An Sirmio
(Catulls Ode)
Kaum glaub ich’s noch! Catull, du bist daheim!
Daheim auf deinem lieben Sirmio!
Oh Sirmio, Sirmio, Kronjuwel Neptuns!
In allen Meeren, Strömen, Seen sucht
Deingleichen man umsonst: Kein Vorgebirg,
kein Halbeiland, kein Eiland kommt dir gleich!
Wie gern bin ich zu dir zurück geeilt!
Wie schön, die Sorg und all den fremden Kram,
der mir nichts ist, im Rücken weit, weit, weit,
am eignen Tisch, im eignen Bett zu ruhn!
Das ist doch noch ein Lohn nach so viel Plag!
Mein Zauber-Sirmio, freust du dich denn auch?
Und du, mein See, brandest du mir Willkomm?
Ja, alles lacht und ruft: Catull ist da!
Christian Morgenstern
Verona
Und so entlässt dich, wie sie dich empfangen,
Italiens schöne Tochter an der Schwelle,
Auf dass nach ihrer Mutter Sonnenhelle
Du sehnlich immer müssest heimverlangen.
All ihre Lieblichkeit und stolzes Prangen
Grüßt dich noch einmal aus des Stromes Welle;
Was dir der Süden bot, an dieser Stelle
Ist’s wie im Auszug dir vorbeigegangen.
Amphitheater, Dom, Arkaden, Plätze
Voll Marktgewühls und ausgelassner Schreier,
Ja ein Triumphtor selbst ward nicht vergessen;
Der Mal- und Bildkunst unerschöpfte Schätze,
Glutaugen, leuchtend unter schwarzem Schleier,
Und jenes Giusti-Gartens Prachtzypressen.
Paul Heyse
Die Arena
Wundervolles Prachtgebäu,
Das in herrlicher Vollendung,
Edlen Ebenmaßes, leichter Schönheit
Groß und würdig den Zeitläuften trotzt.
Als wärst du ewig,
So fest, gediegen, dir selbst genug.
Wie die Harmonie des Werkes
Mich erhebt und froh befriedigt,
Muss ich still doch in Verwundrung
Jene alte Zeit bedenken,
Da es Sitte und Bedürfnis war,
Wilde Tiere, Gladiatoren,
Sich im wilden Kampf zerfleischen
Und ihr Blut vermischt zu sehn,
In so edlem Gefäße fließen.
Und wir!
Sind bei uns nicht auch die Bühnen
Schon von Fürst und Staat geschützt,
Aufgetürmt und kostbar reich?
Zwar nur Schatten dieser Pracht,
Aber wie viel Leinwand, reich bemalt,
Seidenzeug und Gold und Flitter, –
Um die Armut
Unsers Lebens
Abgespiegelt dort zu sehn.
Ist der Römer uns zu grausam,
Sind wir ihm gewiss zu kindisch,
Wenn er Blut in Freuden fließen sah,
Rinnt uns schwächlich Trän’ auf Träne,
Über wenig, über gar nichts,
Und wir nennen uns gebildet.
Ludwig Tieck
Venedig
XIX
Dies Labyrinth von Brücken und von Gassen,
Die tausendfach sich ineinander schlingen,
Wie wird hindurchzugehn mir je gelingen?
Wie werd’ ich je dies große Rätsel fassen?
Ersteigend erst des Markusturms Terrassen,
Vermag ich vorwärts mit dem Blick zu dringen,
Und aus den Wundern, welche mich umringen,
Entsteht ein Bild, es teilen sich die Massen.
Ich grüße dort den Ozean, den blauen,
Und hier die Alpen, die im weiten Bogen
Auf die Laguneninseln niederschauen.
Und sieh! da kam ein mut’ges Volk gezogen,
Paläste sich und Tempel sich zu bauen
Auf Eichenpfähle mitten in die Wogen.
August von Platen
Venedig
XX
Wie lieblich ist’s, wenn sich der Tag verkühlet,
Hinaus zu sehn, wo Schiff und Gondel schweben,
Wenn die Lagune, ruhig, spiegeleben,
In sich verfließt, Venedig sanft umspület!
In’s Innre wieder dann gezogen fühlet
Das Auge sich, wo nach den Wolken streben
Palast und Kirche, wo ein lautes Leben
Auf allen Stufen des Rialto wühlet.
Ein frohes Völkchen lieber Müßiggänger,
Es schwärmt umher, es lässt durch nichts sich stören,
Und stört auch niemals einen Grillenfänger.
Des Abends sammelt sich’s zu ganzen Chören,
Denn auf dem Markusplatze will’s den Sänger
Und den Erzähler auf der Riva hören.
August von Platen
Venedig
Wie ein verwirklichter Traum begrüßt dich das bunte Venedig,
Wenn du es flüchtig durchschiffst: nicht die versunkene Stadt
Glaubst du vor dir zu sehen, von welcher die Dichter erzählen,
Diese dünkt dir im Meer gleich von Tritonen erbaut,
Und du taumelst dahin, wie unter Korallen und Muscheln,
Und verwunderst dich nur, dass dich die Flut nicht ereilt.
Alles Übrige passt hinein in den Rahmen: der Doge,
Der sich den Wellen vermählt, und das vermummte Gericht,
Ja die Brücke der Seufzer, erscheinen dir hier so natürlich,
Wie