Elke Bulenda

Pariser Nächte


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verfolgt und getötet. Malfurion hat es auch erwischt«, erklärte ich ihm. Und warum waren meine Ohren so heiß? Nein, das hat nichts mit dem Gewissen zu tun, vielleicht war die Klimaanlage kaputt? »Nein, meine Hörner wurden nicht gestohlen, sie wurden mit einem Laserstrahl entfernt, als ich noch bewusstlos war. Sie wurden verödet und wachsen seitdem nicht mehr nach. Sal, oder Cornelius sieht eher aus wie ein ... wie ein leicht verrückter Hutmacher im Nadelstreifenanzug. Klar, wir sind die Guten und kämpfen gegen die ganz Gemeinen.«

      Cedric guckte mich an. »Oh, ein Vampir hat den Lord getötet! Witzig, ich dachte du wärst das gewesen, der den Seraphim getötet hat!«

      »Komisch, Cedric, das Gleiche habe ich auch gedacht!« Ein leichtes Augenverdrehen konnte ich mir nicht verkneifen. Doch jemand klopfte an die Tür und beinahe hätten meine Augen das Schielen beibehalten.

      *

      Iss mit einem Freund, aber mach keine Geschäfte mit ihm

      (Armenisches Sprichwort)

       »Warte, es hat geklopft«, meinte ich zu ihm und bewegte mich zur Tür. Waren meine Kontaktlinsen noch drin? Ja, ich hatte sie seit über 24 Stunden nicht mehr herausgenommen. Irgendwann wachsen sie mir noch an meinen Augäpfeln fest.

      Als ich öffnete stand Sal vor der Tür. Schnell zog ich die Tür hinter mir zu, damit ich in Ruhe ein paar Takte mit ihm reden konnte. Er nickte mir zu. »Ragnor, du bist ja wieder sehr gesprächig. Und wie ist der Zustand von Cedric?«

      Genervt verdrehte ich die Augen, diese blöden Sprüche gingen mir auf den Sack. »Du glaubst es nicht, wir haben ihn im Louvre gefunden, er war in einem Schaukasten ausgestellt. Er hat aber keinen Schaden genommen, jedenfalls nicht mehr, als er ohnehin schon einen hatte. Bei unserem Gespräch erfuhr ich, dass er ein paar Tage nach meinem Abgang die Biege gemacht hat und seitdem sich an nichts mehr erinnern kann. Du weißt, was das heißt, oder?«

      Doch das war eine rein rhetorische Frage, also ergriff ich wieder das Wort. »Bis er fit für die Außenwelt ist, braucht er Monate! Du kennst Cedric, er flippt aus, wenn er mit etwas konfrontiert wird, das ihm fremd ist.«

      Doch Sal lächelte wieder sein seltsames Lächeln. »Er wird schließlich kein Mitarbeiter, ich weiß da eine Lösung, mach dir keine Sorgen, sondern überlasse das einfach mir. Ich werde ihn auf mein Zimmer bringen und Amanda wird ihn untersuchen.«

      Wir wollten gerade ins Zimmer, als er mich noch einmal ansprach. »Sag mal, hast du Molly erzählt, ich sei ein Vampir?«

      Höchstwahrscheinlich glotzte ich wie ein Fisch, denn ich konnte nicht glauben, was mir zu Ohren kam. »Nein, ich habe ihr nichts erzählt, für wie doof hältst du mich? Du weißt doch, dass sie eine besondere Gabe hat. Ich habe jedenfalls kein Wort gesagt. Wieso?«

      »Na ja, sagen wir mal so, durch ihre Bemerkung hat sie sich eine Reise nach Paris erpresst. Sie ist hier. Aber sie wollte schlafen gehen, weil sie vom langen Flug total geschafft war.«

      … Na toll, jetzt war mein lästiger Vampir-Groupie auch noch hier! ...

      Gut, es wurde Zeit, wir konnten Cedric nicht so lange allein lassen, sonst fraß er noch den kleinen Brutus.

      Also ließ ich uns ins Zimmer und Sal grinste über alle Backen.

      »Hallo, Cedric! Kennst du mich noch? Ich bin so froh, dass du wieder da bist!«

      … Nun muss ich sagen, dass Cedric unseren Sal sehr gut kannte. Nachdem ich den Jungen aus der Festung in mein Haus am Fluss brachte, musste ich unverrichteter Dinge zurück an meinen Arbeitsplatz. Zu oft hatte ich mir schon Kapriolen geleistet, die meinem Arbeitgeber sauer aufstießen. Um den Jungen nicht unbeobachtet zu lassen, gab ich Cedric in Sals, alias Cornelius fürsorglichen Hände. Dieser kümmerte sich rührend um ihn, brachte ihm das Lesen, Schreiben und Rechnen bei. Sogar die Pflanzen- und Heilkunde, als auch die Idee des Humanismus unterbreitete er ihm. So integrierte er Cedric in seine Jungvampir-Schule. Selbst dessen Dämonenhunger bekam der Heiler ganz gut in den Griff ...

