Alexander Reiter

Das Schöpfer-Gen


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Altiplano, Coles Wohnmobil/10.00 Uhr (BOT)

       Altiplano, Laborwagen/11.30 Uhr (BOT)

       Coles Wiederkehr

       Die Wächter

       Das Fest des Lebens

       Der Morgen danach

       Tayna Aché

       Der Einzug des Lebens

       Es beginnt

       Altiplano, Kommandozelt von General Mason/noch wenige Stunden bis zum Blutmond

       Altiplano, Sonnentor/Stunde null

       Die Fenris

       Bere Shiit

       Erstes Blut

       Der Kampf

       Engelstod

       Mason

       Ein Neubeginn

       Epilog

       Zu guter Letzt

       Impressum neobooks

      Prolog

       Der Schlüssel der Geschichte ist nicht in der Geschichte, er ist im Menschen.

       Théodore Simon Jouffroy

      Hätte ich gewusst, was auf mich zukommt, wäre ich wahrscheinlich verrückt geworden, andererseits hätte das ja auch nichts geändert.

      Ich höre in meinem Kopf noch die mahnenden Worte meiner Mutter: „Bleib brav und mach mir keine Sorgen!“ Wenn sie wüsste, wie weit ich davon entfernt bin, nun da sich mein Leben von dem einen auf den anderen Moment in einen Wahnsinn ohne Ende transformiert hat. Eine einzelne Woche, und nichts ist mehr, wie es war. Ich bin nicht mehr derjenige, der ich war.

      Wer – oder besser – was ist nur aus mir geworden? So, wie ich die Sache sehe, stehe ich wieder ganz am Anfang.

      Vergangenheit, Zukunft, Zeit, Raum und Existenz sind seit ein paar Tagen schrecklich relativ.

      Jeder ist seines Glückes Schmied? Ach, das ist doch lachhaft!! Hat man denn eine Wahl? Tausend Gedanken schwirren mir durch den Kopf, alles erscheint neu, muss neu bewertet werden. Gibt es eine Realität, die wirklich Bestand hat?

      Vielleicht bin ich gar nicht mehr in der Lage, zu unterscheiden, was wirklich ist und was nicht, und finde Dinge heraus, die ich besser im Dunkel des Geistes gelassen hätte.

      Ich gehe durch die Nacht – und muss plötzlich innerlich schallend lachen. Werde ich jetzt verrückt? O Mann, ich muss mich zusammenreißen! Ruhig bleiben, tief durchatmen und konzentrieren. Alles von Anfang an. Und wenn es der Anfang vom Ende ist.

      Ich muss Gewissheit haben.

      Marylebone, Dorset Square, London/Samstag, 9.10 Uhr (GMT)

      Rise and shine, Scheißwecker! Mein Kopf fühlte sich an, als hätte eine Horde Irrer in ihm eine Jamsession durchgezogen, mit Nutten, Bier und allem Drum und Dran. Gott, ich muss echt versuchen, mit dem Saufen aufzuhören, dachte ich.

      Ich versuchte den Typen, der mir im Spiegel müde entgegenblickte, behelfsmäßig zu waschen, stellte die Kaffeemaschine an und fummelte aus meiner Jeans eine Zigarette heraus. Die Sonne schien durch die Vorhänge meiner Wohnung, es versprach, ein schöner Tag zu werden.

      Langsam kamen meine Lebensgeister wieder. Ich zog mich an – das Übliche: Jeans und Poloshirt. Dafür, dass ich die ganze Nacht unterwegs gewesen war, sah ich eigentlich echt gut aus. Spieglein, Spieglein an der Wand … klar doch, ich! Na dann, David Cole, auf in die Arbeit – fuck, I love my job!

      Auf dem Weg zur Haustür bemerkte ich, dass mein Anrufbeantworter blinkte. Ich wandte mich noch einmal um und lauschte amüsiert einer Tirade meines Chefs: „He, du Sack, es ist neun Uhr, wir haben heute Mittag die Bude voll und ich habe dir doch gesagt, dass Steve krank ist. Komm in die Gänge, du Arschloch, sonst kannst du morgen woanders arbeiten!“

      Na, super. Irgendwann in dieser Nacht war mir entfallen, dass wir ausgemacht hatten, heute ein paar Stunden früher anzufangen. Also genau genommen hatte er mir das im Pub bei unserem Feierabendbier – dem ersten – gesagt.

      Ich ging die Balcombe Street entlang Richtung Marlebone Station und kaufte mir im Corner Shop noch eine Dose Red Bull und Kippen. Mein indischer Freund dankte mir wie üblich mit „Thank you for your custom“ und ich drückte ihm einen Fünf-Pfund-Schein in die Hand, der irgendwie aussah, als hätte ich ihn letztens mit meiner Jeans mitgewaschen. Irgendwann würde ich ihn fragen, ob er wusste, dass er sich wie der Typ von den Simpsons anhörte.

      Ich fuhr mit der Rolltreppe nach unten, sprang gerade noch rechtzeitig in den letzten Waggon der Bakerloo Line und trat an der Station Charing Cross wieder ins Freie. Meistens ging ich das letzte Stück ins Drunken Pony zu Fuß, so hatte ich noch genug Zeit für eine Zigarette. Mit einer Sonnenbrille auf der Nase ließ sich das grelle Morgenlicht auch einigermaßen ertragen.

      Am Pony angekommen, schnippte ich den Stummel meiner Benson auf den Boden, marschierte die Stufen rauf ins Pub und drückte die Tür auf.

      „Oh, wie schön, dass du es auch mal schaffst zu erscheinen!“, schallte es mir entgegen. Paul Richards, mein Chef, sah eigentlich aus wie immer. Seine Arbeitskluft bestand aus Jeans, weißem Baumwollhemd und seiner heißgeliebten Latzschürze. Sein Gesichtsausdruck war allerdings nicht wie immer.

      „Sorry, Paul, ich hab verschlafen.“

      Das Stirnrunzeln vertiefte sich.

      Mist. Falscher Ansatz.

      „Ach, fuck you! Ich will einmal erleben, dass du pünktlich bist, nachdem wir einen trinken waren.“

      Ich versuchte es mit einem Witz. „Na, das könnte schwierig werden, Chef, es sei denn, wir gehen in ’ne Milchbar.“ Auch das zog nicht.

      Paul rollte mit den Augen. „Du bist ein echter Arsch, weißt du das?“, sagte er und gab mir mit einer herrischen Handbewegung zu verstehen, dass ich mich an die Arbeit machen sollte.

      Das Pony liegt direkt am Covent Garden und befindet sich im ersten Stock mit einer schönen Terrasse und direktem Blick