Dane Sunderland

Bad Boy Bodyguard


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nicht. Sie verschwindet nicht einfach: Sie wird zu Adrenalin und du wirst süchtig danach. Verrückt, oder?

      Nach meiner ersten Festnahme ließ man mich wieder laufen, da es mein erstes Vergehen und ich minderjährig war. Der Richter ermahnte mich, von jetzt an nichts Dummes mehr anzustellen und dass ich wieder zur Schule gehen sollte. Ich schwor ihm, dass ich genau das tun würde. Ich hatte Angst, meine Aufenthaltsgenehmigung zu verlieren. Aber sobald ich draußen war, rief ich Samir an.

      „Samir, ich bin raus. Wo treffen wir uns?“

      „Komm zum Club, Mirko. Die ganze Crew ist hier.“

      Also ging ich zum Club. Und alles begann von vorn. Es ging einfach weiter. Die Jungs rissen Witze über meine Festnahme, sagten, das sei mein „erster Stern“. Sagten, jetzt würde ich endlich erwachsen. Es fühlte sich an, als würden sie mich auf etwas Größeres vorbereiten. Mit 17 verkaufte und nahm ich selbst Drogen. Das Geld, das ich mit dem Dealen machte, reichte nie, weil ich es sofort wieder für Drogen für mich ausgab. Ich schlief bei Samir in einem Gästezimmer. Mir blieb nicht einmal genug zum Essen. Okay, verdient hätte ich genug, aber ich gab eben alles für Joints, Drogen, Alk und Girls aus.

      Ich musste noch irgendetwas Anderes machen.

      Da hatte ich eine Idee.

      Kurze Zeit später wurde ich bei einem Überfall auf einen Supermarkt erwischt. Noch bevor ich es durchzog. Der Überfall schien mir eine gute Idee. Geh rein, hau ab. Einfach und problemlos. Schnell gemachtes Geld eben. Samir hatte keine Ahnung von dem, was wir vorhatten; ich und ein anderer Kerl aus der Gruppe. Der Plan war wasserdicht. Dachten wir zumindest. Bis ich wieder als Minderjähriger verhaftet wurde, drei Monate einsaß und dann auf Bewährung rauskam. Wieder rief ich Samir vom Gefängnis aus an und er machte mir die Hölle heiß. Mit genau der Art von Flüchen, die ich nicht einmal übersetzen kann. Er war verdammt nochmal echt angepisst.

      Sobald ich dann aber wieder draußen war, ging ich zurück zu Samir. Bloß, dass er es diesmal ernst meinte. Er fing an, Heroin zu verkaufen und mit den Mexikanern auf der anderen Seite der Grenze zu arbeiten. Ich wurde seine rechte Hand, ging für ihn zu Treffen und machte Deals für ihn. Samir mochte mich und versuchte, so gut es ging für mich zu sorgen. Selbstverständlich fing ich bald darauf selbst auch an, Heroin zu nehmen. Zuerst nur zum Entspannen. Weil der Job so stressig war, musste ich abends echt irgendwie runterkommen, relaxen, chillen. In Wahrheit hatte ich nämlich eine Scheißangst und brauchte was, damit ich einschlafen konnte. Ich konnte nicht schlafen, weil ich die ganze Zeit bloß darauf wartete, dass die Bullen mich wieder erwischten. Verfolgungswahn, Angstzustände …der ganze Scheiß eben. Ich hatte die volle Palette. Du schläfst nicht wirklich, wenn du auf Heroin bist. H lässt dich bloß irgendwie dahingleiten. Du driftest zwischen Realität und Träumen dahin. Dir ist warm und wohlig. Du kannst alles loslassen: Nichts ist wichtig und nichts passiert. Alles ist bloß eine einzige beschissene gerade Linie, die irgendwann direkt in dein Aus führt.

      Schau, wenn du mit 17 so einen Scheiß machst und überlebst, wirst du erwachsen. Schnell.

      Mit 18 war ich komplett auf Heroin. Ich schoss es mir täglich, manchmal sogar mehrmals. Zu dem Zeitpunkt war ich schon Samirs Prüfer. Der, der den Stoff testet, bevor er auf in den Verkauf geht. Ohne es zu merken, war ich am absoluten Tiefpunkt angekommen.

      Dann, eines Tages, schaute Samir bei mir vorbei. Ich kann mich kaum daran erinnern. Mir ging es so dreckig, dass ich nicht aus dem Bett kam. Er schrie und brüllte und trat auf mich ein. Aber ich kam einfach nicht hoch. Alles, woran ich mich erinnere ist, dass ich das nächste Mal im Krankenhaus aufwachte. Samir hatte meine Behandlung organisiert, bezahlt und mich beim Entzug angemeldet.

