Mira Schwarz

Date to go - (K)ein Mann zum mitnehmen


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es nicht“, erwiderte ich. „Es ist nur dieser blöde Familienterror, den der alte Fechtner immer abzieht. Er nimmt zu jedem Geschäftsessen seine Frau mit. Und wir sollen auch unsere Partner mitbringen“, seufzte ich. „Ich sehe die beiden Idioten schon vor mir. Jeder mit einer Barbiepuppe im Arm. Sie werden einen dummen Spruch nach dem anderen reißen, weil ich mal wieder alleine zu so einem Essen komme.“

      „Dann geh halt nicht alleine hin“, sagte Lena leichthin.

      „Ich weiß nicht, ob es dir entgangen ist“, sagte ich und verdrehte die Augen. „Aber ich habe keinen Freund.“

      „Nimm einfach irgendeinen Kerl mit“, schlug Lena ungerührt vor.

      Ich ging kurz die Männer durch, die ich gut kannte. Die Liste war extrem kurz. Mein guter Freund Basti war so offensichtlich schwul, dass ich mich sofort zum Gespött machen würde, wenn ich ihn als meinen Freund ausgab. Liste beendet.

      „Ich weiß aber keinen“, seufzte ich. „Ich lebe ja erst seit zwei Jahren in Hamburg“, fügte ich erklärend hinzu, als ich Lenas Blick auffing. „Da kenne ich natürlich noch nicht so viele Leute.“

      „Klar“, sagte Lena sarkastisch. „Zwei Jahre sind ja auch echt zu kurz, um sich ein paar Freunde zu suchen.“ Sie trat energischer in die Pedalen. „Vielleicht liegt es aber auch daran, dass du außer deiner Karriere weder Zeit noch Energie für irgendetwas anderes hast? Du bist fixiert darauf, in dieser dummen Firma aufzusteigen, dass du manchmal aus den Augen verlierst, dass Erfolg nicht alles ist.“

      Ich sah sie verletzt an. „Siehst du das wirklich so?“

      Sie zögerte kurz, dann grinste sie mich an. „Ja, aber weil du meine beste Freundin bist, behalte ich es normalerweise für mich.“

      „Das ist echt rücksichtsvoll von dir“, gab ich scherzhaft zurück. „Ich verspreche dir hoch und heilig, meine Prioritäten im Leben zu überdenken. Aber egal, was ich anstelle: am nächsten Freitag werde ich trotzdem ziemlich sicher noch Single sein.“ Ich versuchte es mit einem übertriebenen Hundeblick. „Bitte, Lena. Denk nach. Ich will da nicht alleine hingehen. Ich habe das schon so oft aushalten müssen. Ich will nicht!“

      „Ich verstehe dich ja.“ Lena nickte grübelnd. Dann erhellten sich ihre Gesichtszüge. „Ich habe auch schon eine Idee. Ich habe neulich so einen Beitrag über einen Begleitservice gemacht.“ Lena arbeitete bei einem Radiosender als Reporterin. Es gab so gut wie kein Thema, zu dem sie noch keinen Bericht gemacht hatte.

      Ich sah sie entnervt an. „Willst du mir jetzt ein Escort-Mädchen aufschwatzen?“

      Sie schüttelte den Kopf. „Du bist so konservativ! Die vermitteln natürlich auch Männer. Das war der Aufhänger für meinen Bericht. Immer mehr Frauen lassen sich bei Geschäftsterminen von solchen Typen begleiten. Das hat auch überhaupt nichts Anrüchiges.“

      Ich schnaubte. „Ich soll mit einem Callboy zu einem offiziellen Firmenessen gehen?“

      „So ein Quatsch.“

      Lena verzog das Gesicht und ich merkte, dass ich sie wirklich verärgert hatte.

      Ich war auch wirklich unmöglich. Sie zerbrach sich den Kopf und ich machte ihre Idee einfach runter.

      Sofort lenkte ich ein. „Tut mir leid. Ich weiß, du versuchst nur, mir zu helfen.“ Ich fiepte bittend wie ein kleiner Hund. „Nicht böse sein. Ich weiß, ich kann manchmal echt nervig sein.“

      Sie musste lachen. „Das stimmt.“

      Sie sah schon nicht mehr beleidigt aus. Lena war nie nachtragend. Das war nur eine der vielen Eigenschaften, die ich so an ihr mochte. Wir kannten uns schon fast unser ganzes Leben lang und sie schaffte es normalerweise mühelos, mir einen ganzen Freundeskreis zu ersetzen. Nur einen Kerl konnte sie mir leider nicht herzaubern.

      Obwohl – hatte sie nicht genau das gerade versucht?

