Daniel Sigmanek

Die Herren von Telkor - Die Trollhöhle


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des Weges doppelt so lange wie Tado für die Strecke in ihrer Gänze. Also vertrieb der Wartende sich damit die Zeit, nun seinerseits den Gebirgspfad, den sie gekommen waren, nach möglichen Feinden abzusuchen.

      Und tatsächlich weiteten sich seine Augen nach einigen Augenblicken des Ausschauhaltens, als er nämlich eine kleine Gruppe von grauen Schatten ausmachte, die sich in beträchtlichem Tempo ihrem jetzigen Standort näherten.

      Als Tado mit einer Hand seine Blicke vor der brennenden Sonne schützte, erkannte er, dass es sich um Trolle handeln musste. Er hätte gerne gewusst, wie sie den herabgeregneten Geröllberg hatten überwinden können, realisierte aber, dass es nicht der passende Augenblick war, um sich über so etwas Gedanken zu machen.

      Stattdessen rief er Spiffi in hektischem Tonfall zu: „Beeil dich! Wir werden anscheinend verfolgt!“

      „Von wem?“, wollte Spiffi wissen.

      „Konzentrier dich lieber auf das Klettern“, versuchte Tado seine Frage zu umgehen. „Sonst sind wir tot.“

      Wie auf Stichwort löste sich die Axt, die sich bis eben noch in einer kleinen Felsspalte verhakt hatte, und fiel mitsamt dem Seil und Spiffi in die Tiefe.

      Zumindest wäre sie das, wenn Tado nicht geistesgegenwärtig seine Hand ausgestreckt und das Beil zu fassen bekommen hätte.

      Er rief dem Kletternden zu, dass er sich beeilen solle, lange könne er das Seil nicht mehr festhalten. Danach sah er sich nach einem Halt um. Er musste immerhin das gesamte Gewicht Spiffis sichern, zudem wurde seine Hand langsam rutschig und die Klinge der Axt schnitt ebenfalls fortwährend in seinen Arm.

      Das Holz glitt langsam durch seine Hand, Blut färbte den Boden. Bis Spiffi hinaufgeklettert war, dauerte es noch gut eine Minute, viel zu lange, um dieser Belastung standzuhalten. Seine Schuhe schliffen langsam in Richtung Abgrund. Er brauchte einen festen Stand. Ein Blick auf ihre Verfolger, die nun kaum noch hundert Meter entfernt waren, gab ihm noch einmal neue Kraft. Seine rechte Hand griff nach dem Seil, welches rauer war als der glatt polierte Holzgriff der einfachen Holzfälleraxt, während seine linke einen Spalt an der Wand des Tunnels, in den die Felsöffnung führte, ergriff. Das Metall des Beils bohrte sich noch tiefer in seinen Arm.

      Genau in dem Moment, in dem Spiffi nach der Kante fasste, erreichte der erste Troll das Seil, und begann, daran herumzuzerren.

      Spiffi warf seinen Bogen und den Köcher zu Tado in die Felsöffnung. Dieser schaffte es, die Axt an der Tunnelwand zu befestigen, legte einen Pfeil auf die Sehne und zielte auf den Kopf des Ungetüms. Er hatte noch nie mit so einem Gerät hantiert, also spannte er die Waffe so weit, dass das Holz ächzte. Dann ließ er das Geschoss auf den Troll zuschnellen. Er traf überraschend gut. Die Metallspitze durchbohrte einige Halswirbel, sodass der Getroffene einfach nur nach hinten kippte und dabei zwei seiner nachfolgenden Gefährten niederriss.

      Spiffi kletterte derweil endlich über den Rand und Tado holte das Seil ein. Nachdem die Gefahr gebannt war, atmeten beide tief ein und aus, tranken etwas, bevor sie sich den vor ihnen liegenden Tunnel besahen. Er wurde von Fackeln erhellt, die sich in alten, rostigen, scheinbar symmetrisch angeordneten Halterungen befanden. Durch das flackernde Licht sah Tados Schnittwunde schlimmer aus als sie war, wirkte schon fast bedrohlich. Seine Schläfe zierte weiterhin die unrühmliche Wunde, die ihm die Waldtreiber beigebracht hatten, denn der Verband schien sich gelöst zu haben.

      Die Kletterei hatte die beiden ziemlich erschöpft, und sie tranken fast ihren gesamten Wasservorrat leer. Auch aßen sie nicht gerade wenig. In Tados Rucksack befand sich hauptsächlich Obst, während der Spiffis bis oben hin mit Käsebroten gefüllt war.

       „Wir sollten langsam weiter“, meinte Ersterer schließlich. Er stand auf. Nach kurzem Zögern erhob sich auch sein Gefährte.