      Ich hatte eine Überdosis genommen. Samir fand mich auf der Schwelle zum Tod. Und er half mir. Er hat mich immer wie Familie behandelt. Wir machten alles Mögliche zusammen und das werde ich ihn nie vergessen. Als selbst ich nichts von meinem Zustand bemerkt hatte, war er derjenige, der keine Mühen scheute, um mir zu helfen. Ich werde ihm nie vergessen, dass er mich nicht hat sterben lassen. Ja, stimmt schon, es gibt Leute, die würde sagen, dass ich ohne ihn ja auch nie abhängig geworden wäre. Doch so einfach ist das nicht. Wer weiß, was ohne ihn aus mir geworden wäre. Ich war zu stolz, um zu meinen Verwandten zurückzukehren und hätte weiß Gott von keinem Anderen Hilfe angenommen. Ich war verdammt nochmal ein Mann und überzeugt, dass ich alles alleine schaffe und niemanden brauche.

      Mit 20 war ich clean und sah Samir nie wieder. Ich hatte keine Ahnung, was ich mit mir anfangen sollte. Eine Zeit lang lebte ich auf der Straße. Vom Betteln! So viel zum Thema Stolz. Wenn du echt unten bist, machst du alles, von dem du immer gedacht hast, dass du so was nie tust. Taschendiebstahl, Lügen, kleine Raubüberfälle und eben Betteln. Wenn meine Heroinsucht der Tiefpunkt war, das hier war jenseits davon. Aber zumindest war ich nüchtern. Natürlich nicht aus freier Wahl, sondern weil ich es mir nicht mehr leisten konnte.

      Dann traf ich Leslie. Keine Ahnung, wie alt sie war, aber sie war ebenfalls obdachlos. Kam aus einer wohlhabenden Familie und wurde in der Highschool kokainabhängig. Fing an, Sachen aus dem eigenen Haus zu klauen und zu verhökern. Eines Tages wurde sie von ihrer Familie erwischt und zum Entzug geschleppt. Sie war stur, lief weg und lebte seitdem auf der Straße. Dann, als ich eines Morgens in unserer kleinen Ecke neben den großen Mülltonnen aufwachte, war Leslie tot. Sie schlief immer neben mir, normalerweise Kopf an Kopf, sodass wir einander warmhalten konnten. An diesem Morgen aber war sie starr, kalt und fast blau. Ich tastete nach ihrem Puls, doch sie hatte keinen mehr.

      Das gab mir den Rest.

      Es war an der Zeit, mein Leben neu aufzubauen. Ich entschied, nicht länger ein Weichei zu sein und endlich mit etwas Ehrlichem anzufangen.

      Nur was?

      Was macht ein Kerl, der schon den ganzen Mist durch hat? Du kannst nicht einfach im nächsten Jobcenter nach einer freien Stelle suchen. Nicht in den Staaten! In Europa vielleicht, aber nicht hier. Wer stellt schon einen obdachlosen Ex-Häftling und Ex-Junkie ein? Außerdem brauchte ich immer noch ein hohes Tempo, Stadt, Abwechslung. Wenn schon keine Drogen, dann Adrenalin, damit ich mich lebendig fühlen konnte. Logisch also, dass ich mich bei einer privaten Sicherheitsfirma meldete.

      Kapitel Zwei

      Sie nahmen mich sofort, ich bekam meine Lizenz und fing als Wachmann in Nachtclubs an. Am Anfang bist du niemand, ein kleines Nichts, bis du dich bewiesen hast. In dieser Welt frisst du oder wirst gefressen und ich war nicht bereit, jemandem auch nur ein Stück von mir zu lassen. Mein erster Job war in diesem kleinen gottverdammt versifften Club auf der schlechten Seite der Stadt. Alle möglichen verrückten Sachen gingen dort vor sich: Von Orgien über das Durchziehen und Verkaufen von Drogen mitten im Club bis hin zum Pornodreh. Anfangs durfte ich noch nicht am Eingang arbeiten, denn der Eingang ist nur für die Profis, also die, die sich schon bewiesen haben. Ich war drinnen, hatte alles im Blick und wartete nur darauf, meiner Wut Luft zu machen. Und dann passierte es. Einer von diesen schmierigen Wichsern packte einem Girl von hinten voll zwischen die Beine. Finger rein. Sie knallte ihm eine, aber er ließ nicht los, grapschte weiter. Aus meiner Hörmuschel kam: „Los, Mirko!“, und das war alles, was ich brauchte.

      Ich hab` mich auf den Scheißkerl gestürzt und ihn brutal zusammengeschlagen. Weil: Merk dir eins: Niemals, NIEMALS, behandelt man eine Frau ohne Respekt! Und ganz sicher nicht mit mir! Ich kam so krass drauf, dass ein paar andere Typen dazwischen gehen mussten. Nicht um mich zu schützen, sondern das Arschloch. Ich schlug ihn zu hart. Sie brachten ihn raus und wir haben ihn nie wiedergesehen.

      Das gerettete Mädchen zog ihren Mini zurecht, bedankte sich, nahm mich an der Hand und führte mich zur Frauentoilette. What the hell? Sie führte mich ohne große Worte in eine Kabine, zerrte mir die Hose runter und blies mir an Ort und Stelle einen.

      Und verfickt nochmal, was für einen!

      Fuck, die Braut hatte das echt drauf!

      In meinem Ohr hörte ich die Jungs: „Wohoo, Markos erstes Fräulein in Not! Kann die was? Aussehen tut sie ja nicht schlecht …“- und so weiter und so fort. Ich musste grinsen, während die