Klaus Hammer

Artikel 20.4


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mit einem Großaufgebot von Löschfahrzeugen vor dem Reichstagsgebäude auftauchte. Das Problem der Rettungskräfte bestand aber nicht in der möglichst schnellen Anreise, sondern darin die Menschen, die auf den Platz der Republik geflüchtet waren, dazu zu bewegen, diesen für die Feuerwehr frei zu machen.

      So verging Minute um Minute, bis die Einsatzkräfte vor Ort die Schläuche ausrollen konnten und sich mit ihren Gerätschaften zielstrebig in Richtung des Einganges bewegten.

      Die inzwischen ebenfalls eingetroffene Polizei bemühte sich weiterhin, Flüchtende und die inzwischen hinzu eilenden Schaulustigen so weit von den Rettungskräften fern zu halten, dass diese ihre Arbeit verrichten konnten. Innerhalb von kurzer Zeit wurden Absperrungen aufgestellt und der komplette Bereich geräumt.

      Monika und Jovi hatten inzwischen genug Originaltöne von den aus dem Reichstag geflüchteten Personen gesammelt und zum Übertragungswagen überspielt.

      „Ist Dir aufgefallen, dass wir nur Zuschauer und Mitarbeiter des Bundestages vor der Linse hatten?“, frage Jovi unvermittelt.

      Monika sah Jovi fragend an: „Was meinst Du?“

      „Wir hatten nicht einen Parlamentarier vor der Linse. Nicht einmal einen der Hinterbänkler.“

      „Richtig“, stimmte Monika ihm zu. “Die sind doch normalerweise die ersten, die sich versuchen auch mal ins Licht der Öffentlichkeit zu stellen, wenn sich die Gelegenheit ergibt.“

      „Ich habe zwischendurch immer wieder mit der Kamera nach bekannten Gesichtern gesucht. Ich habe niemanden finden können.“

      „Das ist Merkwürdig. Ob die vielleicht auf der anderen Seite aus dem Gebäude geflüchtet sind?“

      „Weshalb? Wegen der Sicherheitslage? Damit sie nicht mit dem Fußvolk zusammen hier auf dem Platz der Republik stehen müssen?“

      „Möglicherweise.“

      Monika nahm ihr Mikrofon zur Hand und sprach direkt zum Ü-Wagen: „Petra, schicke bitte Jan los. Er soll so weit es geht um den Reichstag herum gehen und herausfinden, ob die Parlamentarier woanders herausgekommen sind.“

      „OK“, kam die knappe Rückmeldung.

      Inzwischen hatte Jovi etwas bemerkt und versuchte Monika darauf aufmerksam zu machen: “Schau mal, die Kuppel ist vollkommen verraucht. Auch die Scheiben nach vorne sind weiß vor lauter Qualm.“

      „Stimmt. Da drinnen muss es eine ganz schön starke Rauchentwicklung geben. Aber ich sehe keinen Feuerschein. Müsste ein Feuer nicht bei der Menge Rauch deutlich zu sehen sein?“

      „Ich habe es auch mit dem Zoom-Objektiv versucht. Nichts. Kein Feuerschein.“

      „Hier ist Jan“, meldete sich Jan Schäfer über den Regie Kanal. „Ich bin jetzt fast ganz um das Gebäude herum. Aber von unseren Parlamentariern habe ich niemanden entdecken können.“ Jan klang ziemlich außer Atem. Er war scheinbar so schnell er konnte um den Reichstag gelaufen.

      Jovi kratzte sich am Kinn. „Das ist Merkwürdig. Warum sollten die drin bleiben? Und dazu noch alle?“

      „Ist Dir aufgefallen“, begann Monika, „dass die Feuerwehr immer noch vor der Tür steht?

      „Das ist hier genau so“, kam es von Jan per Funk.

      „Wir müssen zum Einsatzleiter um herauszufinden, was da passiert ist. Warum geht die Feuerwehr nicht ins Gebäude rein?“

      Monika packte Jovi am Arm und zog ihn zu der Polizeiabsperrung. Einem kleinen Plastik-Zaunelement, das mit seinen gleichartigen Nachbarn nur über einen Metallbügel verbunden war, der sich jedoch ohne Mühe öffnen lies. Sie brauchte nur ein paar Handgriffe um die Absperrung zu öffnen und hindurch zu schlüpfen. Jovi blieb die ganze Zeit dicht hinter ihr. Ihm war nicht ganz klar, was Monika vor hatte, aber sie würde schon wissen was sie tat. Er jedenfalls lies die Kamera durchgehend laufen. Er zeichnete alles auf und sendete es parallel zum Ü-Wagen. So dass sie, selbst wenn man ihnen die Kamera abnahm, die bisherigen Aufnahmen nicht verlieren würden.

