Christian Sternenfeuer

Das Magische Universum


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dem Piratenkapitän Lust auf mehr.

      »Hmm …, ich will dich nicht kränken, May, doch in Sachen

      Brust hat Aurelia etwas mehr Kuschelfaktor zu bieten«, lästerte

      Hieronymus Stern verschmitzt über das Angebot und bereitete

      sich innerlich auf eine unterhaltsame Nacht vor. Die weit gereiste

      MayLi konnte sehr ausführlich und anschaulich berichten. Dabei

      war sie zugleich eine köstliche Augenweide in ihrem erotischen

      Gewand, das kaum etwas verbarg und die Phantasie zum Glühen

      brachte. Und bei Neptun, MayLi konnte ein Vulkan der Lust sein.

      Alte Erinnerungen drangen aus der Tiefe des Unterbewusstsein

      empor, in denen sich Bilder und Empfindungen der damaligen

      Zeit zu einer köstlichen Sinfonie vereinten.

      Das Sehende Auge

      Zeit: Gegenwart

      Koordinate: Fuxina

      Der Morgen war noch jung als Hieronymus Stern bereits wieder

      unterwegs war. Seine alte, jedoch in den besten Jahren stehende,

      ehemalige Waffenmeisterin und Geliebte MayLi entsandte ihn mit

      einem wirkungsvollen Schlaftrunk ins Reich der Träume. So war er

      nach nur wenigen Stunden erholt aus den fernen Gefilden jenseitiger

      Welten aufgewacht. Ein kräftiges Frühstück vermochte seinen

      knurrenden Magen zu besänftigen und eilig verabschiedete sich

      Stern mit einer innigen Umarmung von der bezaubernden MayLi.

      Wieder hingen die allgegenwärtigen Bettelkinder an seinen Stiefeln.

      Sie baten und jammerten wie immer um eine milde Gabe.

      Hartnäckig waren sie und verfolgten ihn wie die Beutelratten von

      Vegus ihre Beute, den hüpfenden Fischen des ladoganischen Meeres.

      Auch diesmal hatte Stern eine Handvoll Silberlinge für die

      Ärmsten der Armen übrig, die er großzügig und unter freudigem

      Gejohle der schmutzigen Bande verteilte. Ein wenig abseits der

      ganzen Schar bemerkte Stern ein kleines Mädchen, dass ungefähr

      acht Jahre zählen mochte. Sie hatte lange, verfilzte dunkle Haare

      sowie große runde und traurig dreinblickende Augen. Stets hielt

      sie sich etwas im Hintergrund. So, als scheue sie das große Gedränge

      ihrer Gassenfreunde. Doch immer gaben ihr die anderen

      Kinder einen Teil der erbettelten Gaben ab. Der Kapitän wandte

      sich um und schritt auf das Kind zu.

      »Wie heißt du, Kleine?«, fragte Hieronymus Stern mit sanfter

      Stimme. Dabei ging er in die Knie, damit sein Gesicht auf Augenhöhe

      mit dem ihren war. »Hab keine Angst, ich sehe zwar zum

      Fürchten aus, doch nur böse Menschen müssen sich vor mir hüten.

      Niemals jedoch ein Kind, schon gar nicht eine so kleine Elfe wie

      du es bist.«

      »Maike werde ich gerufen«, flüsterte sie mit ihrem zarten Stimmchen.

      »Ich hab keine Angst vor euch, Mylord. Meine Mutter sagt,

      dass ihr kein böser Mensch seid, weil ihr immer etwas Gutes für

      uns Kinder tut.«

      »So, so«, murmelte Stern leicht verlegen. »Sagt deine Mutter

      das, Maike? Nun gut, dann soll sie wohl recht behalten. Doch warum

      kommst du dann nicht näher, wie die anderen Kinder auch?«

      »Sie sind größer und schneller als ich. Schau, mein Bein ist verletzt,

      ich kann nicht so schnell laufen wie die anderen.« Bei diesen

      Worten streckte die Kleine ihr rechtes Bein unter dem zerlumpten

      Röckchen empor und zeigte dem Kapitän eine nicht verheilte und

      schwärende Wunde am Oberschenkel, die immer noch Wundplasma

      absonderte.

      »Oh …, das sieht aber übel aus, wie hast du die denn bekommen,

      Maike?«, fragte Hieronymus Stern das traurig schauende Mädchen.

      »Der Greuliche Johann vom Fiesling hat mich beim Wühlen in der

      Abfalltonne erwischt. Ich suchte gerade mit anderen Kindern nach

      essbaren Resten, die dort immer hineingeworfen werden. Die nette

      Frau, die dort arbeitet, gibt uns manchmal was. Ich habe doch immer

      Hunger und meine Mutter auch«, berichtete sie verlegen dem

      immer finsterer dreinblickenden Kapitän. »Dann hat er uns verjagt

      und ein böses Tier hinter uns hergehetzt. Es hat mich erwischt und

      dabei ins Bein gebissen. Seither schmerzt es mich und will nicht

      mehr richtig heilen. Doch für Medizin fehlt meiner Mutter das

      Geld, darum ist es immer noch nicht heil.«

      Heißer Zorn brodelte in Hieronymus Stern hoch, so sehr erregte

      ihn diese Ungerechtigkeit. Er konnte gnadenlos im Umgang mit

      seinen Feinden sein, doch den Schwachen, vor allem den Kindern,

      stand er stets zur Seite, wenn es galt, Unrecht zu verhüten oder

      nachträglich zu strafen. Für diese Untat würde er den Greulichen

      Johann zur Rechenschaft ziehen, das schwor er innerlich. Tief in

      sich spürte er eine eiskalte Wut aufsteigen, die von längerer Dauer

      sein würde als kurzfristig aufflammender Zorn.

      »Weißt du was, Maike, ich habe zwar nicht viel Zeit, doch wir

      gehen jetzt zu deiner Mutter. Ich werde ihr sagen, wie sie dir helfen

      kann.« Hieronymus Stern nahm die schüchtern emporgestreckte

      schmächtige Hand des Mädchens in seine große Pranke und zusammen

      machten sie sich auf den Weg zur Hütte, in der Maike

      mit ihrer Mutter lebte. Nach kurzer Zeit hatten sie den großen

      Marktplatz verlassen. Bald darauf näherten sie sich dem Armenviertel

      Fuxinas. Abbruchreife Hütten drückten sich den schrägen

      Hang entlang. Sie waren nur notdürftig mit Dächern aus astigem

      Holz oder Blättern der Windpalme gegen Regen geschützt. Mit

      Fell verhangene Fensteröffnungen, löcherige Wände und schief in

      den Angeln hängende Türen ließen die Armut der Bewohner dieses

      Slums deutlich sichtbar werden.

      Übel stinkende Abwässer flossen in mehr oder weniger großen

      Rinnsalen zu einem Graben hinab, der