Hermine Stampa-Rabe

Auf zum Nullarbor


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mein Popöchen. So lege ich mich wieder hin. Aber dann wache ich wieder auf, weil meine Oberschenkel in meinem kleinen Daunenschlafsack frieren. Die bedecke ich mit meinem kleinen Fleece-Handtuch und stülpe über das Fußende meines Schlafsacks meine dort schon liegende Tasche. Selig schlafe ich wieder ein und wache um 4.00 Uhr in der Frühe auf.

      Ja, 10°C draußen. Was anziehen? Zum Glück habe ich die Fahrradgarderobe für kalte Tage doch nicht ganz nach Townsville vorgeschickt. Mit meiner schwarzen, warmen Fahrradshorts, meiner schwarzen, langbeinigen Fahrradhose mit von innen Fleece-Bezug, meinen wärmeren Socken, dem langärmeligen Unterhemd, der rosa Windbluse und der gelben warmen Fleece-Jacke angezogen, starte ich in den kalten Morgen. Der Himmel ist wolkenlos. Mein Wirt erzählte mir gestern, dass es heute bis 30°C werden soll. Damit kann ich leben.

      Auf einer sehr ruhigen Straße rolle ich sachte bergauf in Richtung Hallett. Heute geht es auf der verhältnismäßig niedrigsten Bergstrecke auf die andere Seite der Bergkette. Zuerst werden es 16 km gegen den immer stärker werdenden Gegenwind. 8 km darf ich dann herrlich bergab und dort im weiten Tal entlang rasen. Danach geht es wieder zur Sache, diesmal aber nur 8 km bergauf. Von dort oben blicke ich hinunter in ein weiteres Tal und gegenüber auf die nächste Berghürde. Als ich dort hochkrieche, muss ich tatsächlich noch absteigen und den Rest hinaufschieben. Aber es hat sich gelohnt.

      Um mich ein wenig zu erholen, lege ich hier eine kleine Pause ein, esse zwei Milky Ways und trinke einen halben Liter Wasser. Hier in Australien wage ich ja nicht mehr, mich dabei hinzusetzen, weil ich, wie schon geschrieben, dem Ameisenproblem an meinem verlängerten Rückgrat aus dem Wege gehen möchte.

      Aber dann rolle ich wie der Wind herrlich hinab und mit etwas Schiebewind immer weiter. In Hallett möchte ich irgendwo eine Essenspause einlegen, wo ich mich dabei hineinsetzen kann. Die Tankstelle, wo es etwas gibt, ist leider geschlossen; denn heute ist Sonntag. So rolle ich weiter und weiter, bis ich Burra erreiche und den Caravan-Platz suche. Aber der ist nicht da, wo er normalerweise liegt, nämlich am Anfang. Total enttäuscht setze ich mich in ein Restaurant, lasse mich erschöpft und total hungrig nieder und lasse mich von der Wirtschaft verwöhnen. Das ist meine erste gute Mahlzeit während meiner Fahrradtour.

      Nach der Bezeichnung der Angestellten hier, habe ich noch eine längere Strecke zurückzulegen, um den hiesigen Caravan-Park zu erreichen. Das wäre ja auch nicht so schlimm, wenn ich nicht die ganze Strecke bis zur Kreuzung morgen wieder zurückfahren muss, um nach Morgan weiterzuradeln. Das sollen 86 km sein. Und diese 4 km vom Platz bis zur Kreuzung dazu ergeben 90 km. Morgen soll es wieder heiß werden, aber die Strecke total flach sein. Welches Glück!

      Bei der Anmeldung erhalte ich einen Rasenplatz, der zurzeit noch im heißen Sonnenschein glüht. Gegen Abend soll sich die Sonne am Himmel so weit gedreht haben, dass er im Schatten liegt. Und ich bin doch sooooo müde!

      Als ich meinen Computer zum Überbrücken der Zeit an die Steckdose stecke und mein WIFI anstelle, ereilt mich die nächste Überraschung. Hier habe ich keinen Internet Empfang. Ich gehe zur Anmeldung und erkundige mich, was das bedeutet. Mir wird erklärt, dass mein Internet WIFI hier nicht funktioniert. Hier gibt es eine eigene Internetverbindung, für die ich stündlich bezahlen soll.

      Nein, abzocken lassen will ich mich nicht und verzichte darauf, meine Emails zu lesen und einen Kurzbericht fürs facebook zu schreiben. Das mache ich alles morgen. Man möge mir verzeihen.

      Nun warte ich beim Gekreische der Kakadus darauf, dass die Sonne weit genug hinter den großen Bäumen verschwunden ist, dass ich im Schatten dieser mein Zelt aufbauen und sogleich schlafen gehen kann. Und ich bin doch soooo müde! Und morgen habe ich doch Geburtstag – ganz allein auf weiter Flur!

      Mein Geburtstag in der Fremde

      21.01.2013: Burra – Morgan: 90 km

      In der Nacht wache ich wieder vor Kälte auf, ziehe mich wärmer an und schlafe dann aber bis 4.40 Uhr weiter. Draußen wird es ja erst um 6.00 Uhr hell. Auch erst dann beginnen die Kakadus und schwarzen australischen Elstern ihr lautstarkes Morgenkonzert. Die Kakadus sind sehr redselig. Schade, dass ich sie nicht verstehe. Sie unterhalten sich fast immer. Und wenn sie in Scharen über dem Platz kreischend hin und her fliegen, wundere ich mich immer, dass sie in den Lüften keinen Zusammenstoß fabrizieren. Nein, dazu sind sie zu gewandt. Von unten sind sie dann immer an ihren rosa Bäuchen und silbergrauen Flügeln zu erkennen.