      Beinahe aus dem Nichts tauchte ein großer kräftiger Feuerwehrmann in voller Einsatzkleidung vor Ihnen auf und versperrte ihnen den Weg.

      „Wo wollen Sie hin?“ Auf seiner Stirn zeigte sich eine steile Falte, als er sie grimmig ansah. Er hob die rechte Hand und zeigte den beiden die Handfläche mit nach oben gerichteten Fingern, so als ob er Monika und Jovi aufhalten wollte. Monika entdeckte in seiner linken Hand eine schwere Feuerwehraxt.

      „Wir sind vom Sender Phoenix und würden gerne mit dem Einsatzleiter sprechen.“ Monika rang mit ihrer Fassung. Sie hatte befürchtete, dass dieser Feuerwehrmann seine Axt gegen sie einsetzen könnte, wenn sie beide weitergehen würden.

      „Der hat jetzt gerade wichtigeres zu tun. Melden Sie sich doch in ein paar Stunden noch einmal. Oder besser morgen früh. Noch besser nächstes Jahr...“

      Monika fühlte sich nicht ernst genommen. Sie brüllte den Feuerwehrmann an und warf ihm Floskeln, wie Informationsfreiheit, Berichterstattung, Behinderung der Presse und mehr an den Kopf.

      Doch der Mann mit der Axt blieb davon unberührt. „Mir egal“, sagte er gleichgültig. Er winkte kurz mit der Axt hinter sich und ein Polizist erschien. „Schaffen Sie die beiden hier raus. Die behindern unsere Arbeit.“

      Der Polizist sah Jovi und Monika abwechselnd mit einem bösen Blick an und zeigt in die Richtung aus der die beiden gekommen waren. Ihnen blieb nichts anderes übrig als sich um zudrehen und zurück zur Absperrung zu gehen.

      „Merkwürdiges Feuer, so ohne Flammen“, versuchte Jovi den Polizisten auszuhorchen.

      „Woher wollen Sie wissen, ob es keine Flammen gibt? Haben Sie etwas damit zu tun? Wollen Sie sich etwa vergewissern, dass Ihr Verbrechen auch funktioniert hat?“

      „Nein. Wir haben nichts damit zu tun. Das müssen sie uns glauben. Wir sind vom Sender Phoenix und wollten heute über die konstituierende Sitzung berichten als das hier begann...“ Monika lächelte den Polizisten zaghaft an. Vielleicht war ja auf die Art etwas zu erfahren. „Wir haben von dort hinten gesehen, das alles total verqualmt ist, weil die Fenster alle ganz grau geworden sind. Und normalerweise müsste man bei einem Feuer dieser Größe den Schein der Flammen durch diese riesigen Fensterscheiben sehen.“

      „Normalerweise schon. Das ist richtig.“ Der Polizist schien sich etwas zu entspannen. Er hatte inzwischen den Presseausweis entdeckt, den Monika aus ihrer Tasche gezogen und sich an das Revert geklemmt hatte. „Wir tappen da noch vollkommen im Dunkeln.

      Wo sind denn die Parlamentarier abgeblieben? Wir haben sie noch nirgends entdecken können.“

      Der Polizist runzelte die Stirn. „Waren Sie auch auf der anderen Seite des Gebäudes?“

      „Ja. Von unseren Volksvertretern war nichts zu sehen.“

      „Ich bin davon ausgegangen, dass...“, er unterbrach sich selbst. Dann schnappte er sich sein Funkgerät und sprach mit der Zentrale. Nach kurzer Zeit war klar: Niemand hatte einen der Gewählten Abgeordneten den Bundestag verlassen sehen.

      Monika hakte nach, jetzt wo der Polizist schon so auskunftsfreudig war. „Aber warum geht die Feuerwehr nicht rein in das Gebäude und löscht den Brand oder lässt zumindest den Rauch abziehen?“

      Der Polizist sah Monika an, als ob sie den Vorschlag gemacht hätte, Feuer mit Wasser zu löschen. „Den Einsatzkräften ist es derzeit nicht möglich in das Gebäude zu gelangen.“

      9:35h Verriegelt.

      Noch während Besucher und Parlamentarier aus dem Gebäude flüchteten, tauchte hinter der Trennwand und unterhalb des Bundesadlers eine vollkommen in schwarz gekleidete Person mit einer Guy Fawkes Maske auf dem Gesicht auf. Die Person bewegte sich zielstrebig auf einen der beiden Technikräume unterhalb der Besuchertribüne zu.

      Sie öffnete leise, fast so als wolle sie in all dem Lärm des Feueralarms keine verdächtigen Geräusche erzeugen, die Zugangstür zum Technikraum.

      Ein