet auf eine Gelegenheit zum Anzünden gewartet hatte. Sie lachten viel, fanden positive Themen über Reisen und Hobbys und Leon hatte Vanessa sogar kurz den Nacken kneten dürfen. Sie gab an, extrem verspannt im Nacken zu sein von der ganzen Tagesanspannung. Der Salat schmeckte beiden, brachte auch keine neuen Konflikte und der Abend näherte sich dem kritischen Wendepunkt, der darüber entscheiden würde, den Abend ausklingen zu lassen oder ihn fortzusetzen.

      „Du, Leon, bitte nicht böse sein, aber ich habe mir vor längerer Zeit geschworen, nie wieder am ersten Abend bei einem Mann zu übernachten oder gar mit ihm zu schlafen, noch nicht einmal, wenn er ein Schloss besitzt und zuckersüß ist“, sagte sie frei heraus.

      „Äh, davon war bisher gar keine Rede oder habe ich da irgendetwas verpasst? Du musst das nicht, weder hier noch mit mir schlafen. Ich hatte dir doch vorhergesagt, ich brauche selbst noch …“, versuchte Leon einen Satz zu vollenden.

      „Ich würde aber gerne hier bei dir bleiben und hatte insgeheim gehofft, du würdest versuchen, mich zu überreden. Es ist so wundervoll hier, der Abend ist wundervoll, du bist wundervoll“, antwortete sie. „Wir tun uns gut und brauchen doch beide eine zarte Schulter zum Anlehnen.“

      „Ja, das stimmt, es war wirklich noch ein sehr schöner Abend. Meine Müdigkeit und Trauer habe ich ganz vergessen. Du darfst auch ohne weitergehende Verpflichtungen gerne hier übernachten. Du hast getrunken und außerdem ist es schon spät. Morgen früh müssen wir beide wieder fit sein. Paffrath wird ganz sicher unser erstes Duett genau unter die Lupe nehmen, vor allem deinen Anteil. Stell dich schon mal auf einen Rapport morgen bei ihm ein. Zudem habe ich ein wunderschönes Gästezimmer im Turm mit separatem Bad. Was sagst du jetzt?“ Leon hätte sowohl die eine als auch die andere Lösung unkompliziert akzeptieren können, doch nun wusste er auch nicht mehr, was eigentlich richtig wäre. „Ganz schön verwirrend diese Frau“, dachte er.

      „Du bist süß. Danke, Leon. Für alles heute.“

      Sie umarmten sich lange und schienen es beide zu genießen.

      „Komm, ich zeige dir jetzt dein Reich für heute Nacht und eine kleine Schlossführung hatte ich dir ja auch versprochen.

      Vanessa zeigte sich begeistert und mehr als beeindruckt von dem tollen Anwesen. Sogar einen Wellnessbereich mit Sauna, Solarium, Infrarotkabine und Dusch- und Badeparadies beherbergte das erste Stockwerk. Leon zeigte ihr am Ende des ungefähr viertelstündigen Rundganges das Gästezimmer im Turm mit einem sagenhaften Ausblick auf den Rhein.

      „Hier könnte ich mir einen hundertjährigen Dornröschenschlaf gut vorstellen“, witzelte Vanessa und legte sich probeweise auf das gemütliche Bett.

      „Tu dir keinen Zwang an. Ich kann dir jedoch jetzt schon versprechen, mit hundert Jahren, das wird nichts werden. Morgen früh hol ich dich fürs Frühstück aus den Federn. Vor der Pressekonferenz sollten wir noch die richtigen Fragen vorbereiten und glaube mir, der Alte wird uns morgen ganz sicher zu sich bestellen. Soviel steht fest“, erklärte er. „Also ab in die Federn, du kennst dich ja jetzt aus. Träumt schön, Prinzessin Herzsprung. Kaffee oder Tee fürs Frühstück?“

      „Gerne Kaffee“, kam zögerlich und mit traurigem Unterton. Dann schlug sie Leon die Tür vor der Nase zu.

      Mit Kopfschütteln begab auch er sich ins Badezimmer und wenige Minuten später schlief er bereits ein und schnarchte laut und durchs halbe Haus hörbar.

      Vanessa dagegen warf sich stundenlang hin und her und die Gedanken kreisten in ihrem Kopf. Sie wurde aus Leon und ihrer wechselseitigen Beziehung einfach nicht schlau. „Er hat noch nicht einmal irgendetwas probiert heute. Sicher findet er mich nicht attraktiv. Blödmann, soll er doch vermodern, der alte Baumsäger da unten.“ Sie schlich eine Weile durch die Räume und schaute, ob sie etwas Interessantes über Leon herausfinden könnte. Sie horchte an Leons Schlafzimmer, doch es war unverkennbar, was er gerade machte. Im Bad roch sie an seinem Rasierwasser und seiner Parfumsammlung, schaute sich seine Schmutzwäsche an und kehrte irgendwann in das ihr zugewiesene Turmzimmer zurück. Irgendwann musste auch sie kapitulieren und schlief endlich ein.

      Leon klopfte gegen sechs Uhr morgens so lange an ihre Tür, bis sie endlich wach war. „Geh weg! Was willst du mitten in der Nacht?“, fragte sie.

      „Das Frühstück ist fertig. Komm. Der frühe Vogel fängt den Wurm.“

      „Ich hasse Würmer. Lass mich wenigstens noch vorher duschen, damit ich wach werde.“

      „Klar, ich geh schon mal ins Esszimmer. Bis gleich, Prinzessin.“

      Nach einer guten halben Stunde kam Vanessa ziemlich zerknirscht wirkend an den Frühstückstisch. Sie nahm sich einen Kaffee und nippte daran. Dabei saß sie in dicken Socken, ein Bein angewinkelt, auf dem Stuhl und wirkte alles andere als bereit für den Tag.

      „Na gut geschlafen und was Schönes geträumt?“, fragte Leon um die Stimmung etwas aufzulockern.

      „Ja, schönen Dank auch für die stürmische Nacht. So wild hatte ich es lange nicht mehr“, sagte sie patzig.

      Leon schwieg und biss in sein belegtes Brötchen. „Orangensaft?“

      „Nein. Nur Kaffee schwarz. Mir ist schlecht.“

      „Boah, bist du morgens immer so wahnsinnig gut gelaunt? Jetzt iss doch eine Kleinigkeit. Wenigstens ein halbes Brötchen. Der Tag könnte lang werden heute“, sagte er.

      „Lass mich doch jetzt einfach mal in Ruhe mit der ständigen Esserei. Du bist ja wie meine Oma. Das ist nun wirklich meine Sache.“ Vanessa war immer noch sauer.

      „Na, dann komm. Auf, wir fahren in die Redaktion und planen den weiteren Tag“, sagte Leon resignierend. Er versuchte, nicht mit einzusteigen in diese Stimmungsachterbahn, wobei er merkte, dass es ihm zunehmend schwerer fiel.

      Morgens in der Koblenzer Redaktion

      „Vanessa, sei bitte nicht sauer. Ich hatte dir vorhergesagt,