Joachim Theisen

König Artus


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keiner der Edlen darin ausgleite, kehrt die Gesellschaft fröhlich ins Zelt zurück, wo Keie, der Truchsess, sie schon mit abermals knusprigem Braten empfängt, wenn auch einige Damen bei „knusprig“ an manch anderes denken. Gwisains Kohedans der Schöne sitzt dort und genießt auch dieses.

      Doch Gott, der Allmächtige, der allem ein Ende gegeben, lässt auch jenes Mahl sich der Suppe nähern, die Artus, dem König, am Abend gereicht wird.

      Mit dieser Suppe verhält es sich so. Ausgiebige Mahle schlagen dem König sehr auf den Magen. Als Merlin nun eines Tages das königliche Rumoren bemerkte, bestellte er Artus, den König, in seiner Eigenschaft als Hofmedicus (neben dem Zauberer und dem Propheten nimmt er auch dieses Amt wahr) in seinen Keller, um ihm eine gründliche Untersuchung angedeihen zu lassen. Die Untersuchung war lang, das Ergebnis kurz: Der König leide vor allem an arthurischen Festen sehr unter der Schwere der Speisen, was - wie Artus gestand - sich häufig ebenfalls in düstren Gedanken äußere, dunkeln Vorsehungen und dergleichen mehr. Dies sei, schloss Merlin, sehr signifikant für einen Mann in seiner Position, doch brauche er sich darum keine Sorgen zu machen, denn er habe als Hofmedicus, der er schon bei seinem Vater gewesen, damit Erfahrung: Er solle, so lautete sein Rezept,

      das hier nun wieder in Versen geschrieben,

      wie’s uns ist im Gedächtnis geblieben,

      denn damals ist Reimen erlaubt gewesen.

      (Warum heute nicht, kann man vorne lesen.)

      Wir werden also nichts riskieren,

      wenn wir das Rezept zitieren.

      „‚Artus’, spricht Merlin, ‚beide Beschwerden

      müssen zugleich behandelt werden.

      Nicht nur das schreckliche Grimmen im Bauch,

      sondern die düstren Gedanken auch.

      Das ist nicht schwer, denn ich habe ein Mittel.’

      Damit greift Merlin in seinen Kittel

      und zieht mit seiner linken Hand

      einen Kohl heraus, den er darin fand.

      (Damals waren die Kohle noch klein.)

      Und natürlich tat Merlin ihn vorher rein,

      bevor er ihn Artus präsentiert,

      doch Artus, wie immer, applaudiert.

      Er hält das für reine Zauberkunst,

      und Merlin steigt in seiner Gunst.

      Er sollte bald noch höher steigen,

      doch erst muss er dem König zeigen,

      wie man aus diesem einfachen Kohl

      eine Suppe kocht, und zwar sowohl

      gegen des Bauches schreckliches Drücken

      als auch der finstren Gedanken Tücken.

      ‚Das ist ganz einfach. Ihr nehmt ein Messer -

      oder ein Schwert, das ist noch besser -

      am besten Ihr lasst’s Eure Köche machen,

      die verstehen sich ja auf solche Sachen

      und können Einmischung ohnehin nicht leiden,

      die sollen ihn in Stücke schneiden,

      und dann hinein in einen Topf -

      jawohl der ganze kohlige Kopf,

      so groß wie ‘ne Faust muss er schon sein,

      und Wasser in den Topf hinein,

      und dann muss das Ganze ordentlich sprudeln -

      ja, in etwa wie bei Nudeln,

      und dann wird das Ganze heiß geschlürft -

      nein, auf keinen Fall: Ihr dürft

      nichts anderes dazu mehr essen,

      sonst könnt Ihr das Ganze gleich vergessen!

      Ich verspreche Euch, mit dieser Speise

      habt Ihr auf angenehme Weise

      Eure Beschwerden bald verloren.’

      ‚Lasst mich ein wenig weiter bohren’,

      sagt der König wissbegierig,

      ‚das klingt alles gar nicht schwierig.

      Doch grade bei diesen einfachen Dingen

      frag’ ich, ob sie so einfach gelingen,

      und komme dabei natürlich ins Grübeln -

      Ihr mögt mir das bitte nicht verübeln.

      Eins will ich wissen, antwortet wahr:

      Ist vielleicht in der Suppe ein Haar,

      und Ihr wollt es mir nicht sagen?

      Sprecht, ich kann die Wahrheit ertragen.’

      Merlin kaut an der Fingerkuppe.

      ‚Ein Haar ist wirklich in der Suppe.

      Wie konnte ich Eure Intelligenz

      so unterschätzen, Exzellenz?’

      Und dann gesteht er den Nachteil ein

      seines Rezepts gegen des Königs Pein.

      Er betont noch einmal, wie der Kohl

      sich auswirkt auf des Königs Wohl,

      nicht nur unten, sondern auch oben,

      insofern sei er durchaus zu loben.

      ‚Doch der Haken, das ist der -

      liebt Euch eigentlich Ginover?’

      ‚Was hat das damit zu schaffen?

      Sprecht schon: macht Euch nicht zum Affen!’

      Merlin, bedrängt von dieser Mahnung

      - Artus hat wirklich keine Ahnung -,

      zappelt rum und hin und her,

      doch länger Warten geht nicht mehr.

      ‚Ich will es mal so formulieren:

      Ihr werdet heftig flatulieren.’

      ‚Sagt mal: warum redet Ihr

      so fremdwörterisch mit mir?

      Ihr nehmt doch sonst kein Blatt vors Maul,

      was ist an dieser Suppe faul?’

      (Das ist tatsächlich sein Vokabular!)

      Merlin wird endgültig klar,

      dass ihm nun gar nichts mehr nützt,

      und auf seinen Tisch gestützt,

      berichtet er dem König leise

      die Folgen dieser Suppenspeise,

      bringt ihm die Nebenwirkung bei,

      von der sie leider nicht ganz frei.

      ‚Ihr werdet, Eure Majestät,

      eine neue Qualität,

      und nicht nur Ihr werdet sie finden,

      in Euren königlichen Winden.’

      (Merlin stottert, was erwartbar,

      er zupft sich am Kinn, an einem Barthaar.)

      ‚In so einem königlichen Wind,

      müsst Ihr bedenken, darin sind,

      nachdem Ihr von der Suppe genossen,

      darin steckt alles, was Euch verdrossen.

      Darin sind, ich muss das betonen,

      und deshalb tun sich die Winde lohnen,

      alle Eure Nöte verborgen,

      die gedanklichen wie auch die bäuchlichen Sorgen.

      Und deshalb sind sie zu empfehlen,

      doch lassen sie sich kaum verhehlen.

      (Merlin spricht als Mediziner,

      nicht mehr als des Königs Diener.)

      Die Königin wird sich wohl beklagen,

      wenn