Cathy McAllister

Stranded with You


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Schloss mit einem großen Schlüssel, der an einem Band um seinen Hals hing. Sollte der Bastard jemals wieder an seine Zelle kommen, würde Rick versuchen, den Schlüssel zu ergattern und sich aus dem Loch hier zu befreien. Er könnte über Bord springen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie nah zur Küste fuhren war relativ groß und wenn nicht, so war es immer noch besser zu ertrinken, wie ein Seemann, als wie ein Pirat zu hängen.

       Laura

      Obwohl Laura den Gefangenen seit der Abreise von Antigua nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte, kreisten ihre Gedanken ständig um ihn. Jedes Mal, wenn sie sich die kurze Begegnung ins Gedächtnis rief, schlug ihr Herz wie verrückt. Sie fragte sich, wie es ihm wohl ergehen mochte. Brachte man ihm etwas zu Essen in seine Zelle? Hatte man ihn geschlagen, vielleicht sogar misshandelt? Was hatte er verbrochen? Was für eine Strafe erwartete ihn? Ein Bild tauchte vor ihrem geistigen Auge auf. Der unheimliche Fremde baumelte leblos an einem Strick. Eine grauenhafte Vorstellung, die ihr ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend bescherte.

       Sei nicht albern, Laura! Dieser Kerl hat den Tod sicher mehr als verdient! Wer weiß, wie viele unschuldige Frauen und Kinder der Verbrecher auf dem Gewissen hat? Du solltest keinen Gedanken an so einen Unhold verschwenden!

      Doch so sehr sie auch versuchte, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen, ihre Gedanken kehrten stets zu dem Gefangenen zurück.

      Es klopfte an der Tür.

      „Miss Oakfield?“

      „Ja, einen Moment!“, antwortete Laura und erhob sich von ihrer Koje, um die Tür zu öffnen.

      Einer der Schiffsjungen stand in dem schmalen Gang.

      „Wir werden von Delfinen begleitet. Captain Wicker dachte, dass Mylady es vielleicht gerne sehen möchten.“

      „Oh! Ja, natürlich! Ich komme.“

      Laura ergriff ihren Sonnenhut und eilte aus der engen Kabine. Sie folgte dem Jungen die Leiter hinauf an Deck. Einige Matrosen standen an der Reling, um die Delfine zu beobachten. Auch Laura gesellte sich zu ihnen. Die putzigen Tiere sprangen aus dem Wasser, als führten sie Kunststücke auf. Laura lachte vergnügt. Sie hatte nie zuvor etwas so Wundervolles gesehen. Sie musste an ihren Vater denken. Er hätte dieses Schauspiel ebenso sehr genossen wie sie. Plötzlich wurde ihr das Herz schwer. Sie vermisste ihre Eltern, ihren Vater jedoch ganz besonders. Sie waren sich sehr nah gewesen. Nachdem ihr älterer Bruder im Alter von sieben Jahren an einer Lungenentzündung gestorben war hatte ihr Vater seine ganze Aufmerksamkeit seiner Tochter geschenkt. Er hatte sie verwöhnt. Sehr zum Missfallen ihrer Mutter, welche die Meinung vertreten hatte, eine junge Lady sollte vor allem Bescheidenheit und Demut lernen.

      Nach und nach verschwanden die Delfine. Der kurze Moment des Glücks war vergangen. Wenn sie doch nur frei und unbeschwert wie die Delfine sein könnte. Stattdessen rückte ihr Schicksal immer näher. Bald würden sie Jamaika erreicht haben, und dann war sie dem Wohlwollen eines ihr völlig fremden Mannes ausgeliefert, der über ihr Leben bestimmen würde. Wäre sie ein Mann, dann würde sie sich in irgendein Abenteuer stürzen. Vielleicht eine Weltreise. Oder sie könnte nach New York gehen und einen der berüchtigten Gentlemen Clubs besuchen. Sie würde im Glücksspiel viel Geld gewinnen und sich eine Farm im wilden Westen kaufen um dort Pferde zu züchten.

       Laura Oakfiel! Du bist kein Mann, sondern eine Frau! Hör auf mit diesen dummen Tagträumen, die zu nichts führen. Du wirst dein Schicksal ebenso wenig bestimmen können, wie du dein Geschlecht ändern kannst!

