Annette Kautt

Flupp!


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seit heut’ ist auch mein Freund dabei

       mit ihm gibt’s Ruhm und Geld wie Heu,

       ich trage ihn jetzt übern Berg,

       zu Abenteuern, Kind und Zwerg

       auf meinen zarten, schlanken,

       flugsichren Hinterpranken

      Betrüger-Schorschi ließ den Torwart los und ließ sich auf einen freien Stuhl fallen. Bei der letzten Strophe schlug er die Hände vor dem Gesicht zusammen und weinte.

      Er schluchzte so laut und hemmungslos, dass die anderen ganz still wurden und betreten zur Seite schauten.

      Emily sagte: „Das ist doch nur das blöde Echo! Und wie immer kommt es zur falschen Zeit. Jetzt hat es mir mein ganzes Schauspiel versaut!“

      „Aber mir das Leben gerettet!“ sagte der Torwart und rieb sich seinen Hals. „Ich für meinen Teil werde nie wieder etwas gegen das falsche Echo sagen.“

      „Warum kommt das falsche Echo nicht dann, wenn man es ruft, sondern wenn es will?“ fragte Rossi erstaunt.

      „Es stammt aus einem schlechten Comic!“ sagte der Torwart.

      „Man hätte es nie reinlassen sollen!“ sagte Emiliy giftig. „Du bist zu gutmütig. Man sollte dich als Torwart absetzen! Ich hätte auch schon einen supertollen Anwärter für den Posten.“

      „Das falsche Echo hat mir das Leben gerettet“, wiederholte der Torwart.

      „Und der Typ, den du jetzt reingelassen hast, ist auch nicht besser“, sagte Emily und zeigte auf Betrüger-Schorschi. Er war inzwischen eingeschlafen und schnarchte leise vor sich hin.

      „Mit dem hast du doch deinen Spaß gehabt“, sagte der Torwart.

      „Eben! Gehabt!“ sagte Emily. „Golem sollte Torhüter sein.“

      „Der ist doch längst eingestampft worden!“ sagte der Torhüter. „Außerdem weißt du ganz genau, dass ich mir den Job hier nicht selbst ausgesucht habe. Wenn es nach mir ginge, säße ich jetzt in Urban und würde mir die Füße von Nylon-Fäden kitzeln lassen!“

      „Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein“, sagte die Flupppuppe kurz angebunden. Sie zog ihre Beine aus dem Fenster und flog davon.

      „Jetzt hast du sie vertrieben!“ klagte der Torwart. „Jetzt kommt sie nie wieder!“

      „Du hast sie vertrieben!“ sagte Emily. „Mit deinem Gerede über Nylon-Fäden und kitzlige Füße.“

      „Gestatten?!“ machte sich Rossi bemerkbar. „Ich ziehe es vor, jetzt zu gehen. Wenn Sie mich brauchen, finden Sie mich nebenan.“

      Er stand auf, lüftete seinen Hut und ging in seine Höhle.

      „Ich werde mich auch schlafen legen“, sagte der Torwart zu Emily. „Und für dich wäre es eindeutig an der Zeit, nach Hause zu gehen!“

      Der Torwart räumte den Tisch ab, spülte das Geschirr und legte sich auf die Holzpritsche. Nach wenigen Minuten war er eingeschlafen.

      Emily ging nicht nach Hause. Sie rückte ihren Stuhl vor den Höhleneingang und schaute hinaus in die Dämmerung. Sie beobachtete den Schatten, der immer größer und größer wurde und schließlich den ganzen Berg verdunkelte.

      Es war Nacht.

      Emily war in ihrem Element.

      Diät

      Nach einer ruhigen, ereignislosen Nacht, schickte die Sonne ihr erstes fahles Licht auf die kalten Steine. Zeit zum Schlafen, dachte Emily und gähnte.

      Da zerriss ein Schrei die Stille. Nach einer kurzen Pause folgte ein zweiter und ein dritter Schrei. Dazwischen schluchzte eine Kinderstimme.

