Joachim Theisen

König Artus


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wenn so ein Wind das Zimmer durchweht

      oder sich brfeit macht unter den Decken,

      wird es die Königin erschrecken,

      und sie wird die Nase kräuseln,

      wenn solche Winde sie umsäuseln.

      Im Großen und Ganzen reagiert

      sie höchstwahrscheinlich distanziert.

      Denn was Euch im Innern nicht behagt,

      darüber man auch außen klagt.

      Was ist Euch lieber? Ihr müßt entscheiden,

      Ihr habt die Wahl zwischen beiden:

      entweder die Qualen bleiben

      oder ich werde die Suppe verschreiben,

      dann müßt Ihr auf Ginover bauen

      und auf ihre Liebe vertrauen.’

      Damit schweigt Merlin erst einmal

      und wartet auf des Königs Wahl.

      Was macht der König? Der König lacht!

      Das hätte Merlin nicht gedacht,

      der kaum noch seinen Augen traut,

      der König, der lacht richtig laut!

      Erst nach einer Weile Prusten

      und vor lauter Prusten Husten

      sagt der König jovial:

      ‚Das ist wirklich zu banal!

      Was seid Ihr, Merlin, für ein Tor?

      Sagt mal, was, meint Ihr, geht vor:

      Ob ich ein gesunder König bin

      oder die Nase der Königin?

      Es gibt nun mal keinen gesunden Staat,

      wenn der König Beschwerden hat. -

      Damit Ihr Euch nicht den Kopf zerbrecht:

      Euch kann ich’s ja sagen, wenn Ihr versprecht,

      es nicht gleich rumzuposaunen:

      Ihr würdet ehrlich staunen,

      wenn Ihr wüsstet, was bei Nacht

      Ginover mit mir alles macht

      und ich mir ihr. Wir lieben uns ehrlich.

      Die Suppe wird uns nicht gefährlich.

      Her mit dem Ding, und zwar tout de suite,

      ich mein’ den Kohl, ich nehm’ ihn mit.’

      Bis hierher diese Rückblende,

      Gänsefuß oben, Zitatende.“

      Das Ende der Mahlzeit naht heran, und Ginover sieht mit unterschiedlichen Empfindungen in ihrem Herzen der Suppenschüssel entgegen. Die Unterhaltungen stocken bereits, da betritt Keie, der Truchsess, den Saal, schleicht sich unbemerkt (unbemerkt will er bleiben, doch er stößt mit dem Fuß gegen den Schoßhund der Königin mit dem Schoßhund und schleudert ihn - er ist in Eile - in den Schoß der Königin mit dem Schoßhund, deren „Huch“ nicht ungehört bleibt), aber ansonsten unbemerkt schleicht sich Keie an Artus heran und flüstert ihm ungefähr Folgendes in das königliche Ohr: „Schlechte Nachrichten aus der Küche. Der Kohl ist zur Neige.“ Artus, zornig wie damals am Grenzfluss Malzide, an jener Stelle, die heute noch den Namen Verlorene Brücke trägt, springt auf und schlägt mit dem Edelstein besetzten Pokal auf den Tisch. „Der Kohl ist zur Neige?“ ruft der König laut, mit fragender Stimme. „Was hat das zu sagen?“ „Es gibt keinen Kohl!“ antworten die versammelten Könige, Herzöge und Ritter sogleich.

      „Wer, Keie, liefert den Kohl?“ ruft Artus.

      Keie hingegen, der so was im Kopf hat, antwortet ohne Zögern: „Das sind folgende sieben: Leusigan vom Kornfeld bei der Wegscheide Misoltis, Salifor mit den rauen Händen aus dem Unwirtlichen Reich mit den drei Heiden, Turlaharz im Langen Weiler, Schlandine die Ungewisse, Herrscherin in der Stadt mit den sieben Toren, Krun ohne Barmherzigkeit in der Stadt Flokenis, Prosidis, Sohn des unfruchtbaren Königs aus Panis und dessen Erbe, und Schampflitrates aus dem Land mit dem Jammervollen Wald - diese sieben, o Artus, sind die sieben Kohllieferanten. Gewähre mir die Gnade und lass sie mich bekriegen.“ So spricht Keie, der Truchsess.

