Liliana Dahlberg

Dem Glück auf den Fersen


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      Liliana Dahlberg

      Dem Glück auf den Fersen

      Roman

      Mit Männern ist es wie mit Schuhen – entweder sie passen oder nicht!

      Impressum

      Copyright © 2015 by Liliana Dahlberg

       Dem Glück auf den Fersen

      Verlag: epubli GmbH, Berlin

       www.epubli.de

      ISBN 978-3-7375-3653-0

       Coverbild © Pitopia, Val Thoermer, 2009

       Lektorat: Bärbel Philipp

       Covergestaltung: Erik Kinting

      Weitere Bücher von Liliana Dahlberg:

       Der Zauber von Regen

       Der Fluch der Evans

      In Vorbereitung:

       Panikattacke! 30 Jahre, kein Kind, kein Mann

       Verflixt und verliebt!

      Kapitel 1

      Ich, Milly Sievers, war wirklich beneidenswert. Zu diesem Schluss kam ich, als ich mich an einem Samstagnachmittag mal wieder im Anblick meines Schuhschranks verlor. Dort standen sie schön übereinander gestapelt. An die hundert Paar Schuhe, die mich nun schon seit geraumer Zeit abwechselnd durchs Leben trugen.

      Ich bezeichnete diese Schuhe meinem Freund gegenüber mit einem Augenzwinkern gerne als Liebhaber, die ich allesamt in meinem Schrank versteckt hielt. Das Wunderbare an Schuhen war, dass sie genauso schön aussehen konnten wie Männer, mit dem Vorteil, dass sie einen nicht betrogen und das Herz brachen. Sie waren außerdem genauso schweigsam wie einige Vertreter der Spezies Mann und gaben einem in wichtigen Lebenssituationen Halt. Dem, der nun ruft: „Und was ist mit Sex?“, dem würde ich mit der Frage antworten, ob sich das Gefühl, in neuen High Heels von Manolo Blahnik zu stecken und dabei die ersten Strahlen des Sommers zu genießen, nicht mindestens genauso berauschend und euphorisierend anfühlen kann wie Bettspiele.

      Sicher küssten Schuhe nicht, aber war es nicht ebenso himmlisch, das erste Mal in neue Schuhe zu schlüpfen und zu spüren, wie sie den eigenen Fuß umschlossen? Sozusagen die erste Kontaktaufnahme mit einer neuen Liebe. Durchaus vergleichbar mit einem Kuss oder einer innigen Umarmung.

      Ich war also der Überzeugung, dass man auch ohne Partner im Leben sehr glücklich sein konnte, sofern man genügend Schuhe besaß. Jede Frau hatte im Durchschnitt dreißig Paar Schuhe zu Hause. Das hieß, Frau konnte sich mit über dreißig Liebhabern vergnügen, ohne dabei ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Vielleicht betete ich mir diese Sichtweise aber auch nur deswegen immer wieder vor, weil ich Angst hatte, meinen Freund an meine Rivalinnen zu verlieren. Doch zu diesen Damen komme ich später. Ja, ich hatte in der Tat seit sechs Jahren einen Freund, der mir trotz meiner großen Affinität zu Schuhen natürlich viel bedeutete. Er hieß Kai Bloom und war seines Zeichens Inhaber einer größeren Werbeagentur in Hamburg. Sie war unter dem Namen Bloom Relations Incorporated eingetragen.

      Ich arbeitete als Verkäuferin in einem Schuhgeschäft und konnte mir keine lohnendere Arbeit vorstellen. Schließlich konnte ich dort meine Philosophie in Bezug auf Schuhe an die Kundschaft weitergeben.

      Der Markt war voller attraktiver Schuhe, und ich beriet sowohl Frau als auch Mann in der Frage, welcher Schuh für sie der richtige war, sehr gerne. Ich denke, ich brauche nicht weiter auszuführen, dass ich dem Beruf meiner Träume nachging, auch wenn sich manchmal noch eine andere Fantasievorstellung in meine Gedankenwelt schlich. Wie wäre es, hatte ich schon oft gedacht, eine Kolumne für ein Modemagazin zu schreiben? Mit wenigen Worten deutlich mehr Leute erreichen und ihnen meine Faszination von Schuhen schildern zu können? Da ich jedoch kein Abitur hatte, waren die Aussichten auf einen solchen Job verhältnismäßig gering. Ich hatte schließlich „nur“ Einzelhandelskauffrau gelernt und noch kein Volontariat bei einer Zeitschrift absolviert. Aber wer wusste es schon, vielleicht würde mein Traum irgendwann Flügel bekommen, wenn es die Umstände und das Glück gut mit mir meinten.

      Kai und ich lebten übrigens zusammen in der Hansestadt in einer größeren Wohnung an der Außenalster. Die Miete konnten wir natürlich nur aufbringen, weil die Geschäfte in Kais Agentur sehr gut liefen und er wirklich ein sehr talentierter Werbefachmann war.