       Kapitel 2

      

       Laura

      

      Laura erwachte aus einem unruhigen Schlaf. Es war dunkel, also musste es noch mitten in der Nacht sein. Was hatte sie aufgeweckt? Etwas schien nicht recht. Ihr Magen fing an zu rebellieren, und sie wurde gewahr, dass das Schiff stark schlingerte. Sie hatten ein paar heftige Winde während der Überfahrt gehabt, doch dies hier war schlimmer. Ein Krächzen ging durch das Schiff, dann legte es sich so stark zur Seite, dass sie aus der Koje fiel. Mit einem Schrei landete sie auf dem Boden. Sie rappelte sich stöhnend auf und wäre beinahe erneut gestürzt, als sich das Schiff hart in die andere Richtung neigte. Sie konnte jetzt Schreie und hektische Schritte über sich vernehmen. Die Mannschaft musste bei dem Sturm alle Hände voll zu tun haben. Sicher war es nicht ratsam, gerade jetzt an Deck zu gehen. Erstens wäre sie den erfahrenen Seeleuten dort nur im Weg. Zweitens war es viel zu gefährlich. Sie könnte über Bord gehen, oder ein herabstürzender Mast könnte sie treffen. Ihr blieb nichts anderes übrig, als in ihrer Kabine abzuwarten, bis der Sturm abflaute.

       Doch was, wenn das Schiff sinkt? Es gibt zwei Rettungsboote, doch wenn ich hier unten allein bin, dann verlassen sie vielleicht ohne mich das sinkende Schiff?

      Unschlüssig stand sie in der Kabine, sich mit beiden Händen am Pfosten ihrer Koje festhaltend. Was sollte sie tun?

       Es kann nicht schaden, wenn ich mich erst einmal ankleide. Falls wir das Schiff verlassen müssen, bin ich bereit und muss nicht wertvolle Zeit verschwenden – oder gar in meinen Unterröcken fliehen.

      Ein wenig beruhigter dadurch, dass sie einen Plan hatte – zumindest einen vorläufigen – machte sie sich daran, ein Kleid aus einem ihrer Reisekoffer zu wühlen. Es war gar nicht so einfach, sich bei dem ständigen auf und ab anzuziehen, noch dazu ohne Hilfe einer Bediensteten, doch sie schaffte es irgendwie. Sie hatte ein Kleid ausgewählt, dass nicht im Rücken geschlossen wurde. Es war aus mitternachtsblauer Baumwolle mit Satineinlagen und silberner Stickerei.

       Schuhe! Ich brauche Schuhe!

      Hastig öffnete sie den Deckel einer anderen Truhe und kramte darin herum. Nichts mit hohem Absatz. Das würde sie bei dem Wellengang nur aus dem Gleichgewicht bringen. Sie fand ein paar robuste Stiefel mit flachem Absatz, die zwar ein wenig zu plump für das Kleid wirkten, ihr jedoch den Umständen entsprechend praktischer erschienen, als die für das Kleid gedachten halbhohen Stiefeletten. Als Tante Jane ihr die klobigen Stiefel gekauft hatte, war Laura alles andere als begeistert gewesen. Sie waren einfach kein bisschen elegant. Doch Tante Jane hatte gemeint, dass sie auf der Plantage ein paar robuste Stiefel gut gebrauchen könnte. Gute Tante Jane. Nun machte sich die Anschaffung wirklich bezahlt.

      Erneut warf sich das Schiff stark auf die Seite und Laura befürchtete für eine Schrecksekunde, dass es vollends umkippen würde, doch dann schwang es urplötzlich in die andere Richtung, und Laura verlor erneut den Halt. Mit einem Aufschrei fiel sie zwischen Koje und den Reisekisten, welche zum Glück mit Seilen an der Kabinenwand befestigt waren. Ohne diese Befestigung würden sie jetzt wie Geschosse durch den kleinen Raum rutschen.

      „Autsch!“, jammerte Laura.

      Sie hatte sich die Seite an einer der Kisten gestoßen und der Schmerz ließ sie keuchend nach Luft schnappen. Sie blickte an ihrer Seite hinab und bemerkte einen langen Riss im Kleid.

      „Verflixt! Das auch noch! Jetzt kann ich mich auch noch umziehen!“

      Sie rieb sich die schmerzende Seite und begutachtete den Riss. Nun, zumindest ihre Unterröcke waren heil geblieben. Sie würde einfach damit leben müssen. Sich die Strapazen des Ankleidens noch einmal zuzumuten, danach stand ihr jetzt nicht der Sinn.

       Rick

      Rick spürte den herannahenden Sturm schon ehe das Schiff anfing zu schlingern. Er hatte es irgendwie in den Knochen. So viele Jahre auf See hatten seine Sinne vollkommen auf die Launen des Meeres eingespielt.

      Der Schnarchsack von einem Wachposten schien dagegen nichts als Rum in seinen morschen Knochen zu haben. Erst als der Seegang so stark wurde, dass sich das Schiff hart auf die Seite legte, erwachte der Idiot. Fluchend stolperte er auf die Beine, nur um sofort das Gleichgewicht zu verlieren. Der Mann wurde gegen den Gitterkäfig geschleudert. Rick, immer achtsam auf eine günstige Gelegenheit wartend, reagierte