Paul Lammers

Satirische Sketche 4


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und nimmt einen Schluck von ihrem Weißwein.

      »Sparer werden ordentlich zur Kasse gebeten! Sparer werden ordentlich zur Kasse gebeten!«, ruft da wieder der Vogel.

      »Ich brauche nun einen Schnaps«, murmelt der Kommissar und schenkt sich neben seinem Bier noch einen Klaren ein.

      »Ach Heinz, mach dir nichts daraus … es ist nur ein Papagei, dem sie das Sprechen beigebracht haben.«

      »Nur das Sprechen beigebracht … Mensch, der redet ja wie der Finanzminister! Ach, hätte ich ihn nur nicht gekauft«, antwortet der Kommissar und kippt den Schnaps hinunter.

      »Mit diesem Betrag können wir uns in der kommenden Zeit bestimmt noch einiges leisten.«

      Der Papagei tanzt auf seiner Stange hin und her. »Verrechnungssteuer! Verrechnungssteuer!«

      »Verdammter Vogel! Wenn der so weiterredet, haben wir am Ende keinen Cent mehr!« Der Kommissar kippt noch einen Schnaps hinunter.

      »Heinz! Das sind nur die Steuern, von denen der Vogel redet … das meiste ist für uns«, antwortet seine Frau und schenkt ihr Glas nach.

      »Meinst du?«

      »Abgeltungssteuer! Abgeltungssteuer!«, klingt es nun aus dem Käfig.

      »Verdammte Flasche … kaum zu glauben, aber die ist leer!«

      »Ruhig, Heinz, im Kühlschrank steht noch eine. Ich hole sie dir, aber bitte, wir reden nicht mehr von Steuern.«

      »Okay«, antwortet ihr Mann, während er einen Schluckauf bekommt.

      »Schluckbruder! Schluckbruder!«, kreischt nun der Papagei, während Frau Meyer ihrem Mann eine neue Flasche Schnaps bringt.

      »Komm, nimm einen Schluck, denn wir halten doch zusammen.«

      »Solidaritätssteuer! Solidaritätssteuer!«, reagiert der Papagei.

      »Da ist mal das Glück auf unserer Seite, und schon wird man scheinbar dafür bestraft«, sinniert der Kommissar so vor sich hin, wobei er die Flasche Schnaps zum Mund führt.

      »Komm, Heinz, das Saufen hilft dir nichts.«

      »Zinssteuer! Zinssteuer!«, klingt es im Käfig.

      Der Kommissar stellt die Flasche zurück auf den Tisch. »Wie wär’s, Liebste, hast du nicht auch auf einmal Lust auf Papageienfleisch?«

      Der Papagei hockt auf einmal wie angefroren auf seiner Stange und kreischt. »Sie sind Vegetarier! Sie sind Vegetarier!«

      »Mach dir nichts daraus, Heinz, es ist und bleibt nur ein Vogel, sonst nichts«, versucht Frau Meyer ihren Mann zu beruhigen, der fast anfängt zu weinen. »Lass uns in Frieden unseren Moment des Glücks genießen.«

      Sofort reagiert der Papagei, indem er anfängt wie die Sängerin Nicole zu singen: »Ein bisschen Frieden, ein bisschen Liebe, dass ich die Hoffnung nie mehr verlier …!«

      »Sag mal, ist unser Papagei nicht steuerlich absetzbar?«, fragt Meyer seine Frau.

      »Abzugsposten! Abzugsposten!«, reagiert der Vogel schlagfertig.

      »Das kannst du vergessen, Heinz!«

      »Doch, ich glaube, das ist der Fall, wenn wir den Vogel ausstopfen!«

      »Der Notausgang! Wo ist hier der Notausgang?«, kreischt der Papagei.

      »Ich glaube, ich habe im Tierladen viel zu viel bezahlt für einen so blöden Vogel!«

      Sofort erhebt der Papagei seinen Kopf und lächelt fast. »Abgezockt! Abgezockt!«

      Der Kommissar steht auf und ruft. »Ich habe die Schnauze voll, wo ist meine Dienstwaffe?«

      »Notfallnummer eins eins null! Notfallnummer eins eins null!«, klingt es aus dem Käfig.

      »Hast du einen Vogel? Komm, lass uns losgehen, irgendwo auf eine Terrasse setzen und einen Kaffee trinken«, meint Frau Meyer.