      „Ich denk mal über deinen Vorschlag nach.“ Ich war jetzt beim Spinning-Endspurt und mein Atem ging beim Sprechen stockend. „Auch wenn sich das Ganze schräg anhört, deine Ideen sind eigentlich immer gut. Vielleicht kannst du mir ja mal die Adresse von diesem Begleitservice geben“, setzte ich noch hinzu, um sie von meinem ehrlichen Interesse zu überzeugen.

      Sie sah gleich noch versöhnter aus. „Klar, mache ich.“

      „Ich meine, nur, damit ich mal gucken kann.“ Sie sollte wissen, dass ich die Idee ernst nahm. Aber auf der anderen Seite auch nicht denken, dass ich wild darauf war, mir diese Katalogmänner anzusehen.

      „Klar.“ Lena grinste.

      Aber ein bisschen neugierig war ich schon. Was für Kerle lebten davon, sich von Frauen für ihre Begleitung bezahlen zu lassen? „Ich will nur mal gucken. Ich will da nicht wirklich jemanden suchen.“

      „Sicher.“

      Wir schwiegen und begannen, uns wieder auf unseren Sport zu konzentrieren. Aber ich bekam den Gedanken an die Männeragentur irgendwie nicht mehr aus dem Kopf. Wie es wohl wäre, wenn ich mit so einem gutaussehenden Kerl zum Firmenessen kommen würde?

      Ich könnte diesen Mistkerlen mit ihren blöden Witzen endlich mal das Maul stopfen. Vielleicht waren ja sogar Models dabei. Oder Männer, die wie Models aussahen …

      Nach einer Weile sah mich Lena an und nickte wissend. „Du stellst sie dir gerade vor, stimmt's?“

      Ich tat so, als würde ich sie nicht verstehen. „Häh? Keine Ahnung, was du meinst.“

      „Die Katalog-Männer. Du stellst sie dir gerade vor.“ Sie legte die Finger an die Schläfen, als würde sie meine Gedanken lesen. „Channing Tatum? Ashton Kutcher?“

      Ich musste lachen. „Erwischt. Aber ich dachte eher an Bradley Cooper“, gab ich zu. „Aber das heißt noch lange nicht, dass ich so etwas wirklich machen würde“, beharrte ich.

      „Ich habe ja gar nichts gesagt.“

      Wir radelten noch ein bisschen weiter und Lena erzählte mir von ihrem Tag beim Radio. Sie war seit einer Weile in einen ihrer Kollegen vernarrt und hielt mich über jedes noch so kleine Gespräch zwischen den beiden auf dem Laufenden. Ihr Schwarm hieß Nikolas und wenn sie nicht komplett übertrieb, war er so etwas wie die Perfektion in Männergestalt. Ihre Augen leuchteten, als sie mir erzählte, dass er ihr heute einen Kaffee an ihren Schreibtisch gebracht hatte.

      Ich war fast ein bisschen neidisch. Nicht nur, weil es in Lenas Leben jemanden gab, für den sie sich interessierte. Nein, es war vor allem ihre Begeisterung. Mir fiel es schwer, mich in so etwas so hineinzusteigern. Manchmal fragte ich mich, ob ich überhaupt schon mal richtig verliebt gewesen war.

      Nach einer Weile näherte sich Jasmin, unsere Trainerin. „Hey, ihr Süßen“, begrüßte sie uns mit aufgeregter Stimme. „Ich muss euch was sagen.“ Sie beugte sich vertraulich zu uns. „Eigentlich sollte ich nicht darüber reden, aber nachher geben Coldplay hier ein Privatkonzert. Keine Ahnung warum, aber wir dürfen jeder zwei Gäste einladen. Da habe ich gleich an euch gedacht.“

      Mir stockte der Atem. Ich liebte Coldplay! Sofort schmiss ich Bradley Cooper aus meinen Phantasien und ersetzte ihn durch Chris Martin, den Sänger der Band. Der hatte sich doch gerade erst von Gwyneth Paltrow getrennt. Was wäre, wenn ich ihn persönlich kennenlernen würde und ihn dann nächste Woche mit zu diesem Essen bringen könnte? Das würde meine bescheuerten Kollegen umhauen!

      Ich strahlte Jasmin an. „Das ist ja der Wahnsinn! Ich liebe Coldplay!“

      Sie sah mich erstaunt an. „Wirklich? Das hätte ich nicht gedacht.“

      Lena hatte noch gar nichts gesagt. Jetzt schüttelte sie fassungslos den Kopf und griff nach meinem Arm. „Isabel, hör zu und lerne.“ Sie drehte sich zu Jasmin. Sie sprach laut und akzentuiert. „Das ist ein wirklich guter Aprilscherz, Jasmin. Aber wir fallen nicht darauf rein.“

      Ich schlug mir die Hände vors Gesicht. Wie blöd konnte ich eigentlich sein? Als ich durch meine Finger blinzelte, sah ich, dass sich Jasmin vor Lachen