      Einige weitere Sekunden verstrichen, bevor sie in den vor ihnen liegenden Tunnel hineinmarschierten. Ihre Schritte hallten unnatürlich laut wider. Die Luft war erfüllt von einem Geruch, der sie beide vorsichtiger werden ließ.

      „Hoffentlich endet der Gang bald. Ich möchte gar nicht wissen, was hier drinnen alles haust“, sagte Spiffi, während er den schussbereiten Bogen vor sich hielt.

      „Wir sollten uns lieber darüber Gedanken machen, welchen der beiden Wege wir nehmen“, meinte Tado und deutete auf eine Weggabelung.

      „Der linke scheint mir sicherer. Rechts werden die Fackeln weniger und da sind lauter Spinnweben an den Wänden“, meinte sein Gefährte angewidert.

      „Aber wenn wir nach links gehen, laufen wir Gefahr, auf irgendwelche Kreaturen zu stoßen. Die Fackeln müssen nämlich ab und zu erneuert werden, und wer sollte dies auf einem unbewohnten Pfad tun?“

      „Kreaturen, die uns angreifen wollten, würden aber eher nicht ihren Gang für uns ausleuchten“

      Also schlugen die beiden die von Spiffi genannte Abzweigung ein. Als sie eine Weile gegangen waren, stellen sie erleichtert fest, dass es wohl der richtige Weg gewesen sein musste. Nur die absolut gleichen Abstände der Fackeln, dass sie alle genauso weit heruntergebrannt und die Felswände nicht geschwärzt waren, machten Tado stutzig. Zudem schien nirgendwo ein Spalt im Gestein zu sein, durch das der Rauch abziehen konnte.

      Er wurde aus seinen Überlegungen gerissen, als plötzlich ein Geräusch ertönte. Die beiden hielten ihre Waffen - den Bogen und die Axt - fester umschlossen. Der Gang beschrieb an dieser Stelle eine Biegung. Als die Gefährten am Ende der Kurve angelangt waren, stellten sie erleichtert fest, dass der Laut wohl doch einen natürlichen Ursprung besaß, nahmen jedoch mit Schrecken wahr, dass sich der Weg erneut gabelte - diesmal in vier Richtungen. In diesem Moment tauchte vor ihnen so etwas wie eine schwarze Kugel auf, die den beiden ihre Waffen regelrecht aus den Händen schleuderte. Erst auf den zweiten Blick stellten sie fest, dass es sich um einen Morgenstern handelte.

      Plötzlich segelte von der Decke ein Schatten herab, der sich als eine kleine Gestalt entpuppte. Tado konnte nichts Näheres erkennen, außer dass sie nur etwa einen Meter fünfzig maß und eine lange Nase hatte. Die Hautfarbe war bei dem flackernden Licht nicht besonders gut zu erkennen, aber sie schien ins Grünliche zu gehen.

      Während die beiden Angegriffenen nur völlig fassungslos dastanden, musterte sie das kleine Wesen aufmerksam.

      „Wer seid ihr?“, fragte es in nicht gerade höflichem Tonfall.

      „Wir werden dich nicht angreifen“, begann Tado.

      „Wozu ihr auch gar nicht in der Lage wärt“, meinte der andere.

      „Doch, ich habe ein Messer in meinem Rucksack“, erwiderte er, bemerkte allerdings selbst, dass seine Aussage gepaart mit seinem unsicheren Tonfall eher lächerlich wirkte.

      Das Wesen maß ihn mit einem stechenden Blick.

      „Egal, wer seid ihr?“, fragte es noch einmal in einem nicht viel freundlicheren Ton.

      „Tado und Spiffi.“ Letzterer war noch zu geschockt, um etwas zu sagen.

      „Eigentlich meinte ich: Was seid ihr?“

      „Sieht man das nicht? Wir sind Menschen“, meinte Tado etwas verwirrt.

      „Man kann ja nie wissen. Wir haben seit langer Zeit keine Menschen mehr gesehen, da kann man das Aussehen solcher Kreaturen schon einmal vergessen. Und nun folgt mir. Ich bringe euch zu meinem König.“

      „Und wenn wir nicht mitkommen?“, fragte Spiffi, der langsam seine Fassung wiederbekam.

      „Wenn ihr hier jemals lebend herauskommen wollt, dann solltet ihr mir folgen.“

      Mit diesen Worten drehte sich die Kreatur um und schlug den zweiten Weg von links ein. Plötzlich blieb er stehen und drehte sich noch einmal um: „Bevor ich es vergesse, ihr seid hier im Reich der Goblins. Erwartet also nicht zu viel Freundlichkeit oder gute Behandlung.“

      Er setzte seinen Weg fort, hielt dann allerdings noch einmal inne: „Übrigens, mein Name ist Regan. Und ich bin ein Goblin.“

      Er wartete, bis die beiden Gefährten aufgeholt hatten, und marschierte