Eike Ruckenbrod

Franzi und die Ponys - Band V


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dachte nach. Eine heiße Brise wehte ihr dunkelblondes Haar ins Gesicht. Sie strich es hinters Ohr.

      „Für mich ist er zauberhaft. Das genügt.“

      „Was führt ein zauberhaftes Pony und ein weißes Mädchen allein in die Wüste?“, fragte Jamil weiter. Franzi blickte nachdenklich durch ihn hindurch, rieb sich die wunden Augen und schüttelte resigniert den Kopf.

      „Ich weiß es nicht. Ich weiß gar nichts. Nicht, wie ich hierher kam, wieso ich halb verdurstet bin, wieso auch S ... Merlin hier ist. Wieso ich eure Sprache spreche.“

      Mit einer nervösen Geste fuhr sie durch ihr sandiges Haar.

      „Verstehst du? Ich weiß nichts, auch nicht, wo ich hin möchte - oder sollte.“ Tränen der Verzweiflung sammelten sich in ihren grünen Augen.

      „Ein Wunder, dass du noch lebst. Wenn dich die schwarzen Reiter erwischt hätten, wärst du jetzt tot“, sagte er hart, um sich wichtig zu machen. Franzi schluckte die aufsteigenden Tränen hinunter und blickte betroffen die Sanddünen entlang.

      „Du auch?“, fragte sie. Der junge Mann nickte. „Vermutlich.“ Erst jetzt entdeckte sie den riesigen gebogenen Säbel, der in seinem Gürtel steckte. Nicht so ein popeliges Taschenmesser, wie sie eines besaß und das sie zu alledem nicht einmal dabei hatte. „Wir müssen weg von hier. Sie könnten zurückkommen“, riss er sie aus ihren Beobachtungen. Franzi warf einen panischen Blick in die Runde. Er griff ihr fest unter den Arm.

      „Versuche aufzustehen!“ Ihr Arm schmerzte, als er sie kraftvoll nach oben zog.

      Jamil verwischte die Spuren, während das Mädchen zu dem Pony stakste.

      Mit zitternden Fingern streichelte Franzi seinen kräftigen Hals, bevor sie sich stöhnend in den Sattel zog. Die Hitze des schwarzen Leders drang in ihre Beine und ihren Po. Schon jetzt brannte die Sonne vom wolkenlosen Himmel, in ein paar Stunden würde es so heiß sein, dass ihnen sogar das Atmen schwerfallen würde. Jamil belud das große, braune Kamel. Er gab ihm ein Zeichen und Lahthan legte sich nieder, indem er mit den Vorderbeinen einknickte und dann mit den Hinterbeinen. Der Junge holte ein weißes Tuch aus einem der Körbe und brachte es der Hellhäutigen.

      „Ich zeige dir, wie man es wickelt.“ Geschickt band er die Tuchbahn um Franzis Kopf und das Gesicht. Forschend blickte sie in seine Augen, die sich nun ganz nah vor ihrem Gesicht befanden. Sie entdeckte Stolz und Freiheit, Kühnheit und Mut darin. Aber auch die Augen kamen ihr erstaunlich bekannt vor. Ein würziger Geruch ging von ihm aus. Zufrieden nickte er und bestieg das Kamel. An dessen prallen Höckern erkannte Franzi, dass es noch nicht lange unterwegs war. Ein Kamel kann zwei Wochen ohne Wasser und bis zu 30 Tagen ohne Futter auskommen. Das Wasser lagert es in einem Teil seines Magens und in den Höckern speichert es bis zu 40 Liter Fett. Es kann 100 bis 150 Liter Wasser in nur 10 Minuten trinken. Und das ist nur möglich, da es ovale und nicht runde rote Blutkörperchen hat. Seine langen Beine erhöhen die Entfernung zu dem bis zu 80 Grad heißen Sand und zwei dick verhornte Zehen an jedem Fuß verhindern tiefes Einsinken darin. Das alles fiel Franzi, dank ihres Referats, wieder ein.

      Jamil nahm das Seil als Zügel und zupfte daran. Das mächtige Tier stand auf und setzte sich mit den schaukelnden Bewegungen seines Passgangs in Bewegung. Svartur, der gerade bis zu seinem Bauch reichte, trippelte hinterher.

      Franzi ließ den Blick über die eintönige, aber trotzdem faszinierende Landschaft schweifen. Meterhohe Sanddünen, die in weichen Wellen den Sand trugen, wohin sie auch blickte. Über dem rötlichen Sand flimmerte die Hitze. In einiger Entfernung tanzte eine kleine Windhose über der Wüste. Sie erinnerte Franzi an den Strudel in der Badewanne, wenn sie das Wasser abließ. Ab und zu unterbrach ein dorniger Busch die monotone Gleichförmigkeit.