      »Cornelius! Oh, ich freue mich ja so! Deine Haare sind ja ganz dunkel!«, rief der Junge aus, machte einen Satz aus dem Bett, begrub den kleinen Brutus unter der Bettdecke und bestürmte Sal, den er heftig umarmte. Oder ihm eher in die Arme fiel, denn der Junge hatte schon ordentlich einen im Tee.

      Sal konnte wirklich froh sein, dass Cedric ihm nicht auch noch durch das Gesicht schlabberte.

      »Oh, Hilfe! Danke, mir geht es gut, aber bitte nenne mich doch Sal, das ist einfacher. Ja, mein Haar trage ich jetzt dunkel, das Grau macht mich so alt!«, lachte Sal und wurde von Cedric durchgewalkt wie ein Stück Wäsche. Sal war schwer gerührt.

      »Komm, Cedric. Wir gehen auf mein Zimmer. Hab keine Angst. Ragnor begleitet uns, damit dir nichts passiert. Ich werde dir alles erklären.«

      Schnüffelnd sog Sal die Luft ein und ließ einen schnellen Blick durch Zimmer schweifen. »Ragnor! Du hast dem Jungen doch nicht etwa Alkohol gegeben?«

      »Klar, dann ist er wenigstens nicht so aufgekratzt und will den Hund fressen. Sein Dämonenhunger vergisst er dann auch, also was ist schon dabei? Und wenn er schon nicht wie ein Erwachsener bumsen kann, lass ihn wenigstens wie einen saufen!«

      Mein Boss war sehr verärgert und schüttelte den Kopf. »Wie kannst du einem Kind Alkohol geben? Wie oft habe ich dir gesagt, dass im Dienst kein Alkohol getrunken wird. Vergiss nicht, du bist hier immer im Dienst!«

      Gelassen zuckte ich mit den Schultern. »Geht klar, Cornelius, äh Sal!«, salutierte ich und grinste mir eins.

      Zweifelsohne hätte Sal mir liebend gern länger eine Ansprache gehalten, doch er musste sich auf Cedric konzentrieren. Unser Pflegefall war sehr verunsichert und schwer angetrunken, als wir den Flur betraten. Ich ebnete ihnen den Weg zu Sals Suite. Leibwächtern kann ich nämlich bestens.

      Nachdem Sal die Zimmertür öffnete, bat er Cedric hinein. Brutus, der diesen seltsamen Umzug wie ein Paradepony begleitete, nahm schon Kurs aufs Zimmer, doch ich rief ihn bei Fuß. Barbiel wollte Brutus abholen und wenn er das tat, sollten Cedric und Sal nicht gestört werden.

      Sal wuchtete einen Koffer auf das Bett. »Hier Cedric, ich habe dir passende Sachen zum Anziehen mitgebracht, Schuhe sind auch dabei. Die Klamotten von Ragnor passen dir wirklich nicht besonders gut. Außerdem hat er dich viel zu warm eingepackt.« Während sich beide am Koffer zu schaffen machten, zog ich mich zurück. Nickend verabschiedete ich mich von den beiden. »Gut, ich lasse euch dann mal allein, ich muss noch einen Bericht schreiben. Ich sehe später noch einmal nach euch.«

      Sal sah auf und nickte zurück. »Ja, mach das. Und bitte achte mal ein wenig auf deine Ausdrucksweise, sonst kann niemand deinen Bericht lesen, ohne rote Ohren zu bekommen. Überhaupt gehören solche Ausdrücke wie: "Dämlicher Bananenbieger ", oder "Glatzenföner " nicht in einen Bericht! Hebe dir das für dein Schimpfwörter-Lexikon auf!«

      »Du willst mich wohl kastrieren!«, brummte ich und schloss die Tür.

      »Wir sehen uns!«, hörte ich Cedric brüllen.

      Ja, wenn Amanda ihn untersuchte, dann würde ich noch einmal einen Blick auf ihre äußerst ansehnliche Kehrseite werfen. So trollte ich mich mit Brutus, und wie der Zufall es so wollte, kam mir der herausgeputzte Frack-Engel entgegen.

      »Hallo Brutus, hallo Ragnor. Schön euch zu treffen. Hier, das ist für dich!«

      Wieso begrüßt er die Töle eigentlich immer zuerst? Scheiß drauf. Und was hatte er mir da mitgebracht?

      »Du hast wohl einen Knall! Eierlikör? Das ist doch nur etwas für Lesben und Tucken! Ach, egal, gib her! Du solltest nochmal mit dem Hund raus, er hat vorhin ein riesige Steak weg gespachtelt.«

      »Na ja, Eierlikör, wegen deines Witzes, den du über tanzende Hühner gerissen hast. Du sollst Brutus nicht immer so ein Zeug zum Fressen geben!«, meinte der Engel vorwurfsvoll.

      »Ach so, deshalb. Ich dachte schon, der Eierlikör wäre aus selbst gelegten Eiern von dir, du sieht nämlich in diesem Anzug wie ein