diese Antwort stammte von Alexandra, eben von dieser schrecklich aufdringlichen, ständig dummes Zeug erzählenden Alexandra, die laut eigenen Aussagen bereits bei 180 °C in der Sauna mehrere Stunden eingeschlafen war!
Alexandra! Nein!
Mit jedem hätte ich jetzt gerechnet, aber doch nicht mit Alexandra, mit der ich keine drei Sätze wechseln konnte, ohne dass sie mir entsetzlich auf die Nerven ging und zugegeben, ich hatte das Gefühl umgekehrt war es nicht anders. Wieso wollte sie also ausgerechnet mit?
Da aber anscheinend der Rest der Crew etwas schützenfestmüde war, musste ich nehmen was übrigblieb.
Alexandra!
Leute, ihr enttäuscht mich bitterlich.
Als ich abends zu Hause war, kuschelte ich mich mit Robin ins Bett und erzählte ihm die Gute-Nacht-Geschichte von Katze Maunzi. „Maunzi, das weiße Kätzchen mit der blauen Schleife um den Hals...“, begann ich, während Robin brabbelnd versuchte den Rest zu lesen. Seine kleinen Fingerchen patschten über die Seiten und streichelten die aufgemalte Katze. Dann schaute er mich an und streichelte mein Gesicht. So war die Welt in Ordnung. Ich legte das Buch zur Seite, denn eigentlich kannte ich „Katze Maunzi“ ja schon auswendig, löschte das Licht und kuschelte mich „maunzierzählend“ unter die Decke.
Fast wäre ich darüber eingeschlafen, doch siedend heiß viel mir ein, dass ich noch Robert anrufen wollte.
Meinen „alten“ Freund Robert Rendowski kenne ich schon sehr lange. Anfangs war ich bis über beide Ohren in ihn verliebt, doch er leider nicht in mich. Nach einer Zeit war es dann umgekehrt, und so haben wir nie zusammengefunden, aber es entwickelte sich eine wunderbare Freundschaft. Wir erzählten uns unsere Wünsche und Träume und unsere Probleme, wenn einer von uns mal wieder unglücklich verliebt war.
Natürlich musste ich ihm auch jetzt gleich von meiner neuen „Eroberung“ erzählen. Er gab mir, wie immer, ein paar männliche, freundschaftliche Tipps und wünschte mir viel Erfolg.
Und seine Einblicke in die männliche Sichtweise waren „goldnes Wert“. So erklärte er mir unlängst, wenn ein Mann auf die Frage „Sollen wir mal ins Kino gehen?“ antwortet „Ja, schauen wir mal“, bedeutet dies lediglich, dass er den ausstehenden Kinobesuch durchaus befürwortet, sich jedoch auf einen genauen Zeitpunkt, aufgrund seines nicht verfügbaren Terminkalenders noch nicht festlegen möchte. Bei uns Frauen hingegen bedeutet dies oftmals ein freundliches Nein, ohne das Gegenüber vor den Kopf zu stoßen. Wer soll das verstehen?
Am Schützenfestbesuchstag Punkt 7 Uhr – ja ich war schon
wieder pünktlich, und das, obwohl ich mir zweimal die Haare waschen musste, da beim ersten Versuch mein Haarspraykonsum nur noch den Hersteller erfreut hätte. Und nachdem ich mich mindestens hundertmal umgezogen hatte, so dass alles von sportlich bis Mini in meinem Schlafzimmer verstreut lag, konnte es losgehen.
Ich schaute noch einmal skeptisch in den Spiegel. Okay, zurechtgemacht gefiel mir das Gesicht schon, das mir da entgegensah. Doch eigentlich unglaublich, was so ein bisschen Farbe ausmacht, sinnierte ich. Ob andere dieses Problem auch kannten? Meine Schwiegermutter, Monika, die an diesem Abend auf Robin aufpassen sollte, kam pünktlich und so konnte ich, nach einigen spitzen Bemerkungen von Monika, die es sich nicht verkneifen konnte mir ihre Ansicht über das „alleine ausgehen“ von immerhin verheirateten Frauen mitzuteilen, mit schlechtem Gewissen losfahren. Leicht geknickt machte ich mich auf den Weg zu Alexandra.
Sie öffnete mir ganz in Alexandra-Art und Alexandra-Look die Haustür – grauer Schlabberpullover zu schwarzer Schlabberjeans und passendem schwarzen Igelschnitt – der allerdings nie so aussah, als wäre er wirklich von einem Frisör gezaubert worden. Welcher Frisör würde auch so etwas tun? Ich beäugte noch einmal genauer ihre „Frisur“ und kam zu der Überzeugung, da Alexandra eine niedliche Ratte ihr eigenes Haustier nennen konnte, dass diese vielleicht etwas mit der Haarkonstruktion zu tun haben könnte. Während ich leise in mich hineingrinste, teilte mir Alexandra mit, dass noch Christine, Franz und Marion, Gina und Frank, und und und, mitkommen würden.