      Er wusste, dass ich eine relativ einfache Parabel auf das Leben anwendete: Ausnahmslos jeder Mensch ließ sich mit einem Schuh vergleichen. Mich selbst würde ich mit einem einfachen Ballerinaschuh gleichsetzen. Ich war nicht sonderlich auffällig, im Leben legte ich manchmal eine gewisse Bequemlichkeit an den Tag, ich liebte schlichte Eleganz und hob nicht allzu leicht vom Boden ab. Das erklärte auch, warum ich mich nicht als High Heel oder als Schuh mit Plateausohle betrachtete.

      In der Liebe hatte diese Parabel aus meiner Sicht ebenfalls ihre Berechtigung. War es nicht so, dass nur wenige Frauen das Glück hatten, Schuhe zu finden, die ihnen ein Leben erhalten blieben und ein gutes Gefühl vermittelten? So manche Frau würde doch auch ihren Mann nach einem Sommer nur allzu gerne wieder umtauschen, wie einen Schuh, der ihr mit einem Mal nicht mehr angenehm genug erschien, oder dessen Farbe plötzlich nicht mehr die war, nach der man ihn ausgesucht hatte. Auf Männer übertragen waren das Blender, die sich anfangs als Vegetarier ausgaben, weil sie hofften, damit bei einer Frau landen zu können, und dann eines Tages ein Rumpsteak aus der Pfanne verlangten. Ganz so, als habe sich ein Vernice-Schuh in einen Turnschuh verwandelt. Doch nun wieder zu meinem Schuhschrank: Kai war sich seiner Nebenbuhler bewusst, konnte aber gut mit ihnen leben, auch wenn ich ihn tagtäglich mit einem Paar Schuhe „betrog“. Er ahnte, dass mir diese Affären viel bedeuteten, doch eines war ihm klar: Es bestand kein Grund zur Sorge. Er wusste ja, dass mein Herz ihm gehörte. Dass ich es ihm geschenkt hatte, hatte ich bisher keine Sekunde lang bereut, er war auch immer sehr gut mit ihm umgegangen. Mein Freund Kai war im Rahmen meiner Parabel ein Sneaker: Er hatte ein sehr sportliches Erscheinungsbild, war den anderen immer einen Schritt voraus und konnte sich auf jedem Terrain mühelos bewegen. Gleichzeitig war er aber auch sehr spontan und übermütig, vor allem, wenn wir beide ausgingen und er mich in einem Tanzlokal in einem wilden Tanz mitriss und mich so auf Wolken schweben ließ. Ich kostete diese Momente stets weidlich aus, denn was gab es Schöneres, als mit seiner großen Liebe Zeit und Raum zu vergessen? In solchen Augenblicken zählte nichts außer uns beiden, und alles um uns herum schien zu verschwimmen und bedeutungslos zu werden. Ich spürte nur noch die Tanzbewegungen, meinen Partner und die Schuhe, in denen ich durch den Raum glitt. Dass ich meine Schuhe auch beim Tanzen noch deutlich wahrnahm, war ein erneuter Hinweis darauf, dass ich eine echte Schuh-Fashionita war. Den Ausdruck Schuhfetischistin fand ich dagegen weniger schön, weil er aus meiner Sicht sehr negativ besetzt war.

      Zurück zum Tanz: Diese Augenblicke, in denen sich unsere Beine im Rhythmus der Musik bewegten und wir eins zu werden schienen, waren einfach herrlich. Genauso wunderbar und traumhaft war das Zusammenleben mit Kai. Für mich lag damit auf der Hand, dass ich mit ihm das große Los gezogen hatte. Er war mehr als ein hübsches Gesicht. Er hatte kurzes braunes Haar, und wenn sich auf seinem Gesicht dieses charmante Lächeln abzeichnete, mit dem er mich erobert hatte, machte mein Herz einen Sprung und verschmolz mit seinem zu einem Ganzen. Wir waren vom Glück gesegnet, in unserer Beziehung hing der Himmel noch immer voller Geigen. Doch manchmal zogen auch dunkle Wolken auf.

      Diese dunklen Wolken waren sehr adrette Frauen, Kais Untergebene in seiner Werbeagentur, die ihn nur zu gern mit ihrem Charme einwickeln und in unserer Beziehung einen Wetterumschwung einleiten wollten. Ein Gewitter, das uns auf immer trennen würde. Ja, ich musste in der Tat damit leben, dass ich gleich mehrere Rivalinnen hatte. Diese würde ich im Gegensatz zu mir als reine Louboutins beschreiben. Warum? Sie sahen allesamt hübsch aus, und ihre langen, epilierten Beine steckten in Miniröcken, die sie Kai bereitwillig entgegenstreckten. Sie bezogen ein deutlich höheres Gehalt als ich und konnten sich daher Designerkleidung leisten, von der ich nur träumen konnte.

      Dass ich mit Kai liiert war, wussten sie, doch das hielt sie nicht davon ab, mit ihm auf Flirtkurs zu gehen. Tja, manchmal fühlte ich mich diesen jungen Frauen deutlich unterlegen.