Christian Sternenfeuer

Das Magische Universum


Скачать книгу

war beileibe nicht empfindlich, denn zu

      oft hatte Stern Blut und Angst sowie Schweiß und Erbrochenes

      riechen müssen, wenn sie im Kampf gegen Feinde standen. Seine

      Mannschaft konnte oder wollte nicht immer ausreichend Körperpflege

      betreiben und daher roch es auf seinem Piratenschiff

      manchmal nicht besser wie in diesem Viertel, wo die Ärmsten der

      Armen ihr Dasein fristeten. Heftig zog ihn das Mädchen auf eine

      kleine windschiefe Hütte zu, wo aus einem krummen schornsteinähnlichen

      Rohr dunkler Rauch in den Himmel stieg. Schummriges

      Licht von einem offen brennenden Herdfeuer erhellte notdürftig

      einen fensterlosen Raum, dessen Fußboden aus festgestampftem

      Lehm bestand. In einer der Ecken befand sich ein einfaches Schlaflager

      bestehend aus einem groben Holzgestell, worauf man Säcke

      geworfen hatte, die wahrscheinlich mit Stroh und Blätter gefüllt

      waren. Ein paar schmuddelige Decken unbekannter Zusammensetzung

      dienten den Schläfern als Zudecke gegen Zugluft und

      Kälte, die es dank des milden Klimas jedoch nur selten gab. Die

      andere Ecke des Raumes wurde von einem dreibeinigen Tisch eingenommen,

      der sicher auf seinen abstehenden Holzbeinen stand.

      Um ihn herum gruppierten sich drei ebenso breitbeinige Stühle,

      die bereits vom bloßen Anschauen ins Wackeln gerieten. Insgesamt

      spiegelte der Raum die Ärmlichkeit seiner Bewohner wieder.

      Fortunas Kinder waren es sicherlich nicht, erkannte Stern mit innerer Anteilnahme.

      Nicht umsonst stammte ein großer Teil seiner

      Mannschaft aus solchen Verhältnissen, wobei man ihnen nicht verdenken

      konnte, dass sie diesem Elend zu entkommen suchten.

      Wenigstens konnten sie hier existieren und hatten ein Dach

      über dem Kopf. Doch immer waren sie von abgrundtiefer Armut

      und ständigem Hunger bedroht. Neptun sei Dank, war die Mildtätigkeit

      der wohlhabenden Einwohner Fuxinas groß genug, um

      wenigstens das nackte Überleben zu sichern.

      Auf soviel Güte konnte Hieronymus Stern nicht zählen. Er hatte

      sich soweit er sich erinnern konnte immer gegen Willkür und

      Ungerechtigkeit behaupten müssen. Dabei hatte er viel Böses erlebt

      und zu häufig Kämpfe geführt, in denen er einigen Mächtigen

      auf die Füße getreten hatte. Daher konnte er kaum erwarten, ein

      Leben in Frieden und Geruhsamkeit zu führen. Nun, dass war jetzt

      nicht von Belang. Doch es lag ihm sehr am Herzen, der kleinen

      und so traurig schauenden Maike zu helfen. Außerdem gedachte

      er, dem Wirt des Fiesling eine deftige als auch heilsame Lektion zu

      erteilen. Das schmale helle Rechteck der Tür verdunkelte sich ein

      wenig als eine schlanke jedoch verhärmt wirkende Gestalt eintrat.

      »Mutter, Mutter«, rief die Kleine. »Schau, wen ich mitgebracht

      habe. Es ist Kapitän Stern, der Pirat, der nur ein Auge hat. Von

      dem du mir immer so viele Geschichten erzählst!« Begeistert hüpfte

      die kleine Maike auf ihrem gesunden Bein auf und ab, um dann

      ihre Mutter zum Kapitän hinüberzuziehen.

      Misstrauisch trat die Frau in die Mitte des Raumes. Sie mochte

      mittleren Alters sein oder war bereits in frühen Jahren vorzeitig

      gealtert. Mit einem scharfen durchdringenden Blick beäugte sie

      den vor ihr stehenden Piratenkapitän.

      »Seid ihr es wirklich? Der Pirat Stern, der bekannte Kapitän des

      Sternenteufel?«, erkundigte sie sich nach einem langen Moment

      der Stille mit rauer Stimme.

      »So ist es, gute Frau. Habt keine Angst, ich führe nichts Böses

      im Schilde. Eure Tochter Maike traf mich auf dem Marktplatz.

      Dabei kamen wir in ein kleines Gespräch und als Ergebnis dieser

      Plauderei bin ich ihr gefolgt. Somit stehe ich nun vor euch, weil ich

      eurer Tochter helfen möchte.« Mit sanfter einfühlsamer Stimme

      versuchte Hieronymus Stern die Frau zu beruhigen, da sie ihm

      erkennbar wenig Vertrauen entgegenbrachte.

      »Mein Name ist Jeanny. Damit ihr es gleich wisst, Kapitän, ich

      bin eine verstoßene Dschinn, vom Volk der Flaschengeister. Geächtet

      und gejagt von üblen Wesen, muss ich mich hier mit meiner

      kranken Tochter verbergen. Was wollt ihr von mir? Seid ihr im

      Auftrag irgendwelcher Häscher unterwegs oder ist ein Kopfgeld

      auf mich ausgesetzt? Manche Schurken machen sich ein Vergnügen

      daraus, unsereins zu jagen, um uns dann an Sklavenhändler zu

      verkaufen.«

      Ungeachtet ihrer schwächlichen Verfassung richtete sich die

      Frau voller Stolz auf wobei sie den Piratenkapitän herausfordernd

      anblickte. Hieronymus Stern hatte ihren kläglichen Zustand wohl

      bemerkt, doch nun horchte er auf. Eine leibhaftige Dschinn, das

      war wirklich erstaunlich. Diese seltene Spezies, fleischgewordene

      Brut von ehemaligen Flaschengeistern, konnte sich dereinst im

      Einflussgebiet des Tempels Die Heiligen der letzten Tage niedergelassen.

      Sie wurden still geduldet, doch nutzte man sie in der Regel für

      niedrigste Arbeiten aus. Oft genug betrog man sie dabei um den

      erbärmlichen Lohn, den sie hierfür erhalten sollten. Nirgendwo

      waren sie richtig erwünscht und wo sie auch lebten, mussten sie ein

      kümmerliches, geradezu kärgliches Dasein fristen.

      »Verehrte Jeanny, ich bin selbst ein Geächteter. Piraten werden

      gefürchtet, jedoch selten geachtet. Doch hier, in Alurien, respektiert

      man mich, denn ich verfüge über nicht unerhebliche magische

      Kräfte. Außerdem über ein Schiff mit einer teuflischen Mannschaft

      verwegener Männer und Frauen. Daher haben sie genug

      Angst vor uns, um uns in Ruhe zu lassen. Man gewährt uns, gemäß

      den Gesetzen der Wächtergilde, Aufenthaltsrecht, Versorgung

      und Teilnahme an den JIXX-Spielen. Wie ihr sicherlich wisst, stehen

      Teilnehmer des Spiels grundsätzlich unter dem besonderen

      Schutz der Gilde. Wer