Michaela Hössinger

Seelenecho


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machen, es ist so ähnlich, wie es Emilia darstellte. Im Vorfeld recherchiere ich Geschichten, die bereits in der Vergangenheit dokumentiert wurden, versuche mögliche Augenzeugen zu finden und führe schließlich wissenschaftliche Untersuchungen durch und versuche mit den Erscheinungen selbst in Kontakt zu kommen.“

      „Hört sich interessant an, aber auch unheimlich. Bist du dabei immer alleine?“

      „Ja, meistens.“

      „Ist das nicht gefährlich?“

      „Es gibt durchaus Möglichkeiten sich zu schützen.“

      „Hast du denn dabei gar keine Angst?“

      „Warum, weil ich eine Frau bin?“

      „Meine Frage hat nichts mit dem Geschlecht zu tun. Männer sind durchaus in der Lage Angst zu fühlen.“

      Verena rührte nachdenklich in ihrer Tasse. Georg schien ein netter Kerl zu sein, doch nach zehn Minuten ihr Leben, ihre Gefühlswelt vor ihm auszubreiten und ihm Einblick in ihr Inneres zu geben, war sie sicherlich noch nicht bereit. „Ich bin daran gewöhnt“, sagte sie schließlich neutral. Georgs Augen hingen an ihrem Gesicht, versuchte zu erahnen, was sie nicht preisgeben wollte, noch nicht.

      „Ich denke, ich hebe mir die Frage für später auf und dann werde ich mich nicht mit so einer seichten Antwort zufrieden geben.“

      „Wie kommst du auf die Idee, dass es ein später gibt?“

      „Na klar doch. Morgen um dieselbe Zeit am selben Tisch?“

      „Kann ich denn nein sagen?“

      „Du willst es dir doch nicht mit der örtlichen Polizei verscherzen“, und dabei tanzten fröhliche ­Funken in seinen Augen.

      „Es scheint mir nicht ratsam.“

      „Wusste ich es doch gleich, dass du eine kluge Frau bist. Ich wünsche dir einen schönen Tag.“

      „Danke, gleichfalls.“

      Und als Georg Emilias Café verlassen hatte, fühlte sie sich sogar etwas einsam.

      Kapitel 3

      Es war bereits Mittag, als sich Verena entschloss zu dem Ort ihres nächtlichen Ausflugs zurückzukehren. Schließlich wollte sie ihr Gerät wieder haben. Kaspar durfte sie begleiten und hielt seine Schnauze auf der Ladefläche des Pick ups in den Fahrtwind. Auf der Lichtung parkte Verena neben der Kapelle und atmete tief ein, bevor sie ausstieg. Kaspar sprang sogleich auf den Waldboden und begann schnüffelnd nach Spuren zu suchen.

      Entspannt lehnte sich Verena an ihren Wagen und ließ die Umgebung auf sich einwirken, sie schloss die Augen, horchte, richtete ihre Sinne auf die Umwelt. Der Wind rauschte sacht durch das Laub, das sich langsam zu verfärben begann, ein Eichelhäher pfiff zwischen den Baumkronen, es war alles friedlich und doch fühlte Verena den kribbeligen Knoten im Bauch.

      Nun richtete Verena ihr Augenmerk auf die kleine Kapelle. Zweifellos war es ein Ort des Schutzes, war das der Grund, dass die weiße Frau gerade hier erschien? War sie ein Schutzgeist? Nach den gesammelten Informationen hatte die Erscheinung nie unangenehm oder bedrohlich gewirkt.

      Doch sie hatte ja auch gar nicht die weiße Frau gesehen. Auch Kaspar zeigte keine Anzeichen von auffälliger Erregung und ­Verena vertraute den Sinn ihres Hundes zu hundert Prozent. Nun, am Tage waren durchaus die Energien dieser Geister vorhanden, wenn auch nicht so auffällig und meist gingen ihre Aktivitäten im normalen Leben unter. Vielleicht lag es auch daran, dass der Mensch eine ­natürliche Angst vor der Dunkelheit in sich trug.

      Doch das war nicht der Grund der Angst in der vergangenen Nacht gewesen. Verena bedeutete Kaspar Platz zu nehmen und auf sie zu warten, während sie die Kapelle betrat. Nun, sie war nie sonderlich religiös gewesen, doch sie ignorierte nicht ihre inneren Warnsignale und Schutz konnte man immer ge­brauchen.

      Die Stätte war hell und freundlich, die Sonne schien durch die kleinen Mosaikfenster und das Holz verströmte einen leichten harzigen Geruch. Die Kapelle war zweifellos ein Ort des Friedens und Verena nahm die Aura auf, sie fühlte wie sich der Knoten in ihrem Bauch löste.

