Jo L.L. Roger

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ein simples DOS-Programm, mit dem Carl die gesammelten Anwendungen, Spiele und Grafikdemos verwaltet. Da sich Christoph immer mehr verrenkt, steht Carl von der Couch auf. „Du darfst dich ruhig setzen. Meine Liste ist kein Geheimnis. Falls du irgendwas brauchst, sag einfach Bescheid.“

      „Besten Dank!“, antwortet Christoph. „Ich frag halt immer BlitzKey, aber der hat keinen Brenner.“

      „Warum gehst du nicht zur Quelle? BlitzKey schnorrt auch nur bei ihm hier“, klärt ihn Thorsten auf.

      „Werde ich mir merken.“

      Carl setzt sich auf den Fußboden neben die Rechner und öffnet das Gehäuse des Servers. Missmutig beobachtet ihn Thorsten, da sein Freund den Kabelwulst im Inneren betastet.

      „Kannst du den Rechner bitte laufen lassen? Ich kopier mir gerade ein paar Spiele.“

      „Kein Stress! Hab schon gesehen, dass ich Traffic im Netzwerk habe. Bin nur neugierig, wie warm die Kiste wird.“

      „Ach so!“

      „Hab leider zu viele Festplatten drinnen und die SCSI-Teile sind nicht nur laut, sondern werden auch verdammt heiß.“

      „Kannst du mal aufhören, von deinen Supercomputern zu schwärmen?“, beschwert sich Thorsten. „Ich fühle mich dann immer so minderwertig mit meinem alten Schrott.“

      „Du und minderwertig? Geht’s noch? Du bist hier der Einzige, der etwas Sinnvolles aus seinem Leben macht.“

      „Krankenwagen fahren ist jetzt auch nicht so dolle!“

      „Immerhin wirst du danach irgendwann mal Arzt sein.“

      Thorsten zuckt mit den Schultern. „Bis dahin ist es lange hin.“

      Brigitta kehrt vom Besuch der Toilette zurück. Wortlos setzt sie sich auf die breite Lehne und beobachtet die Männer. Christoph bietet ihr sofort seinen Platz an. „Willst du an deinen Rechner?“

      „Darfst ruhig sitzen bleiben. Was macht ihr Schönes?“

      „Die beiden schauen sich meine Liste mit verfügbarer Software an“, erklärt Carl.

      „Du katalogisierst deine Downloads?“

      „Machst du das nicht?“

      „Dafür hatte ich bisher zu wenig Geduld. Ein Post-it auf der Hülle muss reichen.“

      „Was machst du, wenn du etwas nicht mehr findest?“, fragt Christoph.

      Brigitta zuckt mit den Schultern. „Im schlimmsten Fall hole ich es mir noch mal.“

      „Das dauert doch ewig!“

      „Geht so“, erwidert sie.

      „Was hast du für eine Anbindung?“

      „10 Mbit“

      „Fuck!“, schnaubt Thorsten. Martin, der sich gerade auf dem Weg in die Küche befindet, lässt die leere Bierflasche beinahe fallen, als er die Bandbreite mitbekommt. Brigitta lächelt verlegen. „Mit der Anbindung solltest du einen FTP-Server betreiben“, erklärt Thorsten, „dann brauchst du nix mehr suchen. Die Leute scheißen dich dann mit Warez nur so zu.“

      „Das ist doch illegal“, wehrt sie ab.

      „Runterladen ist besser?“

      „Hm!“ Brigitta zögert mit der Antwort, da sie sich nicht sicher ist, wie sie ihm den vermeintlichen Unterschied erklären soll.

      „Ob es nun legal oder illegal ist, wäre mir persönlich erst mal scheißegal“, entgegnet Carl. „Ein Server ist auf jeden Fall eine feine Sache. Anstatt immer im IRC abzuhängen und stundenlang Warez zu suchen, solltest du dich einer Gruppe anschließen. Solange wir Kumpels sind, könnte ich mir die endlose Warterei über ISDN ersparen. Außerdem haben wir dann mehr Zeit, um miteinander zu zocken.“

      Da die Raucher ins Wohnzimmer zurückkehren, beschließt Brigitta, die Bandbreite ihres Internetzugangs nicht weiter zu erörtern. Spidi geht sofort auf sie zu und versucht, sich neben ihr auf die Armlehne zu quetschen. Brigitta rutscht auf die Couch und legt demonstrativ eine Tastatur zwischen Spidi und sich. „Aber meine verehrte Dame!“, beginnt Christoph mit seinem aufgesetzten Wienerisch. „So sagen Sie doch etwas, wenn Sie an den Rechner wollen.“ Vorsichtig huscht er an ihr vorbei und tauscht den Platz mit ihr. Nervös greift sie zur Tastatur, während Spidi jeder ihrer Bewegungen folgt. Sie starrt auf den Monitor, obwohl sie nur lustlos durch einige Ordner auf dem Server navigiert.

