Dorothy Ettrich

Eine amerikanische Liebe


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      Dorothy Ettrich

      Eine amerikanische Liebe

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Epilog

       Impressum

       Kapitel 1

      Wo war sie nur gelandet? Ridgerock, Montana war auf den ersten Blick klein und lag ein wenig verschlafen in dem mittäglichen Sonnenglast. Marie parkte in der Hauptstraße mit dem klangvollen Namen „Thomas-Jefferson-Avenue“ und betrachtete die Szenerie: Ein Geschäft reihte sich an das andere, die Häuser mit Veranden und Balustraden davor waren überwiegend aus Holz gebaut. Zwischen den Holzhäusern mischten sich Flachdachbauten aus Stein, die wie hingewürfelt schienen. Marie hatte sich in ihrer Kindheit den Wilden Westen immer so oder zumindest so ähnlich vorgestellt, aber sie hatte sich nicht vorgestellt, ausgerechnet jetzt hier in Ridgerock zu sein, denn nach ihrer Straßenkarte war Ridgerock eher ein kleiner unbedeutender Punkt. Sie hatte jedoch auf dem Weg zum Yellowstone Park eine Abfahrt vom Highway verpasst.

      Im Moment breitete sich ein Gefühl von Hilflosigkeit in ihr aus. Bereits zweimal hatte sie sich während dieser Reise verfahren, aber immer mit Glück und einer gewissen Intuition wieder die richtige Straße gefunden, obwohl ihr Orientierungssinn nicht sonderlich ausgeprägt war. Aber jetzt hatte sie den Eindruck, inmitten der amerikanischen Wildnis zu stehen.

      Marie studierte sorgfältig die Karte, um so schnell wie möglich wieder auf eine Straße in Richtung des Yellowstone Parks zu kommen, auf keinen Fall wollte sie den ganzen Weg zurückfahren. Die Karte zeigte aber leider kein Erbarmen mit ihr. Sie war einfach zu grob für diese kleinen Orte und Straßen abseits der Hauptverkehrswege und Marie beschloss, erst einmal einen Kaffee zu trinken und bei der Gelegenheit jemanden nach dem Weg zu fragen.

      Sie wendete ihr Auto, einen gemieteten Toyota Camry, und fuhr zu dem großen Einkaufszentrum, das am Ortseingang ausgeschildert gewesen war. Diese Zentren gab es selbst in der kleinsten amerikanischen Ortschaft.

      Als sie die Avenue hinunterfuhr, blickte sie direkt auf ein riesiges Schild, das einen Rodeoreiter auf einem bockenden Pferd zeigte. Marie kniff ihre Augen gegen die Sonne zusammen und las, dass heute Nachmittag in Ridgerock ein Rodeo stattfindet.

      Ihre Neugierde war sofort geweckt, denn noch nie hatte sie ein Rodeo gesehen, deshalb überlegte sie, nach dem Kaffee dorthin zu fahren, denn mit einem Rodeo verband sich für sie eine romantische Westernbegeisterung.

      Aber, dachte Marie, wenn ich mir das Rodeo anschaue, kann ich heute unmöglich noch weiter zum Yellowstone Park fahren. Das heißt, ich brauche ein Zimmer in diesem Städtchen. Nun, das würde wahrscheinlich das geringste Problem sein.

      Marie Belandres war das erste Mal in den USA. Sie war am Chiemsee als jüngste Tochter eines Tischlers und Möbelschreiners aufgewachsen und wohnte jetzt in München, war vierundzwanzig Jahre alt und studierte Wirtschaftswissenschaften im siebten Semester. Im Sommer des nächsten Jahres würde sie mit ihrem Studium fertig sein. Diese Reise mit dem Auto durch den Westen der USA hatte sie sich geschenkt. Marie arbeitete viel in den Semesterferien, um sich ihr Studium zu finanzieren. Ihre Eltern waren zwar nicht arm und sie bekam selbstverständlich von ihnen ab und zu einen Zuschuss für ihr Studium. Aber Marie wollte finanziell unabhängig sein.