      Doch Artus, der König, ruft Merlin, den Zauberer, herbei, er gebietet der raunenden Runde Schweigen und spricht: „Was hast du, Merlin, über diese mir zu berichten?“

      Und Merlin, der Zauberer und Prophet, dem es gegeben ist, in die Ferne zu schauen, erhebt seine Stimme und spricht: „Mein König Artus, es steht, wenn ich recht sehe, schlecht um deinen Kohl, denn höre: Leusigan mit dem Beinamen der Eigenwillige veranstaltet gerade an seiner Wegscheide das in Zukunft sehr traditionelle und hoch beliebte Kohltreten von Misoltis; Salifor jedoch wurde von übel meinenden Kollegen (übel meinend dir gegenüber, während es Kollegen von mir sind) vorgemacht, dass Kohl das rechte Mittel gegen seine rauen Hände sei, und in der Tat, muss ich sagen, da liegen sie nicht falsch, denn Kohlblätter, ordentlich gespalten und gesotten, können in dieser Hinsicht Wunder wirken, was ihnen vor allem Januse, die Gattin, danken wird; Turlaharz im Langen Weiler hat vor Jahresfrist Clambode dem Kleinen eine Prinzessin geraubt, und da sein Hof selbst noch klein und erst im Wachsen begriffen ist, müssen die Bauern von den Kohlfeldern ihm in Ermangelung tüchtiger Ritter, beim Erzählen seiner Aventiure Gesellschaft leisten und vergessen dabei die Arbeit am Kohl; Krun ohne Barmherzigkeit kennt keine Barmherzigkeit und hat, nachdem er von deinen königlichen Beschwerden vernommen, den Kohl einfach für sich behalten; Prosidis stellt sich darauf ein, sich zu vermählen und will den Kohl seines Landes servieren bei der Hochzeit in der Neuen Burg, zur Freude seiner Gäste. Alle diese fünf haben sich in schändlicher Weise gegen den arthurischen Brauch der abendlichen Suppe vergangen. Nicht so die Königin Schlandine, deren Stadt von Halamunt dem Hässlichen belagert wird, da sie ihm erst eine Zusage gab auf ehelichen Beischlaf, diese jedoch, nachdem sie seiner ansichtig geworden, wieder zurückzog. Halamunt ist es, der die Kohlfelder der Stadt verwüstet hat, und das ist nun Monate her.“

      „Und was“, spricht der König, „ist mit Schampflitrates?“

      „Du solltest einen Ritter hinschicken. Die ersten fünf aber, will ich vorher bemerken“, fährt Merlin fort, „sind allesamt von der Einladungsliste zu diesem Fest gestrichen gewesen, du weißt schon warum. Schampflitrates nun, um zu diesem zurückzukehren, kämpft gegen den Drachen im Jammervollen Wald, und dieser fordert den Kohl, du verstehst, zur Anfeuerung seines inneren Feuers. Damit sind alle sieben Fälle geklärt, das Handeln liegt nun an dir“, schließt Merlin seine Rede.

      Da erhebt König Artus die Stimme und legt feierlich einen Schwur ab bei der Seele des Vaters Uterpandragon, dass er in zwei Wochen, das sind 14 Tage und die übliche arthurische Frist, mit großem Gefolge aufbrechen werde, um all diese Missstände zu beseitigen, denn das sei ganz eindeutig eine Provokation, spricht der König und verabschiedet sich ins Bett. Die Königin, Ginover, erleichtert für diesmal, ihm nach.

      Doch soll dies keine gute Nacht werden, weder für ihn noch wider Erwarten für sie. Denn wie die Suppe beide Beschwerden auf einmal bekämpft, so ruft das Ausbleiben derselben auch beide Beschwerden wieder hervor.

      Später, sagt Merlin, wird’s aber wesentlich schlimmer, darum sparen wir hier die Worte und auch den Platz auf dem Pergament, obwohl dessen Preise, wegen des Festes, bei welchem das Innere verspeist wurde, wieder gesunken sind.

      3

      Wie die Ritter vor der Zeit ausziehen, um die Artus angetane Schmach zu rächen, und wie sie fast alle beweibt wieder zurückkehren.

      Dieser Teil der arthurischen Geschichte nimmt bekanntlich erheblichen Raum ein. Aber wir müssen wiederum kürzen, wenn wir das nächtliche Drängen an den Stallungen richtig verstehen. Nicht nur weil Sapiens ad Portam Celestem gerade erst den Buchstaben E erreicht hat, sondern weil es nicht einer der Ritter ist, der vorzeitig aufbricht, die Aventiure zu bestehen, sondern gleich deren acht. Sie alle, die Neuen, ergreifen die Gelegenheit, sich schon bei dem ersten Feste unvergessen zu machen. Die Namen findet ihr vorne und später folgen sie einzeln. Nicht aber der des Gwisains Kohedans des Schönen, welcher vor allem den Damen