Robert Klotz

Sünder


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       Impressum neobooks

      Kapitel 1

      „Genau so. So ist’s brav.“

      Die alte, seit Jahren gebrechlich wirkende Stimme hatte einen Tonfall der Belustigung angenommen. Vergnügt schaute der alte Mann hinunter auf das weiße Fleisch und die sich nun langsam abzeichnenden, roten Linien.

      Der Gürtel, den der Mann in seiner Hand hielt, war schon seit Jahren sein treuer Begleiter. Stets dabei, wenn er der Jugend wieder einmal Respekt und Manieren beibringen musste. Heute, an diesem Frühlingsabend, war wieder so eine Gelegenheit zutage getreten.

      Johann, einem der jüngsten Messdiener, mussten mal wieder die Grenzen aufgezeigt werden. Er hatte es gewagt, ihm zu widersprechen, und das war eine der schwersten Sünden, die man in diesem Alter begehen konnte.

      Das Kind hatte aufgehört zu weinen und schluchzte nur noch leise vor sich hin, während die Striemen immer definierter wurden.

      Zufrieden mit seinem Werk ließ sich der alte Mann zurück in seinen großen Ledersessel fallen und nahm eine der Zigaretten aus seinem persönlich gravierten Etui. Auch Johann begann sich wieder zu bewegen und machte Anstalten, vom Tisch zu rutschen, was ihm aber einen weiteren Hieb, diesmal mit der Gürtelschnalle, einbrachte.

      „Du bewegst dich erst, wenn ich es dir erlaube!“, herrschte ihn er ihn an und der Junge erstarrte.

      Er zog gemütlich an seiner Zigarette, in Erinnerungen schwelgend, aber immer noch wachsam, gespannt auf den nächsten Ungehorsam lauernd.

      Johann sollte froh sein, ihn erst mit 84 Jahren kennengelernt zu haben. Wenn ihm dieser Bengel vor nur zehn Jahren unter die Finger gekommen wäre …

      Es war nicht nötig, jetzt an solche Dinge zu denken. Er hatte seit Jahren schon keine körperliche Lust mehr verspürt, aber dieser Anblick verschaffte ihm immer noch eine gewisse Befriedigung.

      Nach der heutigen Sitzung, und da war er sich sicher, würde er keine Probleme mehr mit dem Kind haben. Seine Mutter, eine dieser liberalen „Kindesverzieher“, wie er sie nannte, würde auch nicht mehr ungefragt bei ihm auftauchen.

      „Und wenn doch?“, fragte die kleine Stimme in seinem Kopf.

      Wenn doch … das war ein Problem für eine andere Zeit. Gott würde ihn schützen, da war er sich sicher.

      Das Kind begann sich wieder zu bewegen und der alte Mann wusste, was jetzt kommen würde. Das ruckartige, beinahe krampfhafte Auf und Ab der Körper hatte er schon immer erkennen können.

      Heutzutage waren die Kinder viel zu weich. Nach der geringsten Bestrafung verloren sie bereits jegliche Kontrolle und Johann war drauf und dran ihn zu bestätigen.

      Die alte Haut spannte sich um die Mundwinkel und eine Reihe alter, gelber Zähne kam hervor.

      Es dauerte nur wenige Sekunden, bevor die Flüssigkeit sich über den großen, alten Tisch ausbreitete und die Kinderbeine hinunter auf den Boden tropfte.

      „Schau, was du angerichtet hast! Du Schwein!“

      Der alte Mann war erstaunlich schnell auf seinen Beinen, packte das Kind im Genick und zog ihn vom Tisch hinunter und ließ ihn plump zu Boden fallen.

      Ja, wenn er nur 10 Jahre jünger wäre, wüsste er genau, was als Nächstes folgen würde.

      Das Kind lag ihm nun eingerollt zu Füßen, genau wie all die Anderen vor ihm auch.

      „Jetzt ziehst du dich gefälligst an und machst meinen verdammten Tisch sauber, bevor ich dich nochmals bestrafen muss!“

      Langsam und zitternd erhob sich der Junge und holte seine Kleidung aus der Ecke. Papiertücher hatte der Priester bereitgestellt, zwar nicht wissend, aber doch hoffend, dass der Abend so enden würde.

      Ein Klopfen ertönte an der Türe zur Sakristei und leises Lachen erklang im Raum.

      Der alte Mann starrte Johann an, der sich mittlerweile daran gemacht hatte, die Pfütze auf dem Schreibtisch zu entfernen. Das Gelächter kam definitiv nicht von diesem Kind, da war sich der Pfarrer sicher. Tränen liefen dem Jungen immer noch das Gesicht herunter, und er schien erpicht darauf, kein weiteres Geräusch von sich zu geben.

      Ungestüm ging der alte Mann zur Türe hinüber und öffnete sie. Der Gang vor ihm war dunkel, keine Menschenseele war weit und breit auszumachen.

      Irgendjemand wollte ihm anscheinend einen Streich spielen. Mit drei Schritten war er wieder bei dem Jungen, der gerade seinen eigenen Urin wegwischte, und packte ihn beim Ohr.

      „Wer hat hier gerade geklopft?“, schrie er ihn an.

      Das Kind schrie vor Schmerz und Schock auf und versuchte zu antworten, aber der alte Mann wollte nichts davon hören.

      „Wenn das einer deiner kleinen Freunde ist, dann gnade dir Gott!“, schrie er und ließ dem Jungen mit einem letzten Ruck wieder zu Boden fallen. Johann starrte ihn nur weiter ungläubig an.

      Mit einem Satz war der Pfarrer wieder bei der Türe und legte eine Hand auf die Türschnalle. Das nächste Mal, wenn jemand hier versuchte, besonders witzig zu sein, würde er ihn dabei erwischen.

      Nach einer knappen Minute des Wartens und Lauschens klopfte wieder jemand an die Türe. Er riss sie mit seiner ganzen Kraft auf und streckte seine Hand nach dem Schuldigen aus, spürte aber nur einen kühlen Luftzug unter seinen Fingern.

      „Peter? “, fragte der alte Mann, bevor er nach hinten gestoßen wurde und sich erst wieder bei dem großen Tisch erfangen konnte.

      Seine Chance erkennend sprintete der Junge los. Vorbei am Pfarrer und durch die offene