      Nun kann ich mein Zelt schon viel schneller abbauen, ohne mich abzuhetzen. Zwischen 6.30 und 7.00 Uhr verlasse ich in der Regel meinen Caravan Park und breche in der aufgehenden Sonne auf zu meinen noch bevorstehenden Abenteuern. Unter Abenteuern verstehe ich das Sehen von heimischen Tieren und dem Überradeln von Bergkuppen – verhältnismäßig niedrigen. Mein Rad hält noch durch.

      Aber nach dem Sturz, das es vor Wirrula machte, hat sich die Lowrider-Aufhängung etwas nach rechts verbogen. Aber noch kann das Vorderrad ohne Schwierigkeiten dazwischen rollen. Möge es so bleiben!

      Von meinem Caravan-Park muss ich 2,5 km wieder zurück bis zur Kreuzung nach Morgan fahren. Aber daran schliesst sich wieder eine flache und längere Steigung an. Macht mir nichts mehr aus. Meine Beine sind erstarkt. Außerdem besitzt mein Fahrrad einen wunderbaren „Schwimmring“ mit dem ganz kleinen Zahnblatt vorn in der Mitte.

      Nach den beiden ersten Überquerungen meiner heutigen „Pässe“ geht es hinunter in ein herrlich weites Tal. Davon wusste ich schon und freue mich darauf. Nun rolle ich mit einer Geschwindigkeit von 28–35 km/h dahin. Es ist ein berauschendes Gefühl! So hatte ich es mir für jeden Tag vorgestellt. Aber lieber einen solchen Tag zu haben als keinen. Die Sonne scheint vom blauen Himmel aufmunternd herunter und möchte mich auf meiner heutigen Tour ins Riverland begleiten. Beidseitig wächst der Bluebush, den die Schafe hier fressen. Dieser Bluebush wächst vielleicht bis zu einem Meter hoch und strahlt silbrig-hellblau. Davon durchradle ich auf meinem Highway endlose Flächen. Insgesamt springen sieben Kängurus, sechs Emus und ein Fuchs in Sichtweite dahin. Starke Anblicke! Australiens Kängurus sind die Tiere, die ich hier suche und unbedingt sehen möchte! Hier auf dieser endlosen und fast ausgestorbenen Strecke sind sie anwesend. Leider liegen auch drei neue von Autos getötete Kängurus am Straßenrand, auch ein Fuchs und was mich am meisten fasziniert, ein kleiner Kauz. Von seinen Flügelfedern ziehe ich mir beidseitig jeweils die vier Schwungfedern mit dem großen, weißen Fleck heraus und stecke sie mir ein. Sie mögen mich gedanklich die Highways entlang tragen. Ich stelle mir vor, jetzt ein großer Kauz zu sein, der seine wunderschönen Flügel ausbreitet und über dem Highway entlang fliegt.

      Nach insgesamt 90 km erreiche ich in Morgan an der Fähre (Ferry) meinen heutigen Caravan Park, dessen Zeltplätze im bratenden Sonnenschein liegen. Deshalb setze ich mich in der Laundry (dem Wäschewaschraum mit den Waschmaschinen) auf dem kalten Fußboden auf eine Illustrierte, habe meine Fahrradschuhe, die Socken und mein Fahrradhemd ausgezogen und kühle mich von unten auf diese Weise ab. Hier laufen neben dem Gebäude die Leute in Badezeug herum und sehen eigentlich noch nackter aus; denn ich trage noch meine lange, dünne Fahrradhose. Habe heute Mittag schon 2 l kalte Trinkschokolade getrunken und ein langes Brötchen mit sehr vielen Leckereien aus Fleisch und Gemüse als Mittagessen verdrückt. Aber Durst quält mich endlos, obgleich mein Bauch total gefüllt ist.

      Heute ist mein Geburtstag. Mein Kläuschen und viele Freunde haben mir per Computer gratuliert. So bin ich hier zwar körperlich allein, doch per Computer mit meinen Freunden verbunden. Das ist ein sehr angenehmes und herzerfrischendes Gefühl. Vielen Dank.

      Es wird nun Zeit, mein Zelt aufzustellen und schiebe mein Rad auf das River-Ufer, wo für die Zelter ein ganz breiter und wunderbar weicher, dichter und federnder Rasenstreifen zur Verfügung steht. Die Sonne beleuchtet den Murray-River und mit ihm die Fähre, die dauernd von einer Flussseite zur anderen an einer starken Trosse schwimmt. In der Nähe spielen junge Leute. Im Fluss baden Kinder, die von einem Erwachsenen behütet werden.

      Als ich mein Zelt dann endlich aufgebaut und innen meine Packtaschen an der linken Seite aufgestellt habe, natürlich auch meine Unterlage und meinen dünnen Daunenschlafsack ausgebreitet, ist es plötzlich draußen dunkel geworden. Was für ein Glück, dass ich früh genug hinunter ging. Die jungen