      Der Kommissar schaut in sein Portemonnaie. »Ich hab gerade noch fünf fuffzich im Portemonnaie. Und so wie unser Vogel redet, von all den Steuern, ist das sicher auch alles, was von den siebzigtausend Euro, die du gefunden hast, übrig bleibt.«

      »Mehrwertsteuer! Mehrwertsteuer!«, kreischt der Papagei.

      Der Kommissar greift den Käfig, stellt ihn auf die Fensterbank, öffnet das Wohnzimmerfenster wie auch den Käfig und ruft: »So, meinetwegen kannst du eine Fliege machen!«

      Der Papagei schluckt mühsam und piepst. »Flughafensteuer! Flughafensteuer!

      »Keine Ausrede, ab geht die Post, gleich nach links, eine kurze Strecke über die Autobahn und zurück zum Tierladen.«

      »Welttierschutztag! Welttierschutztag!«, klingt es verzweifelt aus dem Käfig.

      »Welttierschutztag? Für uns Leute ist jeder Tag ein Steuertag ohne Schutz. So, und jetzt verzieh dich.«

      Seine Frau steht hinter ihm. »Heinz, du schmeißt da fünfzehnhundert Euro aus dem Fenster!«

      »Ja, und die anderen siebzigtausend!«

      Der Papagei kreischt nun wirklich laut: »Amnesty International! Amnesty International!«

      »Verzieh dich, du blödes Tier!«, kreischt nun auch der Kommissar, worauf der Papagei aus seinem Käfig und aus dem Fenster fliegt.

      »Endlich, den sind wir los«, meint er und schließt das Fenster.

      »Komm, Heinz, lass uns irgendwo einen Kaffee trinken gehen«, beruhigt sie ihren Mann, der in sein Portemonnaie schaut.

      »Fünf Euro fuffzich, hoffentlich reicht das für zwei Tässchen entkoffeinierten Kaffee«, meint er, als sie das Haus verlassen.

      »Bestimmt, Heinz, bestimmt «, sagt seine Frau, worauf er sie befremdend anschaut, als sie auf ihre Fahrräder steigen.

      Während dieses Momentes, als sie beide Richtung Zentrum ihrer Kleinstadt fahren, kommt aus der anderen Richtung der Postbeamte angefahren, steigt aus seinem Auto und wirft einen Brief in den Postkasten, wobei er kurz aufschaut, zu einem Papagei oben auf dem Schornstein, der anfängt zu kreischen: »Ein Brief vom Finanzamt! Ein Brief vom Finanzamt!«

      Der Postbeamte will noch gucken, ob das stimmt, aber der Brief ist schon im Kasten, und so zuckt er mit den Schultern und fährt weiter. Und so endet die Geschichte rund um den Papagei hier für uns Leser, doch nicht für den Kommissar …

      Kommissar Meyer in einer Glanzrolle

       Osselröde hat die Ehre, das Thema eines Dokumentarfilms zu werden. Der Titel lautet: ›Osselröde, die Stimme der Natur‹. Der Filmemacher versucht, ein Bild von Flora und Fauna rund um die Kleinstadt zu skizzieren. Er ist nur noch auf der Suche nach einem geborenen Osselröder, der als Hauptdarsteller dienen soll. Er schreibt dazu einen Wettbewerb aus. Entscheidend sind die Kenntnisse der Umgebung, und da Kommissar Meyer als Polizist die Umgebung kennt wie seine Westentasche, wird die Glanzrolle letzten endlich ihm zuteil.

       Das alles ist eigentlich seinem zweiten Mann, dem Polizeimeister Herbert Funke zu verdanken, der, ohne dass sein Vorgesetzter die geringste Ahnung hatte, ihn als Teilnehmer des Wettbewerbs eingetragen hat.

       Seit Funke dies seinem Chef gebeichtet hat, notiert er Falschparker in der Innenstadt …

      Es ist ein später Sommerabend und die Dunkelheit senkt sich langsam über diesen Teil der Erde, als –gefolgt von einem Kamerateam und beleuchtet nur vom Mond – der Kommissar Meyer durch den Wald außerhalb Osselrödes schleicht. Plötzlich tauchen in der Ferne zwei Augen eines Tieres auf. Wie rotes Blinklicht funkeln sie durchs Gebüsch. Mit dem Zeigefinger an den Lippen ermahnt Meyer die Leute still zu sein, während er sich, dicht gefolgt von dem angespannten Kamerateam, langsam dem Tier nähert.

      Um nicht den kleinsten Zweig knacken zu lassen, gehen sie im Wald herum, als liefen sie auf rohen Eiern. Und es