      Über dem Altar war neben der Marienstatue eine weitere Frauen­skulptur. Aus den Recherchen wusste Verena, dass es sich um die Heilige Katharina handelte. Sie war die Schutzpatronin ­dieses Ortes und ohne weiter darüber nachzudenken, vollführte Verena den Ritus des Schutzes.

      Sichtlich freier trat Verena aus der kleinen Kapelle und mit neuer Entschlossenheit versuchte sie den Weg der letzten Nacht zu folgen. Die Sonne schien zwischen den Bäumen auf den dunklen Waldboden und deutlich konnte Verena ihre Fußspuren erkennen, die sie in der feuchten Erde hinterlassen hatte.

      Auch Kaspar hatte die Fährte aufgenommen und bereits nach wenigen Metern veränderte sich sein Verhalten. Sein Schweif ­wurde steif und er begann leise zu winseln. Obwohl in diesem ­Moment nichts Außergewöhnliches zu bemerken war, fühlte ­Verena den Rest der enormen Energie der letzten Nacht.

      Nach knapp weiteren zehn Minuten erreichte sie die Stelle an der ihr Instrument am Boden lag. Es war kaputt – durchgebrannt. Nachdenklich betrachtete Verena ihr Messgerät und kraulte dabei Kaspar beruhigend im Nacken. Die Rolle war aus der Halterung gesprungen, vermutlich durch den Aufprall und das Papier hatte sich an der feuchten Erde festgeklebt. Deutlich waren die enormen Kurven zu erkennen, die der Schreiber bei der gemessenen Energie aufgezeichnet hatte und letztendlich, wie es schien, durch eine Überbelastung die Drähte verschmort hatte.

      Noch nie hatte sie das in so einer Situation gesehen weder je davon gehört. Vorsichtig sammelte sie alle Teile ein und verstaute sie sicher in ihrem Rucksack. Obwohl sie keinerlei Angst verspürte, nahm sie dennoch die negativen Schwingungen wahr, die auch Kaspar beunruhigten.

      Verena erwartete zwar nicht, dass sie so leicht auf einen Hinweis stoßen würde, dennoch betrachtete sie die Umgebung intensiv und erneut verstärkte sich das Gefühl, dass sie sich an einem Ort befand, der ein schreckliches Geheimnis barg.

      Wieder lauschte sie mit geschlossenen Augen, streckte ihre Sinne aus, mehr wagte sie jedoch nicht. Obwohl sie mit Erscheinungen vertraut war, so vergaß sie nie die eindringlichen Vorsichtsmaßnahmen, die sie ihre Großmutter gelehrt hatte.

      Wehmütig dachte sie an sie zurück, ihre Großmutter hatte sie verstanden, denn sie war ähnlichen Wahrnehmungen ausgesetzt gewesen. Ganz anders als Verenas Vater, der sein ganzes Leben ihre Erlebnisse mit der Anderswelt als Humbug abgetan hatte. Ganz von selbst wanderten Verenas Gedanken weiter zu jenem Tag, an dem sie sich mit ihren Vater furchtbar gestritten hatte. Es war auch jener Tag gewesen, an dem sie ihr zu Hause verlassen hatte und bis heute war sie nicht ein einziges Mal zurückgekehrt. Nicht einmal, als ihr Vater starb, nicht nach dem Begräbnis auch nicht später.

      Warum sie gerade in diesem Moment daran dachte, wusste sie nicht. „Ach Kaspar, das Leben ist oft kompliziert und das Leben danach anscheinend nicht einfacher. Für heute sind wir hier fertig.“

      Noch einmal vollzog Verena einen intensiven Rundblick, doch es schien nichts ungewöhnlich, aber sie wusste es besser. „Ich werde das Geheimnis erfahren, wie lange es auch dauert“, flüsterte sie in den Wind und mit einem letzten Blick trat sie den Rückweg an.

      Ihr Messgerät sah ziemlich hoffnungslos aus. Verena seufzte abgrundtief als sie daran dachte, welch mühevolle und langwierige Arbeit der Umbau gekostet hatte. Doch wie sie es auch drehte und wendete, sie brauchte ein paar Ersatzteile um es wieder in Schwung zu ­bringen. Ziemlich viele Ersatzteile. Und die Zeit erst um es wieder zum Funktionieren zu bringen. Technik war nicht gerade ihre starke Seite.

      Auf jeden Fall sollte es mehr Spannung aushalten und mit einem Seitenblick auf die beschriebene Rolle musste sie sich stirnrunzelnd fragen, ob die Grundausstattung das überhaupt aushielt.

      „Es sieht so aus, als ob wir noch heute in die Stadt fahren müssen, Kaspar und wir müssen uns beeilen. Um fünfzehn Uhr müssen wir in Stegersbach bei der Gräfin sein.“ Zweifelnd sah Verena auf ihre Armbanduhr, die bereits viertel nach zwei