Daniel Sigmanek

Die Herren von Telkor - Die Trollhöhle


Скачать книгу

sahen sich um.

      Vor ihnen erstreckte sich ein mehr oder weniger ebenmäßiges Plateau, auf dessen rechten Rand der Goblinkönig nun zuschritt. Dahinter erhoben sich riesige Felswände. Der Trupp steuerte einen Spalt an, durch den man sich geradeso hindurchzwängen konnte. Das veranlasste Tado dazu, zu überlegen, wie wohl ein Troll dort hindurchgepasst hat. Es musste wohl ein sehr dünner sein.

      Als hätte Kaher seine Gedanken gelesen, sagte er plötzlich: „Bei dem Erdbeben vor ein paar Tagen haben sich die Wände aufeinander zu bewegt. Wir werden wohl demnächst die Öffnung vergrößern müssen.“

      Tado schenkte den Worten nicht viel Glauben, sein Dorf lag zwar ziemlich abseits, aber von einem derart starken Beben, dass solch riesige Felsen bewegt, hätte sogar er zweifelsohne gehört. Und außerdem, hatte der König nicht vorhin gesagt, dass die Trolle erst seit heute morgen die Quelle besetzten? Demnach hätte auch das Beben erst heute sein können...

      „Wie weit ist es noch bis zu eurer Quelle?“, fragte Spiffi ungeduldig.

      „Da vorne ist der Eingang zu einer kleinen Höhle, in der sich eine Treppe befindet, die hinauf zu der Quelle führt“, erwiderte Regan.

      Tados Aufregung stieg. Die Vier näherten sich dem schmalen Eingang. Sie mussten hintereinander gehen, da der Gang recht schmal war. Schließlich erreichte Kaher, der voran ging, die Felsöffnung und marschierte hindurch. Ihm folgten die anderen, wobei Regan als letzter die Höhle betrat, die unerwartet hell war.

      Auf der Treppe, von der er gesprochen hatte, saß der Troll und schien zu schlafen. Tado sah sich um, entdeckte jedoch keine Vorräte, stattdessen lagen überall Knochen herum und abgemagert schien das graue Ungetüm auch nicht zu sein.

      Spiffi legte einen Pfeil auf die Sehne seines Bogens und schoss. Jedoch übermannte ihn mal wieder die Aufregung und das Geschoss prallte nur gegen den kalten Stein. Dies allerdings weckte den Troll. Langsam erhob er sich.

      „Spiffi, schieß ihm in den Kopf!“, rief Kaher.

      „Geht nicht“, antwortete der Angesprochene. „Meine Pfeile sind alle verbraucht!“

      Der Goblinkönig murmelte irgendeine Verwünschung. Der Troll stand mittlerweile und starrte die Vier an. So verharrten sie alle. Nach einigen Sekunden erwachte das grauhäutige Ungetüm vollends und griff nach einem Felsbrocken, der sich neben ihm auf dem Boden befand und warf damit nach Regan. Dieser wich jedoch mit fast spielerischer Leichtigkeit aus und schwang seinen Morgenstern.

      Tado war sich absolut sicher, dass der Goblin dieses sperrige Gerät bis eben noch nicht bei sich gehabt hatte. Zudem staunte er darüber, mit welcher Leichtigkeit er diese riesige Waffe zu bedienen vermochte, als die schwarze Stahlkugel auf den Bauch ihres Gegners krachte.

      Allerdings spürte der Troll dies wohl kaum, da er einen weiteren Stein in die Hand nahm. Seine Haut musste steinhart sein. Erneut warf er sein Geschoss, diesmal in die Richtung von Tado, der jedoch, wenn auch nur mit Mühe und Not und nicht annährend so geschmeidig wie sein grünhäutiger Weggefährte, ausweichen konnte.

      Kaher flüsterte einige Momente etwas vor sich hin, und hielt kurz darauf einen faustgroßen Feuerball in der Hand, den er dem Troll gegen seinen Kopf warf. Das Ungetüm heulte auf, doch anscheinend schien die Attacke ihn zu noch größerer Zerstörungswut anzutreiben, denn er stürmte auf die Vier zu und bekam Spiffis Arm zu fassen. Er schleuderte ihn wie Müll einfach hinter sich. Der Geworfene blieb jedoch weitgehend unversehrt. Das graue Wesen hatte inzwischen Tado seine Axt aus der Hand geschlagen (die auch prompt in zwei Teile zerbrach) und wollte ihm gerade den Todesstoß geben, als er unter einem Schmerzensschrei hintenüber kippte. Eine Eisenspitze ragte aus seiner Kehle. Spiffi hatte den vorhin danebengeschossenen Pfeil gefunden und dem Troll damit den Hals durchbohrt.

      Der Aufprall des Körpers hatte jedoch eine Erschütterung zur Folge, die den Eingang zur kleinen Höhle einstürzen ließ.

