Anna-Sophie Wagner

Stationen einer Liebe


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      Am liebsten würde er gar nicht mehr hineingehen. Es machte keinen Spaß dort, wenn sie nicht da war. Verdammt, welche Gedanken hatte er denn da? Er war Wissenschaftler, Mediziner – wach auf Andreas, sagte er zu sich selber. Er warf seine Zigarette auf den Boden um sie auszumachen und ging zurück in die Bar. Seine drei Freunde schienen sich ziemlich ernst zu unterhalten – komischerweise verstummten sie, als er zum Tisch kam, abrupt.

      Er setzte sich wieder auf seinen Platz, als – und da war sie – Susanne an ihren Tisch kam. Sie wirkte irgendwie durcheinander heute. Er sah sie an, aber sie nahm nur ganz professionell ihre Bestellung auf und ging dann weiter zum Nebentisch. Sie hatte ihn noch nicht einmal bemerkt.

      Gleich war wieder eine halbe Stunde vorbei. Susanne beeilte sich, die Getränke für die beiden letzten Tische zusammenzustellen und zu den Gästen zu bringen. Sie hatte heute auf jeden Fall nicht die Konzentration wie sonst. Ihre Sorge um Mia war einfach zu groß.

      Markus erhob sich und lief direkt auf die Theke zu. Was will der denn jetzt an der Theke, wunderte sich Andreas. Er hat doch eben erst bestellt. Markus ging direkt auf Susanne zu. Jetzt fängt er auch noch an mit ihr zu reden und er packt sein Womanizer-Lächeln aus. Dieser Arsch! Er wusste doch, dass er, sie nett fand! Oder war es vielleicht sogar mehr? Andreas kannte solche Gefühle nicht bei sich.

      „Hallo schöne Frau! Jetzt waren wir schon so oft hier und ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Ich heiße Markus und würde dich gerne auf einen Drink einladen, wir haben heute nämlich was zu feiern!“ Was soll das denn, dachte Susanne? „Danke für die Blumen, Markus. Ich habe hier leider viel zu Tun und keine Zeit einen Drink zu nehmen. Außerdem habe ich, so lange ich arbeite, alle Getränke frei. – Trotzdem danke! Viel Spaß dir noch bei deiner Feier!“ Mit diesen Worten nahm Susanne das Tablett und lief zu dem Tisch mit den Radlern.

      So war er noch nie abserviert worden, dachte Markus bei sich. Das machte die Frau direkt interessant. Aber na ja, andere Mütter hatten ja auch schöne Töchter z. B. die vom Nebentisch. Besonders diese Paula schien sehr vielversprechend zu sein.

      Das machte ihn richtig wütend! Markus, sein eigener WG.-Mitbewohner, dachte Andreas! Wie konnte er nur! Aber wie es aussah – hatte sie ihn gehörig abblitzen lassen. Recht so! Auch einem Markus musste so was mal passieren.

      So, jetzt musste sie unbedingt noch mal hoch zu Mia. Zwei Stufen auf einmal nehmend, rannte Susanne zur Wohnung. Mia schlief friedlich. Fieber messen! 40,1°! Etwas gesunken, Gott sei Dank. Sie machte neue kalte Wickel und gab Mia einen Kuss auf die Stirn, bevor sie sie wieder richtig zudeckte.

      Dann lief sie wieder runter in die Bar. Sie war gerade dabei, die Getränke für das Pärchen und die beiden ersten Tische rechts zusammenzustellen, als wieder einer vom Medizinertisch auf sie zusteuerte. Dieser war sicher zwei Köpfe größer als sie. So wie sie wusste, hieß er Thomas. Er wirkte sehr unsicher und es schien so, als würde er den Weg zu ihr, nicht ganz freiwillig antreten.

      „Hallo“, sagte Thomas. „Hallo“, erwiderte Susanne, „kann ich irgendetwas für dich tun?“ „Ähm, ja ich denke schon, du könntest mir die Freude machen und mit mir einen Drink nehmen. So als kleines Dankeschön, weil du uns immer so gut versorgst hier und weil wir hier heute was zu feiern haben.“ War gar nicht so schwer dachte Thomas.

      Was war heute nur mit diesen Medizinern los? Hatten sie alle einen Stromschlag bekommen, dachte Susanne? „Danke, das ist sehr nett von dir mich einzuladen, aber leider habe ich überhaupt keine Zeit dafür. Du siehst ja was hier los ist! Außerdem sind für mich, solange ich arbeite, alle Getränke frei.“ „Okay, dann eben nach deiner Schicht! Wie lange musst du hier arbeiten?“, sagte Thomas - so schnell ließ er sich nicht abservieren. „Du, auch danach habe ich keine Zeit – tut mir leid. Ist nichts gegen dich!“ „Verstehe – du willst nicht.“ „Sieh es wie du willst. Ich muss jetzt weiter machen“, antwortete Susanne und lieferte dann ihre Getränke aus.

      Es war echt unglaublich, jetzt baggerte auch noch Thomas Susanne an. Thomas, der doch eigentlich mit Miriam liiert war! Andreas konnte es nicht fassen! Was sollte das alles? Martin durchbohrte ihn schon wieder.

