Jo L.L. Roger

p¡r@t€Z


Скачать книгу

Mal keine Probleme mit der Kabellänge bekommen.“

      Bevor BlitzKey antworten kann, klingelt es an der Haustür. „Das sind Vincent und Spidi!“, ruft Thorsten aus der Küche. „Bin schon unterwegs“, brummelt der Gastgeber in sein Ziegenbärtchen.

      Carl blickt vom geöffneten Gehäuse auf, als die letzten Mitspieler eintreffen. Er beachtet sie nicht weiter, da ihm Brigitta die Schachtel mit der Netzwerkkarte reicht. Vorsichtig zieht er die Platine aus der antistatischen Hülle, bevor er die Steckkarte in den PC einsetzt.

      „Servus, Christoph!“, begrüßt Spidi seinen Bekannten.

      „Hi, Spidi!“

      „Und wen haben wir hier? Wusste gar nicht, dass einer von euch eine hübsche Schwester hat!“

      Brigitta dreht sich bei diesen Worten zu den Jungs. Spidi, ein kleinwüchsiger, eher unscheinbarer Kerl mit blondierter Bürstenfrisur, reicht ihr die Hand. Zögerlich begutachtet sie ihn für einige Momente.

      „Ich bin Spidi. Ich mach dieses Jahr mit den beiden“, er deutet auf Martin und Carl, „mein Abi.“

      „Brigitta“, antwortet sie nur.

      Spidi lässt seinen Rucksack mit gespielter Lässigkeit auf den Sessel gegenüber gleiten. „Ich heiße eigentlich Marc, aber alle nennen mich Spidi. Musst dir also nix bei denken.“

      „Oki.“

      „Bist du die Schwester von einem der Freaks? Hab dich bisher noch nie bei unseren Partys gesehen. Du langweilst dich heute wahrscheinlich, da Vincents Freundin wieder abhaut und BlitzKeys Schwester bei ihrem Macker übernachtet.“ Betont lässig nimmt er sich eine Dose Red Bull vom Tisch. Erwartungsvoll grinst er Brigitta an.

      „Wie kommst du darauf, dass ich mich langweile?“

      „Willst du etwa mitspielen?“

      „Ja!“, entgegnet sie verunsichert.

      „Ich hoffe nur, dass die Jungs nicht allzu hart mit dir umgehen. Carl und ich sind nämlich echte Profis.“

      „Wir werden sehen, wie’s läuft.“

      „Keine Sorge, ich nehme natürlich Rücksicht auf dich.“

      Von der Haustür ruft Vincent: „Spidi! Komm her und hilf uns gefälligst!“

      „Entschuldige, aber ich muss mich um mein Gaming-Rig kümmern. Wir können später noch ausführlich quatschen.“

      Wortlos schaut ihm Brigitta hinterher. „Was ist denn das für einer?“, fragt sie in die Runde, nachdem er außer Hörweite ist.

      „Mach dir keinen Kopf über den Typen, der ist nur hier, weil ihm BlitzKey einen Gefallen schuldig war“, antwortet Martin.

      „Er hält sich für etwas Besseres, da er nach dem Studium Gamedesigner in den Staaten werden möchte“, ergänzt Carl.

      * * *

      Mittlerweile ist das Gehäuse des Servers geschlossen. Gemeinsam mit Martin, der trotz seines Übergewichts auf der Armlehne der Couch sitzt, nimmt Carl letzte Einstellungen an der Software vor. Um den Blickkontakt mit Spidi zu vermeiden, beobachtet Brigitta die beiden bei ihrer Arbeit. „Yeah!“, gibt Carl freudig von sich. „Die zweite Netzwerkkarte läuft einwandfrei!“

      „Ich seh dich auch wieder!“, bestätigt Thorsten aus der Küche.

      „Spiele liegen auf Laufwerk D!“, verkündet Carl in die Runde. „Software und Demos auf E und den übrigen Krempel habe ich auf F verfrachtet.“

      „Bin schon am Saugen!“, frohlockt Thorsten.

      „Die Firma dankt“, fügt Christoph hinzu. Auf dem Platz neben ihm werkelt Spidi hektisch mit seinen Kabeln herum, damit er den PC im Netzwerk verwenden kann. Martin und Carl konzentrieren sich weiterhin auf den Server, da sie die Einstellungen für das erste Spiel optimieren. „Das wird nicht gehen“, warnt ihn Brigitta, als er eine Konfigurationsdatei speichert.