      Und mit einem Mal wusste Emily, wer da schrie: Das Baby!

      Es schrie offensichtlich so laut, dass man es sogar bis zur Höhle des Torwarts hören konnte!

      Sicher würden die anderen bald von den Schreien geweckt werden und mitbekommen, was Betrüger-Schorschi mit seiner Diät angerichtet hatte!

      Emily feixte. Das Baby schrie wirklich herzzerreißend.

      „Ontel Schoschi!“ schrie es. „Ontel Schoooooooschi!“

      Es war richtig gewesen, hier zu bleiben. Der Tag versprach spannend zu werden. Sehr spannend.

      Emily dehnte sich und ging raus auf den Felsvorsprung.

      Als erstes kam das kleine, rot bemäntelte Männchen aus seiner Höhle gelaufen.

      „Kann es sein, dass da ein Baby schreit?“ fragte das Männchen.

      „Das Baby schreit!“ sagte Emily und grinste. „Es sehnt sich offensichtlich nach dem lieben guten Onkel Schoschi!“

      „Ontel Schoschi Bei holen! Bei holen, dann wieder kommen!“

      „Bei?“ fragte Herr Rossi. „Was denn für ein Bei?“

      „Keine Ahnung“, sagt Emily. „Vielleicht ein Beil?“

      „Brei!“ korrigierte sie Betrüger-Schorschi.

      Er war unbemerkt zu den anderen getreten und sah aus wie immer. Offensichtlich hatte er die seltsame Soße unbeschadet überstanden.

      „Ich hatte dem Baby Brei versprochen.“

      „Haben Sie gestern nicht von Schokolade gesprochen?“ fragte Herr Rossi irritiert.

      „Stimmt“, sagte Betrüger-Schorschi schnell, „Schokoladenbrei!“

      „Schoschi spicht, hält er auch!“ rief es über die Berge.

      Die Akustik in diesen Bergen war unglaublich, dachte Betrüger-Schorschi. Obwohl sie meilenweit von dem Baby entfernt waren, hörte man das Baby schreien. Oder war das wieder nur das falsche Echo?

      Der Torwart kam aus der Höhle gelaufen und horchte.

      „Und jetzt?“

      „Jetzt wäre ein Frühstück angemessen!“ sagte Betrüger-Schorschi unbeeindruckt.

      Er ging in die Höhle und machte sich an dem Herd zu schaffen.

      Das Baby schrie noch ein, zwei Male laut nach Onkel Schoschi. Dann war es still.

      „Wenn das mal gut geht!“ sagte der Torwart. „Spätestens heute Mittag wird es wieder mit Steinbrocken schmeißen.“

      „Und wenn schon“, sagte Emily. „Wenn es uns zu viel wird, liefern wir Betrüger-Schorschi einfach dem Baby aus. Wer uns die Suppe einbrockt, muss sie auch auslöffeln.“

      „Die Leute von drüben passen einfach nicht zu uns“, sagte der Torwart.

      „Wer passt schon zu uns!“ sagte Emily. „Du etwa?“

      „Wo sind eigentlich deine Katzen?“ lenkte der Torwart ab.

      „Zu Hause“, sagte Emily. „Denen ist hier die Luft zu dünn!“

      „Frühstück!“ rief Betrüger-Schorschi aus dem Höhleneingang.

      Alle setzten sich an den Tisch und Betrüger-Schorschi präsentierte stolz seine neueste Kreation: Wassergurke auf gerösteten Haferflocken, dazu Nussschaum und geraspelte Karotte. Er hätte es selbst nicht für möglich gehalten, aber es war ihm tatsächlich gelungen, aus den wenigen Zutaten eine köstliche Mahlzeit zuzubereiten.

      „Ihh!“ sagte Emily.

      „Oh!“ sagte der Torwart.

      „Es ist zwar nicht viel, aber wenigstens etwas!“ sagte Herr Rossi und kostete tapfer. Nach dem ersten Bissen rief er erstaunt aus: „Lecker! Wirklich lecker!“

      Nun probierte auch der Torwart.

      „Erstaunlich,