      Sie war eine gute Studentin und beliebt bei den Kommilitonen. Der ihr eigene Charme war in der Universität und bei ihren Freunden sprichwörtlich. Sie hatte eine zierliche und sportliche Figur, denn sie joggte jeden Morgen eine halbe Stunde, egal wie das Wetter war. Ihr ovales Gesicht war hübsch und interessant, aber nicht im klassischen Sinn schön. Es wurde von großen tiefblauen Augen beherrscht, die wie dunkle Bergseen wirkten. Ihre Nase war schmal und klein und jeder, der Marie ansah, schaute sie immer wieder an, denn wenn sie lachte, schien die Sonne aufzugehen. Ihr dichtes, volles Haar war dunkelbraun mit einem goldenen, kupfernen Ton, der Lichtreflexe zu werfen schien. Sie trug es oft bis zu der Taille offen, sofern sie Lust dazu hatte. Sehr viel öfter flocht sie ihre Haare zu einem dicken Zopf. Marie war sich nicht bewusst, wie sie auf andere Menschen wirkte. Sie war eine äußerst attraktive Erscheinung und kokettierte nicht mit ihrem Äußeren, so dass sie dadurch erfrischend natürlich und nett aussah. Dass sie schön war, wenn sie sich die Mühe machte, ihr Gesicht zu schminken, ahnte Marie, weil sie sich dann vor Komplimenten nicht retten konnte. Meistens lief sie allerdings ohne Make-up, natürlich durch ihr Leben, denn Marie war immer beschäftigt und hatte nie richtig Zeit.

      Nur mit der Liebe haperte es sehr, bisher hatte Marie noch nicht den Einzigen gefunden. Während des letzten Semesters war sie mit einem Kommilitonen aus England liiert gewesen, der ein Austauschsemester an der Universität in München gemacht hatte. Max. Von seiner Seite war es sicher mehr als nur die Liebelei gewesen, die es für Marie gewesen war. Sie selbst war immer der unumstößlichen Auffassung gewesen, dass sie es wissen würde, wenn plötzlich der Richtige vor ihr stand. In diesem Punkt war sie hoffnungslos romantisch, wie ihre beste Freundin Caro zu sagen pflegte. Aber, um ein bisschen Abstand von München und Max zu bekommen, hatte sie sich entschlossen, in diesem Sommer möglichst weit weg zu fahren, denn die Trennung von Max war eher unschön gewesen.

      Inzwischen hatte Marie das Einkaufszentrum erreicht, bog rechts auf den großen Parkplatz ab und hielt Ausschau nach einem schattigen Parkplatz. Sie hatte zwar einen Wagen mit Klimaanlage, doch sie wusste, dass es sehr viel angenehmer sein würde, wenn sie den Toyota in den Schatten abstellte. Aber der Wunsch nach etwas Schatten war vergeblich.

      Marie stieg aus und die Hitze traf sie mit einer Wucht, die sie schnell das nächste „Starbucks“ ansteuern ließ. Sie setzte sie sich an das große beschattete Fenster und studierte die Speisekarte, die genauso aussah wie im „Starbucks“ in München.

      Eine junge blonde Frau steuerte auf sie zu: „Hallo, was darf es sein?“, fragte sie freundlich. Marie las auf ihrem Namensschild, dass die Frau June hieß.

      „Einen großen Kaffee mit Milch, ein Glas Wasser und ein Stück von dem Käsekuchen, bitte“, antwortete Marie.

      Die Kellnerin schrieb die Bestellung auf. Nach ein paar Minuten brachte June ihr die Tasse Kaffee, das Wasser und das Stück Kuchen. Marie bedankte sich und beobachtete die anderen Gäste im Cafe. Das Beobachten anderer Leute war eine Leidenschaft von ihr. Sie überlegte dann immer, was die Leute wohl beruflich machten, ob sie verheiratet waren oder nicht. Ihr fielen immer Fragen und Möglichkeiten ein.

      Das „Starbucks“ war gut besucht, man sah dort viele Familien und junge Leute. Sie hörte öfter das Wort „Rodeo“. Also fuhr wohl eine Menge Leute zu dem Rodeo. Umso besser, dann konnte es ja nicht so schwer zu finden sein.

      Ein