      Svartur war so eine Gluthitze, kein Gras oder Heu und so eine geringe Menge Wasser, ja gar nicht gewohnt, sorgte sich Franzi und strich ihm über den schweißnassen Hals. Dadurch, dass er bei jedem Schritt tief im Sand einsank, keuchte er schon beängstigend. Am liebsten wäre sie abgestiegen und gelaufen, aber dann wären sie noch langsamer vorangekommen, so schwach wie sie war.

      Eine ganze Zeit lang ritten sie schweigend hintereinander her. Das Pony hatte Schwierigkeiten, mit dem Kamel Schritt zu halten. Schweiß rann ihm in kleinen Rinnsalen das Fell hinunter, tropfte auf den heißen Sand und verdunstete augenblicklich. Der Abstand wurde immer größer. Das schlechte Gewissen nagte unaufhörlich an Franzi. Ihr armes, armes Pony ...

      Und, als nach einer weiteren Stunde der Rappe so kraftlos war, dass er kaum noch seinen Kopf tragen konnte und auf seinem nassen Fell sich kleine Schaumflocken bildeten, stieg Franzi entschlossen ab. Zu tiefst erschrocken stellte sie fest, dass er aus den Nüstern blutete.

      „Jamil, mein Pony kann nicht mehr laufen. Es ist diese mörderische Hitze nicht gewohnt“, schrie Franzi mit zittriger Stimme nach vorne.

      Jamil drehte um und ritt zu ihr. „Oje, dann haben wir ein Problem. Hier können wir nicht bleiben. Die Schwarzen können jeden Augenblick wiederkommen.“

      Franzi blickte sich ängstlich um. „Und jetzt?“, fragte sie bang. Jamil dachte nach. „Komm zu mir, auf Lahthan!“ Franzi schüttelte den Kopf. „Merlin kann gar nicht mehr. Wir müssen ihm Wasser geben und eine Pause machen. Er blutet schon aus den Nüstern“, sagte sie erregt.

      „Das können wir jetzt nicht“, widersprach Jamil ruhig und bestimmt.

      „Aber dann wird er sterben“, schrie Franzi hysterisch und stellte sich beschützend vor das keuchende Pony.

      „Halt deinen Mund!“, herrschte der Beduine das Mädchen an und warf einen aufmerksamen Blick über die Dünen. „Okay, du bleibst hier! Ich sehe mich kurz um“, befahl er, schmiss ihr einen Wasserschlauch und ein Tuch zu und ritt auf einen der Hügel zu. Franzi blickte ihm mit klopfendem Herzen hinterher. Er ritt hinauf und so weit wieder hinunter, dass man ihn von der anderen Seite nicht mehr sehen konnte. So kontrollierte er den ganzen Umkreis.

      Franzi hatte währenddessen das Tuch nass gemacht und dem Pony ins Genick gelegt. Danach sattelte sie ihn ab. Nervös saß sie in seinem Schatten und teilte das Wasser mit ihm.

      Bald kam der Junge zurück. Fragend schaute sie zu ihm hoch.

      „Nichts zu sehen, wir können kurz rasten.“

      Erleichtert hauchte Franzi: „Danke“, und streichelte das erschöpfte Tier.

      Jamil nickte ihr zu, spannte ein Segel auf und befestigte es mit Pflöcken im Sand. So hatten sie und das Pony Schatten.

      „Wohin reiten wir eigentlich?“, fragte sie, als er fertig war.

      „Zu Freunden.“

      „Sind wir dort in Sicherheit?“

      „Ja, und nur dort sind wir sicher. Die Schwarzen kennen unser Versteck nicht.“

      „Ist es noch weit?“

      „Zwei Tage.“

      Franzi schluckte entsetzt. „Zwei Tage? Wie sollen wir das schaffen?“

      „Wir binden deinem Pony ein Tuch um den Kopf, damit es nicht so unter der Sonne leidet und du reitest bei mir mit. Wir machen öfter eine Pause, dann werden wir sehen, ob wir lebend ankommen.“

      In diesem Moment wurde Franzi klar, wie ernst die Situation und wie hinderlich Svartur war. Aber sie konnte ihn doch nicht einfach im Stich lassen - ihren treuen Partner. Sie dachte laut nach:

      „Weißt du, wenn wir Holzscheiben hätten, die könnten wir ihm unten an die Hufe binden, damit er nicht so einsinkt. Schau dir mal die Füße von Lahthan an! Durch die große Auflagefläche versinkt er nicht so weit wie Merlin, obwohl er viel schwerer ist.“ Jamil nickte bewundernd. „Du hast recht. Ich überlege mir, was wir nehmen könnten, um ihm das Laufen zu erleichtern.“ Der Beduine stand auf und wühlte in den großen Lastenkörben, die das Kamel trug. Er holte vier Korbgeflechte heraus und drehte sie in den Händen. „Vielleicht funktioniert es auch mit denen. Die sind sehr stabil und eng geflochten.“

      „Wie willst du sie befestigen?“,