Wilma Burk

Wo ist Babahu - 5 Folgen in einem Buch - ohne Bilder


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Schreie zu ihm heraus. Frau Ritter sprang auf Stuhl und Tisch. „Eine Maus! Mach die Maus tot!“, forderte sie ihren Mann auf.

      „Diese verdammten Katzen! Nur die schleppen so etwas an.“ Herr Ritter fluchte und jagte hinter der Maus her. Die wieselte in ihrer Angst durchs Zimmer, versuchte sich zu verkriechen und wurde wieder hervorgejagt. Herr Ritter ihr hinterher. Er bekam sie nicht. Die Stehllampe rannte er um. Eine Bodenvase mit einem Strauß bunter Zweige ging zu Bruch. Das Wasser daraus ergoss sich auf den Teppich.

      „Egon, pass doch auf!“, schrie Frau Ritter entrüstet von ihrem erhöhten Platz aus.

      „Warte! Gleich hab’ ich sie!“ Herr Ritter gab nicht auf. In seinem Eifer, machte er einen Sprung nach vorn, ging dabei selbst zu Boden und riss einen Ständer mit Vogelbauer um. Der Kanarienvogel darin flatterte in Panik wie wild. Die Maus war weg.

      „Hansi, mein armer Hansi! Was machst du? Bist du zu blöd, eine Maus zu fangen?“, zeterte Frau Ritter.

      „Dann komm doch runter und fang sie selbst!“ Herr Ritter erhob sich missgelaunt, humpelte ein paar Schritte und sah sich suchend nach der Maus um. Nein, fangen konnte er sie nicht mehr. Als er sie wieder sah, lief sie geradeso zur Terrassentür hinaus, so, wie sie hereingekommen war. Blitzschnell sprang er vor und schloss die Tür. „Die ist weg!“, sagte er, als wäre es sein Verdienst. Fluchend machte er sich dann daran, das Vogelbauer wieder aufzustellen, während Frau Ritter von ihrem erhöhten Platz herunterstieg.

      „Der schöne Teppich! Nun ist er hin!“, jammerte sie und bedachte ihren Mann dabei mit einem vorwurfsvollen Blick.

      Der knurrte gereizt, richtete auch die Stehlampe wieder auf und versuchte den ramponierten Lampenschirm zu richten.

      Babahu saß dabei und hielt sich seinen Bauch vor Lachen. Aber das Lachen verging ihm, als Herr Ritter die Stehlampe einschalten wollte, sie nicht erstrahlte, sondern es nur krachte und Funken sprühten. Mit einem zornigen Stoß hätte er sie beinahe erneut umgestoßen. Er kochte vor Wut. „Nun ist es genug! Jetzt unternehme ich etwas gegen diese verrückte Alte!“, schwor er.

      Plopp, da sprang ein Eisluchs vor Babahu. „Das hast du gut gemacht!“, lachte er zynisch „Nun habe ich ihn da, wohin ich ihn haben wollte. Wusste gar nicht, dass du für uns arbeitest“, verhöhnte er ihn.

      Entsetzt kamen die andern Magihexer dazu. „Was hast du getan?“, riefen sie verärgert. „Wie sollen wir jetzt die bösen Nachbarn mit der Katzenmutter versöhnen, wenn Herr Ritter einen Grund hat, die andern weiter gegen sie aufzuhetzen?“

      Babahu wusste nicht, sollte er schuldbewusst oder wütend sein. Es wurmte ihn, dass sich dieser Eisluchs einfach vor ihn hingestellt hatte, ohne ihn zu bedrohen. So etwas hatte es noch nie gegeben. Der wird sich wundern! Das lasse ich nicht auf mir sitzen! Es ihm zu zeigen, das nahm er sich vor. Aber den andern verriet er davon nichts.

      *

      Wieder hockten sich die Magihexer zusammen und berieten, was sie für die alte Frau und ihre Katzen tun könnten.

      Derweil zogen sich die Eisluchse immer enger vor ihnen zusammen und ließen sie nicht aus den Augen. Mit einem Schlag ihres Schwanzes würden sie ihnen entgegenspringen, um keinen von ihnen an ein Ohr der Menschen heranzulassen.

      Doch wie sonst sollten die Magihexer einen Menschen beeinflussen, wenn sie ihm nicht durch ein Ohr in seine Gedanken hineinwirken konnten? Aufgeben wollten sie aber nicht. So machte einer nach dem andern einen Vorschlag. Nur keinem stimmten alle zu. Bedrückt schauten sie schließlich drein.

      „Ja, können wir denn gar nichts für die alte Frau tun?“ Jojotu war verzweifelt. „Uns ist doch immer etwas eingefallen, selbst wenn es gegen die Eisluchse aussichtslos zu sein schien.“

      Ratlos sahen sie sich an, bis Asgeida fragte: „Du bist so still, Babahu. Weißt du etwas?“

      Zögernd blickte sich Babahu um. „Schon! Aber es wird euch nicht gefallen.“

      Gespannt sahen sie ihn an.