Das würde ein intimer Abend werden! Welch „Freude“ breitete sich in mir aus.
Auf dem Schützenplatz angekommen, stieg ich kein bisschen entnervt aus dem Wagen. Die halbstündige Suche nach einem Parkplatz hatte mir Alexandra mit ihrem höchstanspruchsvollen Geschwätz recht interessant gestaltet, und ich überlegte noch lange, wie es jemand schafft so einen Haufen Verrücktheiten in eine halbe Stunde zu packen. Doch nun war ich frei und dank der frischen Abendluft würde meinen Kopf schon wieder klar werden. Ich hechtete natürlich gleich in Richtung Gatzweiler-Zelt, als alle riefen: „Halt! Karina, wir wollten hier entlang gehen. Wir wandern einmal um den Platz herum, danach können wir ja da vorne etwas trinken.“
Sie zeigten auf „da vorne“ und „da vorne“ war mein heißersehntes Gatzweiler-Zelt.
„Ja, gut“, rief ich, hocherfreut über diese gelungene Verzögerung meinen Auserwählten zu treffen.
So zogen wir nun im schneckenmäßigen Eiltempo um den Platz herum, der mit 400 Schaustellern zur größten Kirmes am Niederrhein gehörte, und ich rechnete mir aus, dass wir es, weitere Verzögerungen optimistisch nicht mit eingerechnet, in circa zwei Stunden geschafft haben müssten, den vereinbarten Treffpunkt zu erreichen.
Jetzt war es 21 Uhr. Also fast pünktlich.
Noch nie hatte ich mich einem Bierzelt so entgegengesehnt wie heute. Eigentlich hatte ich mich noch nie einem Bierzelt entgegengesehnt, aber wenn ein Hajo Hübner mit seinem Profil darin stand, erhielt ein solcher Pavillon eben eine ganz besondere Note.
„Eine alte Raupe, wie schön“, zwitscherte Gina, die eine Hälfte unseres eifrig turtelnden, frischverliebten Paares, „Frank, da müssen wir ’drauf, dann fängt unsere Beziehung ganz besonders romantisch an.“
„Geht nur“, dachte ich, „ihr seid Schuld wenn meine Beziehung gar nicht anfängt.“
Weil eine Runde Raupefahren scheinbar nicht fundamental genug zu sein scheint eine ach-so-romantische Beziehung zu führen, fuhren sie dann gleich dreimal.
Endlich wieder auf die Erde zurückgekehrt, ging es weiter.
Und wir hatten es bestimmt schon 50 Meter weiter geschafft, als ich eine Stimme hörte: „Los, Leute ich habe Durst, lasst uns hier hereinsetzen, ich gebe einen aus!“
Franz, wie lieb von Dir!
Wie setzten uns also in eines der typisch urgemütlichen Bierzelte, um Franzels Durst zu löschen.
Zu meinem größten Glück erwischten wir ein Jazz-Bierzelt, in dem eine weibliche Band eine Art Katzengejammer zum Besten gab. Jazz-Musik ist wohl nur etwas für Fanatiker, Laien wie mir fällt es trotz größter Bemühungen sehr schwer etwas Harmonisches herauszuhören.
Wir starteten eine zwanglose Unterhaltung, die allerdings ständig durch kurzes Aufheulen der Gruppe unterbrochen wurde und wir stellten fest, das diese hier nicht durchführbar war.
Dennoch stießen auf einen schönen Abend an und nippten an unseren Getränken – herrlich, endlich mal wieder eine Cola ohne Kohlensäure. Ich fühlte mich pudelwohl.
Nach einer halben Stunde setzte sich unsere Kolonne wieder in Marsch, besseren Zeiten entgegen, denn eigentlich konnte es nicht schlimmer werden.
Sollte es auch nicht.
Endlich kamen wir am gemeinsamen Treffpunkt an.
Wir hatten es jetzt 23.30 Uhr und waren somit ja nur knapp verspätet. Doch wie sich meine Befürchtungen erwiesen, von Hajo weit und breit keine Spur. Was sollte ich jetzt machen? Alleine suchen? In meiner Verzweiflung weihte ich Alexandra in den Grund meines Festplatzbesuches ein.
„Bist du denn sicher, dass er Gatzweiler-Zelt gesagt hat?“ meldete Alexandra ihre Zweifel an. Ich kam ins Wanken, war es wirklich das Gatzweiler-Zelt?
Oder