      „Hör zu Andreas“, sagte Martin nun, „Wir werden das so lange weiter treiben, bis du mit ihr sprichst. Es ist jetzt echt Zeit – das kann kein Mensch mehr mit anschauen.“ „Das ist nicht euer Ernst!“, antwortete Andreas. „Doch unser voller Ernst“, sagte Markus. „Du bist total verknallt in sie, dass kann ein Blinder sehen! Auch wenn es deiner Meinung nach, wissenschaftlich nicht erklärbar ist, musst du wohl akzeptieren, dass es auch Dinge außerhalb der Wissenschaft gibt! Wir, sehen uns das auf alle Fälle nicht mehr länger mit an. Entweder du sprichst sie heute noch an, oder ich schleppe sie ab“, sagte Martin. „Das kann nicht dein Ernst sein! Du weißt, ich kann sie nicht ansprechen, Martin.“ „Das - ist allerdings dein Problem – wobei ich absolut nicht verstehen kann warum.“ „Ich kann es auch nicht verstehen Andreas! Früher hast du jedes Wochenende mehrere Frauen abgeschleppt. Was ist nur los mit dir?“, klinkte sich jetzt auch noch Tom mit ein. „Und sie ist echt heiß“ jetzt gab auch noch Markus seinen Kommentar dazu.

      Martin konnte sehen, wie Andreas sich wand. Er wusste, dass es schwer für ihn war zuzugeben, sich verliebt zu haben. Und das war seiner Meinung nach auch der Grund, warum Andreas sie nicht ansprechen konnte. Sie war nicht die Frau, die man nach einer Nacht wieder loswerden konnte und wollte. Sie war eine Frau für was Richtiges. Und das, leider musste Martin das zugeben, war absolutes Neuland für seinen besten Freund. Plötzlich war er nicht mehr der selbstbewusste Medizinstudent, der jede Frau flachlegen konnte, die er wollte. Plötzlich sollte er sein sicheres, bekanntes Terrain verlassen. Er musste Angst haben, abgelehnt zu werden. Und auf einmal war das ganze Selbstbewusstsein seines Freundes verschwunden. Er nahm nicht einmal mehr wahr, dass er von allen Vieren, der war, der am besten aussah. Und bei Gott, leider musste das Martin auch anerkennen, er sah gut aus!

      Andreas war der Abend verdorben. Was sollte er nur machen? Insgeheim wusste er, dass Martin und die anderen Recht hatten. Er wusste aber nicht, was mit ihm los war. Wenn er in ihrer Nähe war, fühlte er sich so unsicher und gar nicht selbstbewusst wie sonst. Außerdem war sein Magen ständig flau, wenn er sie ansah. Und heute hatte sie noch nicht mal Notiz von ihm genommen. Wenn er sie jetzt anspräche und sie ihn abblitzen ließe, was dann? Was war nur mit ihm los? Sogar Tom konnte sie ansprechen, dachte er bei sich. Jetzt kam sie auch noch an ihren Tisch!

      „Kann ich euch noch was bringen?“, fragte sie.

      Das war seine Chance, dachte er, – bitte erwidere meinen Blick – bitte! Er versuchte ihr direkt in die Augen zu schauen, ganz tief. Sie sah ihn an und ihre Augen trafen sich. Beide konnten sie sich nicht mehr lösen. Es war ihm, als würde eine fremde Macht sie beide festhalten. Sie hatten Mühe in die Wirklichkeit zurückzukehren. Bemüht um Fassung sagte sie stotternd: „Was möchtest du noch trinken?“ Perplex antwortete er: „Gin Tonic - bitte!“ Im Umdrehen sagte sie: „Okay!“

      Und wieder konnte Andreas spüren, wie Martins Röntgenblick ihn durchbohrte.

      Susanne war für einen kurzen Augenblick völlig aus der Spur. Was war das gerade eben? Als hätten seine und ihre Augen sich verbündet. Und ihr Herz hatte Freudensprünge veranstaltet. Nicht jetzt Susanne, das geht nicht, du kannst das nicht. Denk an Mia, denk an deinen Tagesablauf, du hast keine Zeit für so etwas. Es ist völlig ausgeschlossen. Mia! Oh Gott, es war schon über eine dreiviertel Stunde her, seit sie das letzte Mal nach ihr gesehen hatte. Jetzt wollte das Pärchen am Tisch gleich links auch noch zahlen. Sie war gerade zurück vom Pärchen, da kam der blonde Jüngling vom Medizinertisch direkt auf sie zu. Nicht das auch noch. Ihr Abend war auch ohne das Chaos anstrengend genug!

      Andreas hatte seine Chance wieder nicht wahrgenommen. Wer nicht hören will, muss fühlen, dachte Martin. Jetzt kam sein Auftritt. Ihn würde sie nicht abblitzen lassen, so wie die anderen beiden. „Hallo –Susanne- richtig?“ Susanne stellte gerade das Tablett für den Mädels Tisch zusammen „Ja“ Martin ließ sich nicht abwimmeln „Hör zu, wir waren jetzt schon so oft da. Und nie haben wir beide uns unterhalten. Ich würde dich gerne näher kennenlernen, weil ich dich sehr sympathisch