      „Rede!“, forderte Satano.

      „Also gut! Wie oft geht Dennis, der freche Junge von den Beckers, heimlich aufs Eis des Sees, obgleich die Eltern es ihm verboten haben. Wir könnten ihn ins Eis einbrechen lassen. Ihm würde das zugleich eine Lehre sein. Doch wir passen auf, dass ihm nicht wirklich etwas geschieht. Wenn wir aber dafür sorgen, dass die Katzenmutter ihn herauszieht, so wird er sich in seiner Angst an sie klammern und vergessen, wie gern er sie geärgert hat. Müssten die Beckers ihr dann nicht für seine Errettung dankbar sein? Vielleicht brauchten wir uns danach keinem der Nachbarn mehr zu nähern, um ihn zu beeinflussen. Wir könnten den Eisluchsen eine Nase drehen, weil bestimmt dadurch nicht nur die Beckers, sondern auch alle andern nachdenklich werden und mit der Katzenmutter nachsichtiger umgehen würden.“

      Einen Moment schwiegen sie.

      Die Eisluchse wurden misstrauisch, rückten ein Stück näher und hoben drohend ihre Eispickel.

      „Das hört sich gut an“, überlegte Asgeida.

      „Nur, wie soll diese alte Frau den Jungen retten? Sie ist viel zu schwach dazu“, gab Ermano zu bedenken.

      „Ich werde ihr dabei helfen, ohne dass sie es merkt“, erklärte Babahu.

      „Hm, das mit dem Eis, ihn da einbrechen zu lassen, kann ich übernehmen“, überlegte Satano.

      „Dabei musst du aber höllisch aufpassen, damit du nicht selbst mit dem Eis in Berührung kommst. Du weißt, sonst wirst du erstarren und kannst nicht mehr schweben“, warnte Jojotu.

      „Ja, ja, ich gebe schon Acht! Wenn ihr mir dabei nur die Eisluchse vom Leib haltet“, antwortete Satano.

      „Und wer gibt dem Jungen ein, gerade jetzt zum Eis zu gehen? Es wird schwer sein, an ihn heranzukommen. Auch in seiner Nähe sitzt bereits lauernd ein Eisluchs“, fragte Jojotu.

      „Das lasst mich nur machen. Den werde ich überlisten, wenn ich an allen anderen vorbeikomme. Ein einziger Eisluchs ist kein Hindernis für mich“, erwiderte Babahu grinsend,

      „Sei nicht zu übermütig“, warnte Satano. „Du weißt, die Eisluchse warten nur darauf, dir eins auszuwischen, weil du sie zu oft zum Narren gehalten hast.“

      „Keine Sorge! Den Gefallen tue ich ihnen nicht“, tat Babahu das ab.

      „Nun gut! Doch wenn wir das erreicht haben, so hat die Katzenmutter darum noch immer nicht weniger Katzen. Darum werden die Nachbarn auf Dauer nicht geduldiger mit ihr umgehen.“ Ermano dachte bereits weiter.

      „Warum hat sie überhaupt so viele Katzen? Weil sie nie nein sagen konnte, wenn ihr jemand eine gebracht hat. Wir brauchen nur dafür zu sorgen, dass nicht alle bei ihr bleiben. Bestimmt würde sie so manche Katze abgeben, wenn sie wüsste, dass sie in gute Hände käme“, überlegte Asgeida.

      „Das ist es!“, rief Satano. „So machen wir es!“

      Misstrauisch hatten die Eisluchse sie bis jetzt beobachtet. Aber plötzlich wurden sie unruhig und wandten sich ab.

      „Was hat das zu bedeuten?“, wunderte sich Asgeida.

      „Da ist etwas im Busch. Hört ihr? Die Nachbarn kommen wütend auf das Haus der Katzenmutter zu. Es ist zu spät! Was können wir tun?“, jammerte Jojotu.

      „Abwarten! Unsere Chance kommt noch.“ Babahu gab nicht auf.

      *

      Während die Magihexer sich beraten hatten, war es Herrn Ritter gelungen, voller Groll und Wut, die anderen Nachbarn aufzuhetzen. Mit Sack und Stock bewaffnet zogen sie zusammen zum Haus der Katzenmutter. „Der Katzenplage machen wir jetzt ein Ende!“, rief einer. Sie wiegelten sich gegenseitig auf. Nein, es reichte ihnen, jetzt gab es kein Pardon mehr, jetzt halfen sie sich selbst. So meinten sie.

      Nichts ahnend, noch immer traurig um die schöne Katze, die vergiftet worden war, stand die Katzenmutter in ihrem Haus und plättete einen großen Berg Wäsche. Schnurrend lag dabei ihre Lieblingskatze zu ihren Füßen, als es klingelte.