      „Wieso?“

      „Das ist die Einstellung für ein IP-Netzwerk, aber wir verwenden IPX, oder?“

      „Stimmt natürlich! Danke dir.“

      „Du kennst dich mit Computern aus?“, fragt Spidi.

      „Ein wenig“, entgegnet Brigitta.

      „Wie kommt es denn dazu? Hast du große Brüder, die gerne zocken?“

      „Nein, aber ein paar Grundkenntnisse über Rechner und Netzwerke helfen beim Informatikstudium.“

      „Du studierst Informatik?“ Spidi rutscht zur Vorderkante des Sessels.

      „Ja.“

      „Ist das nicht geil! Ich wollte schon immer ein Girl kennenlernen, mit dem ich über PCs quatschen kann.“ Er beugt sich nach vorne, um seinen Rechner einzuschalten, ohne dabei die Augen von Brigitta zu nehmen. Instinktiv weicht sie zurück. „Wir müssen uns mal nach der LAN-Party treffen, um uns über das Studium zu unterhalten! Ich werde nach dem Abi nämlich auch Informatik studieren. Natürlich nicht hier in München. Ich will an eine bessere Uni, damit ich größere Chancen habe, an die chilligen Jobs in den Staaten ranzukommen.“

      „Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist.“

      „Das sollten wir unbedingt machen! Du glaubst gar nicht, was du sonst verpasst!“

      Brigitta zieht eine Grimasse. Ungläubig blickt sie zu Martin, Christoph und Carl. Die Jungs verfolgen das Gespräch zwischen ihr und Spidi neugierig, ignorieren die hilflosen Blicke jedoch. „Wir kennen uns doch gar nicht!“

      „Das wird schon! Du brauchst bei mir auch nicht schüchtern sein.“ Martin und Christoph kichern. Einzig Carl dreht sich zur Seite, um Brigitta anzusehen, die ausdruckslos auf Spidi starrt. „Nein danke! Such dir eine andere Frau. Ich habe bereits einen Freund!“

      „Wenn das so ist, können wir uns als gute Kumpels treffen.“

      „Das muss ich mir noch sehr überlegen!“ Sie rutscht nach vorne. „Ich mag nämlich keine frechen Jungs, die in der Pubertät stecken geblieben sind.“

      Spidi reagiert auf die Antwort mit einem unverständlichen Brummeln. Sie öffnet die Haarspangen und schüttelt den Kopf, bevor sie sich die kurzen Haare nach hinten streicht. Carl betrachtet sie schweigsam. Sie erwidert seinen traurigen Blick mit einem sanften Lächeln, während sie die Strähnen mit den Spangen fixiert. Nachdem Spidi hektisch, aber erfolglos die Tastatur malträtiert hat, schaltet er den PC aus. Er rutscht vom Sessel auf die Knie. Auf der Rückseite des Gehäuses kontrolliert er die Steckverbindungen. Nach kurzer Suche findet er den lockeren Tastaturstecker. Bei der Gelegenheit positioniert er den Monitor so, dass er freien Blick auf Brigitta hat.

      Unbemerkt von Martin und Carl betritt Vincent, der sich ausgiebig von seiner Freundin verabschiedet hat, mit einem Rechner unter dem Arm das Wohnzimmer. „Hallo, Carl! Sind diesmal richtig viele Leute hier.“

      „Hey!“ Er hebt die Hand zum Gruß. „Das ist Brigitta.“

      Vincent deutet eine Verbeugung an, die sie lächelnd erwidert.

      „Servus!“, begrüßt ihn Christoph.

      Er wirft einen beiläufigen Blick auf Spidi und Martin. „Hast du die CDs mit den Pornos gebrannt?“

      „Ja. Ich hab deine CDs dabei“, antwortet Carl mit Schamröte im Gesicht. Vincent grinst ihn frech an. „Wusste gar nicht, dass du prüde bist.“ Carl sieht ihn flehend an, da ihm die Worte fehlen, um ihn zum Schweigen zu bringen. „Du schämst dich doch nicht etwa vor deiner charmanten Begleitung? Oder hat Martin um Fotos von nackten Kerlen gebettelt. Wenn ihr wollt, kann ich euch beiden gerne Bilder von gut bestückten Typen besorgen.“

      „Danke, aber ich komme gut ohne so etwas zurecht!“, wehrt ihn Brigitta ab.

      „Was soll die Anspielung mit den schwulen Pornos?“, empört sich Martin.