Henry Rider Haggard

KÖNIG SALOMONS DIAMANTEN


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- auf einmal, drang aus der Tiefe des Busches hinter uns ein Laut woof woof!

      »Das ist ein Löwe«, sagte ich, wir sprangen hoch und lauschten. Kaum standen wir auf den Beinen, als von dem etwa hundert Yards entfernten Tümpel das kreischende Trompeten eines Elefanten herüber klang. »Indlovu! Indlovu! Elefant! Elefant!«, flüsterten die Kaffer, und wenige Minuten später sahen wir eine Prozession riesiger Schattengestalten sich langsam vom Wasser her gegen den Busch zu bewegen. Good wollte sofort los, er brannte auf ein Gemetzel und dachte wohl, es wäre ebenso leicht, Elefanten zu schießen wie eine Giraffe zu erlegen. Ich packte ihn am Arm und drückte ihn auf den Boden.

      »Das hat keinen Sinn«, flüsterte ich, »lasst sie.«

      »Es scheint, wir sind in einem Wildparadies. Ich schlage vor, wir bleiben ein bis zwei Tage hier und gehen auf die Pirsch«, sagte Sir Henry unvermittelt.

      Ich war recht überrascht, denn bisher war Sir Henry immer dafür gewesen, so rasch wie möglich voran zu kommen; ganz besonders, seit wir in Inyati ermittelt hatten, dass tatsächlich vor zwei Jahren ein Engländer namens Neville dort seinen Wagen verkauft hatte und das Land hinauf weitergezogen war. Doch seine Jagdleidenschaft, so nehme ich an, behielt für eine Weile die Oberhand.

      Good griff die Idee begeistert auf, denn er war seit langem darauf aus, einen dieser Elefanten zu schießen. Um die Wahrheit zu sagen, ich auch. Es wäre mir wider den Strich gegangen, eine Herde wie diese entkommen zu lassen, ohne auf sie nur einen Schuss abzugeben.

      »In Ordnung, meine Herzensjungen«, sagte ich. »Ich denke, wir haben eine kleine Ruhepause nötig. Aber jetzt sollten wir uns aufs Ohr legen, denn wir müssen bei Morgengrauen aufbrechen, dann können wir sie vielleicht beim Weiden überraschen, ehe sie weiterziehen.«

      Allgemeine Zustimmung, und wir trafen unsere Vorbereitungen zum Schlafen. Good zog seine Kleider aus, schüttelte sie aus, steckte sein Monokel und das Gebiss in die Hosentasche, und nachdem er alles fein säuberlich zusammengefaltet hatte, legte er sie zum Schutz gegen die Nachtfeuchtigkeit unter die eine Ecke seiner wasserdichten Plane, die er als Bettdecke verwendete. Sir Henry und ich machten weniger Umstände und sanken bald unter unsere Decken zusammengeringelt in einen traumlosen Schlaf, der den Reisenden belohnt.

      Einmal, zweimal, drei - Was war denn das?

      Urplötzlich brach in die Stille der Nacht ein heftiges Gebalge, das aus Richtung des Wassers herüberklang. Und im nächsten Moment barsten beinahe unsere Trommelfelle durch ein schauererregendes Gebrüll. Ein Irrtum über den Ursprung war ausgeschlossen. Nur ein Löwe konnte so einen Krach machen. Wir sprangen alle hoch und starrten in die Finsternis; endlich machten wir eine Masse verschlungener Körper aus - eine Mischung von Gelb und Schwarz, die sich taumelnd und kämpfend auf uns zu bewegte. Wir packten unsere Gewehre, schlüpften in die veldschoens, das sind Schuhe aus ungegerbter Haut, und stürzten aus der scherm. Mittlerweile war der Klumpen gestürzt, hatte sich ein über das andere Mal am Boden überschlagen, und als wir hinkamen, war alles vorbei, der Kampf war zu Ende, alles war still.

      Jetzt sahen wir, was geschehen war. Im Gras lag ein Schwarzantilopenbulle, wohl die schönste aller afrikanischen Antilopen, mausetot, und aufgespießt auf seinem mächtigen gekrümmten Gehörn ein prächtiger, dunkelmähniger Löwe, ebenfalls tot. Offensichtlich war folgendes geschehen: die Schwarzantilope war zur Tränke an das Wasserloch gekommen, wo der Löwe, ohne Zweifel der gleiche, den wir gehört hatten, auf der Lauer gelegen war.

      Während die Antilope trank, sprang sie der Löwe an, wurde aber von den spitzen gekrümmten Hörnern angenommen und aufgespießt. Ich sah schon früher einmal so etwas Ähnliches. Der Löwe, außerstande, sich zu befreien, zerfleischte dem Bullen Hals und Rücken. Die Antilope, wahnsinnig vor Schmerz und Todesangst, hetzte dahin, bis sie tot zusammenbrach.

      Nachdem wir die Tiere ausgiebig begutachtet hatten, riefen wir die Kaffer, um unter unserer Anleitung ihre Kadaver zu unserer scherm zu schleppen. Dann gingen wir wieder schlafen und wachten bis zum Morgengrauen nicht mehr auf.