      Carl sieht vom Fußboden zu ihr auf. Mit Abscheu verfolgt er die penetranten Annäherungsversuche von Spidi. Traurig senkt er den Kopf. Gedankenverloren wandert sein Blick über die Innereien des Servers. Das Gespräch der Freunde über Computer und Videospiele blendet er aus, da er sich einzig auf das bunte Kabelgewirr in dem monströsen Gehäuse konzentriert. Angestrengt versucht er, die Enttäuschung über Brigittas Beziehung zu einem anderen zu verbergen. Erst als der Pizzalieferant an der Haustür klingelt, schreckt er aus seinen Gedanken hoch.

      Das Grüppchen beendet die angeregte Unterhaltung. Martin springt aus dem Sessel auf und wetzt mit einer Eile zur Tür, die man ihm aufgrund des körperlichen Umfangs kaum zutraut. „Ihr könntet schon mal ein bisserl Platz schaffen“, bittet BlitzKey seine Gäste auf dem Weg zur Haustür. Brigitta lehnt die Tastatur am Couchtisch an, damit sie den Monitor zur Seite schieben kann. Christoph geht ihr dabei zur Hand. Auch Spidi steht auf und bietet den beiden seine Hilfe an, die Brigitta jedoch ignoriert.

      „Wer will etwas zu trinken?“, fragt Thorsten auf den Weg in die Küche.

      „Kannst du mir eine kalte Afri Cola mitbringen?“, bittet Carl.

      „Sonst noch jemand?“

      Die anderen winken ab. Martin trägt den ersten Pizzakarton wie eine Trophäe in das Wohnzimmer und stellt ihn auf dem Tisch ab. Ohne lange zu zögern, öffnet er ihn, legt die Alufolie feierlich beiseite und bewundert die frische Pizza. Enttäuscht zieht er eine Grimasse. „Das wäre dann viel totes Tier.“

      „Großartig!“, freut sich Vincent.

      „Leider haben die vergessen, die Pizza zu schneiden“, fügt Martin hinzu, der BlitzKey den zweiten Karton abnimmt, um diesen auf den aufgeklappten Deckel des ersten Pizzakartons zu stellen. Beim Öffnen der Schachtel strahlt er über das Gesicht. „Die vegetarische Pizza ist geschnitten!“ Selbst Carl steht nun vom Fußboden auf der anderen Seite des Tischs auf. BlitzKey versucht den dritten Karton ebenfalls auf dem Couchtisch zu platzieren, doch einer der Monitore steht im Weg. Eilig steckt Christoph die Röhre ab und gestikuliert Spidi, dass er helfen soll. Dieser greift stattdessen zur Pizza. Carl legt sein Stück zur Seite, um dem Österreicher mit dem unhandlichen Monitor zu helfen. Thorsten bringt neben Bier und Cola einen Pizzaschneider aus der Küche mit. Bevor BlitzKey den dritten Pizzakarton aufklappen kann, zerlegt Vincent bereits die Fleischpizza. Wenig später sind alle Anwesenden versorgt. Carl, Martin und Vincent sitzen auf dem Fußboden. Spidi und Christoph machen es sich auf den Sesseln gemütlich. BlitzKey nimmt vor Brigittas Rechner Platz, die daneben an Carls PC sitzt. Thorsten thront zwischen den Sesseln auf einem Küchenstuhl.

      Brigitta lehnt sich an das Polster der Armlehne, die Beine an den Oberkörper herangezogen. Carl wirft immer wieder einige zaghafte Blicke zu ihr hinüber.

      „Hast du was zum Rauchen?“, fragt Vincent.

      „Klaro! Nach dem Essen gibt’s ein Gerät“, verspricht BlitzKey.

      „Cool! Du bist ein super Gastgeber.“

      „Wer ist noch dabei?“

      „Ich!“, lässt Martin die Runde wissen. Da er augenblicklich mit einem riesigen Bissen kämpft, hebt Spidi eine Hand zur Bestätigung. BlitzKey sieht die anderen fragend an, doch Thorsten und Carl schütteln die Köpfe.

      „Wie sieht’s mit dir aus, Christoph?“

      „Ach, geh weiter!“, entgegnet der Österreicher.

      „Brigitta, du rauchst auch mit?“,