      „Nein!“, rief der Goblinkönig, als er machtlos mit ansehen musste, wie ihr Rückweg von tonnenschweren Felsbrocken versperrt wurde.

      „Vielleicht gibt es oberhalb der Treppe eine Möglichkeit, von hier wegzukommen“, meinte Tado.

      „Nein“, sagte nun auch Regan. „Oben ist nur die Quelle, aus der ein Fluss entspringt.“

      „Lasst uns trotzdem hinaufgehen“, schlug Spiffi vor. Es war ein recht unnötiger Einwand, wenn man bedachte, dass ihnen ohnehin nur dieser eine Weg offenstand.

      Die Vier gingen die Treppe hinauf, die so alt und zerschunden war, dass man Mühe hatte, überhaupt eine Stufe zu erkennen - von denen sie auch nicht viele besaß, denn nach drei oder vier Metern standen sie schon wieder im Freien, allerdings umgeben von riesigen Felswänden. Und einer dunklen, fast quadratischen Öffnung darin.

      Diese sahen sie jedoch vorerst nicht. Ihr Blick richtete sich nämlich auf einen Krater vor ihnen, dessen Durchmesser gute zwanzig Meter betrug. Bis zur Hälfte war er mit Wasser bedeckt, das durch einen niedrigen Tunnel aus diesem Tal hinaus floss.

      „Das ist die Quelle des Lebens“, sagte Kaher plötzlich. „Sie heilt alle Wunden und vertreibt Müdigkeit und Hunger. Endlich gehört sie wieder meinem Volk. Leider verliert das Wasser seine magische Kraft, wenn es den Krater verlässt, deshalb kann man es nur in besonderen Gefäßen aufbewahren.“

      Tado war von dem Anblick der himmelblauen Pfütze (denn mehr war es eigentlich nicht) weniger beeindruckt als die beiden Goblins, denn er sah keine Möglichkeit, wie er zurück zu deren Stadt, und damit auch zurück zu seinem ursprünglichen Weg, kommen sollte. Der Tunnel, durch den der von der Quelle abzweigende Fluss die umliegenden Felswände untergrub und wahrscheinlich aus dem Gebirge floss, maß gerade einmal drei Fuß - zu niedrig.

      Fieberhaft sah sich Tado nach einem Ausgang um. Da entdeckte er die quadratische Öffnung in der Felswand zur Rechten. Hoffnung breitete sich in ihm aus, als er die anderen darauf aufmerksam machte.

      Die Vier sahen hinein. Vor ihnen lag ein dunkler, verlassen aussehender Gang.

      „Sieht doch ganz viel versprechend aus“, meinte Spiffi.

      Kaher holte aus der Höhle des Trolls eine Fackel und zündete sie an.

      Der Boden war uneben und rau. Das flackernde Licht der Fackel spendete kaum Helligkeit. In der Luft hing ein Modergeruch. Jede Bewegung schien ein Echo zu verursachen.

      „Hahahallo!“, rief plötzlich eine Stimme. Tado fuhr erschrocken zusammen und Spiffi stieß einen halblauten Schrei aus. Die Vier drehten sich mit einem Ruck um - und blickten auf eine merkwürdige, kleine Gestalt mit langen, schmalen Ohren, faustgroßen Augen und Armen, die beinahe so lang wie die Kreatur groß waren. Das Geschöpf hockte auf dem Boden und maß nicht mehr als einen Meter.

      „Wer seid ihr?“, fragte es. „Und was ist das für ein helles Ding?“ Das Geschöpf deutete auf die Fackel.

      „Fackel“, brachte Tado hervor. „Eine Fackel.“ Mehr konnte er nicht sagen, der Schreck saß noch zu tief.

      „Dann werft die Fackel weg, sie verdirbt die Augen!“, jammerte es.

      Tado machte ein verdutztes Gesicht. Ohne das wenige Licht der Fackel würde hier stockfinstere Nacht herrschen.

      „Wir können sie nicht wegwerfen“, meldete sich nun Kaher zu Wort. „Ansonsten können wir nichts sehen.“

      Die kleine Gestalt maß ihn mit einem Blick, als überlege er, ob er schon einmal solche Wesen gesehen hat. Nach einigen Sekunden des Schweigens sagte sie endlich: „Ich wusste doch, dass mit euch etwas nicht stimmt. Ihr habt komische Augen!“

      Tado runzelte die Stirn: „Wer bist du eigentlich?“

      Das Wesen sah ihn mit seinen großen Augen an, die Pupillen kaum noch sichtbar: „Ich heiße Allo, vom Volk der verrückten Kobolde.“

      Die Vier waren sichtlich verwirrt.

      „Wieso denn verrückt?“, fragte Regan, während er den Kobold mit einem merkwürdigen Blick musterte.

      „Wir