      Kaum war es hell, waren wir munter und machten uns für die Pirsch fertig. Wir nahmen unsere drei achtkalibrigen Büchsen mit, dazu ausreichend Munition und unsere großen Wasserflaschen voll dünnem Tee, der, wie ich immer wieder feststellen konnte, das beste ist, um sich aufzumöbeln. In aller Eile schlangen wir einen kleinen Morgenimbiss hinunter, dann brachen wir auf. Umbopa, Khiva und Ventvögel begleiteten uns. Die anderen Kaffer bekamen den Auftrag, den Löwen und die Antilope zu enthäuten und letztere zu zerlegen, bis wir zurückkehrten. Unschwer machten wir die breite Elefantenfährte aus. Ventvögel erklärte, nachdem er die Spuren geprüft hatte, dass sie von zwanzig bis dreißig Elefanten stammten, die meisten von ihnen ausgewachsene Bullen. Nun hatte sich die Herde die ganze Nacht hindurch in gleicher Richtung fortbewegt. Es war neun Uhr und bereits sehr heiß, bevor wir durch zerbrochene Bäume, zertretene Blätter und Rinde sowie dampfende Exkremente wussten, dass wir nicht mehr weit von ihr sein konnten. Bald darauf bekamen wir die Herde auch zu Gesicht. Sie zählte, wie Ventvögel gesagt hatte, zwischen zwanzig und dreißig Tiere. Sie hatten ihre Morgenmahlzeit beendet und standen nun, mit ihren großen Ohren klatschend, etwa zweihundert Yards von uns in einer Senke. Es war ein großartiger Anblick. Ich nahm eine Handvoll trockenes Gras und warf es in die Luft, um zu sehen, was für einen Wind wir hatten; denn hatten sie uns erst einmal gewittert, waren sie auf und davon, ehe wir einen Schuss abgeben konnten. Der Wind war günstig, er wehte von den Elefanten her auf uns zu. So schlichen wir vorsichtig weiter, und dank des Dickichts konnten wir uns bis auf etwa vierzig Yards an die Biester heranpirschen. Direkt vor uns, mit der Breitseite, standen drei herrliche Bullen, einer von ihnen mit riesigen Zähnen. Ich flüsterte den anderen zu, dass ich den mittleren aufs Korn nehmen würde, Sir Henry zielte auf den linken und Good visierte den Bullen mit den großen Zähnen an.

      »Jetzt«, raunte ich.

      Wumm! wumm! wumm! ballerten die drei schweren Büchsen, und Sir Henrys Elefant krachte zu Boden wie ein Hammer - ein glatter Herzschuss. Meiner ging auf die Knie, und schon dachte ich, es würde gleich aus mit ihm sein, doch im nächsten Moment war er wieder hoch und raste auf uns zu und gerade in Höhe von mir vorbei. Ich jagte ihm den zweiten Lauf in die Rippen, und das warf ihn zu Boden. Eilig lud ich zwei neue Patronen nach, rannte nahe an ihn heran, und eine Kugel in das Hirn beendete den Todeskampf des armen Tiers. Dann wandte ich mich um, zu sehen, wie es Good mit seinem Riesenbullen ergangen war, den ich vor Wut und Schmerz trompeten gehört hatte, als ich meinem den Fangschuss gab. Der Captain war in größter Aufregung. Sein Bulle hatte, von der Kugel getroffen, gewendet und seinen Angreifer geradewegs angenommen, der gerade noch Zeit fand, auszuweichen. In blinder Wut raste das Tier an ihm vorbei in Richtung unseres Lagers. Mittlerweile war die Herde in panischer Angst in der anderen Richtung davongetrampelt.

      Wir berieten kurz, ob wir dem verwundeten Tier oder der Herde folgen sollten, und schließlich entschieden wir uns zu letzterem. Wir waren der Meinung, dass wir diese Riesenzähne zum letzten Mal gesehen hätten. Ich habe mir seither oft gewünscht, es wäre so gewesen.

      Den Elefanten zu folgen war leicht, denn sie hatten eine Fährte, breit wie ein Fahrweg, zurückgelassen. In wilder Flucht hatten sie den dichten Busch wie tambouki-Gras zusammengetrampelt.

      Die Herde einzuholen war aber eine andere Sache. Wir mussten uns über zwei Stunden bei brütender Sonne weiterquälen, ehe wir sie wieder entdeckten. Mit Ausnahme eines Bullen standen die Tiere auf einem Haufen beisammen, und ich konnte aus ihrem unruhigen Benehmen und der Art, wie sie ihre Rüssel hochhielten, um Witterung aufzunehmen, erkennen, dass sie vor weiterem Unheil auf der Hut waren. Ein einzelner Bulle stand etwa fünfzig Yards abseits von der Herde, für die er offensichtlich Wache hielt. Von uns war er rund sechzig Yards weg. In der Befürchtung, dass er uns sehen oder wittern würde, wenn wir versuchten, näher heranzukommen, und die Herde dann erneut los jagte, zumal das Gelände sehr offen war, nahmen wir zu dritt diesen Bullen aufs Korn, und auf meinen geflüsterten Befehl feuerten wir. Die drei Schüsse hatten Wirkung, und er brach tot zusammen. Und wieder stampfte die Herde los - zu ihrem Unglück aber war etwa hundert Yards weiter eine Nullah, ein ausgetrockneter Wasserlauf mit Steilufern, eine Stelle, die sehr der ähnlich war, an der der kaiserliche Prinz im Zululand den Tod gefunden hatte. Da hinein stürzten sich die Elefanten, und als wir das Ufer erreichten,