Paul Lammers

Satirische Sketche 4


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sich die Puppe, klemmt sie sich unter den Arm und sucht nach dem Ventil, als der Häuptling zum zweiten Mal in der Hütte erscheint.

      Der Kommissar steht da wie eine Statue, mit seiner eigentlich ganz hübschen Sex-Puppe.

      »Woher, sagten sie, stammen sie?«

      »Osselröde«, antwortet der Kommissar nervös und möchte am liebsten auf der Stelle die Puppe auf den Mond schießen. »Nun, wegen dieser Puppe … ich habe Rückenschmerzen, verstehen Sie, und …«

      »Osselröde, sagten Sie … ich glaube, da wohnt noch ein Bekannter von mir … nun ja.« Der Häuptling will die Hütte wieder verlassen, da dreht er sich noch mal um: »Na, und wegen der Puppe, die sie so liebevoll an sich drücken … da sollte ich sie darauf hinweisen, dass es in unserem Dorf viele gibt, die so eine Puppe anbeten werden wie ein Gottesbild … damit sie Bescheid wissen!«

      Der Kommissar atmet erleichter auf. »Nun, da haben wir ja noch mal Glück gehabt.«

      »Glück? Besser du lässt mal flott die Luft aus der Dame, sonst haben wir hier gleich einen Tanz ums Goldene Kalb, in der kleinen Hütte.«

      Der Kommissar aber kriegt die Luft nicht raus, aus der Blondine, so sehr er es auch versucht.

      »Ach, lass uns essen gehen, bevor der Affenbraten kalt wird«, seufzt seine Frau.

      Draußen am Lagerfeuer dreht sich etwas Fleischiges am Spieß und die Indianer Kinder machen einen Freudentanz. Da kommt Reiseleiter Lazarus aus seiner Hütte. Ihm wird sofort speiübel und er rennt aus Versehen in die Hütte der Meyers.

      »Na, da haben wir die Bescherung!«, ruft der Kommissar.

      Da kommt Lazarus auch schon aus der Hütte gerannt, im Arm die Sex-Puppe, die er von oben bis unten vollgekotzt hat.

      Wie aus dem Nichts erscheinen da mehrere Indianer für ein rituelles Treffen. Sie tanzen sofort um die Puppe und Lazarus herum und stoßen dabei Worte aus, die ziemlich plattdeutsch klingen, beten die Aufgeblasene und den Ausgeblasenen an, wobei Letzterer stinkbesoffen vornüber, direkt in ein paar Haufen, die eine Bande Affen hinterlassen hat, die gerade kreischend in den Bäumen verschwinden.

      Den Meyers ist die Lust am Essen total vergangen, als die Indianer die Puppe an einen Pfahl binden und Blumen zu ihren Füßen legen. Sie murmeln etwas vor sich hin, von dem sie scheinbar selber nicht genau wissen, was es heißt – glaubt zumindest der Kommissar, dem es vorkommt, als ob Politiker ins Blaue hinein reden – egal was, Hauptsache es kommen Worte darin vor.

      Da springt aus der Schar der Medizinmann hervor, der, da er eigentlich gebürtiger Holländer ist, versucht Lazarus mit Pillen zu heilen. Aber Lazarus kotzt die Pillen eine nach der anderen wieder aus.

      »Wie lange haben wir eigentlich noch Urlaub?«, fragt der Kommissar seine Frau am Abend, als sich nicht viel mehr ereignet hat, als … nun, eigentlich nichts.

      »Eine Woche«, antwortet sie.

      »Eine Woche? Eine Stunde wär mir lieber, denn bis unser Reiseleiter mal richtig nüchtern sein wird … ach, wovon rede ich«, seufzt er, als ein paar kräftige Indianer den Lazarus mitsamt seinen Flaschen in seinem Boot ans Ufer kippen. »Ich habe die Schnauze voll, ich geh ins Bett«, gähnt der Kommissar.

      »Gute Idee, ich geh mit dir«, antwortet sie und zu zweit werfen sie noch einen letzten Blick auf die Puppe, die mit ihren fraulichen Körperteile im Licht des Lagerfeuers glänzt, wie in einem mittelmäßigen Pornofilm.

      Es herrscht tiefer Finsternis im Dschungel. Von überall kommen Geräusche und in der westlichen Welt würde der Kommissar bei so viel Radau seine Pistole ziehen, nun aber schleicht er selber wie ein Krimineller durch den Dschungel, mit dem Ziel; die Puppe zur Hütte zurückzubringen, und dies alles ein bisschen flott, denn sein Rücken tut ihm mehr und mehr weh.

      Als er mit einem Taschenmesser die Puppe vom Pfahl befreit, leuchten in der Dunkelheit die Augen von Tausenden von Insekten auf. Insekten, die zum Teil so groß sind, dass man einen Sattel drauf werfen könnte – ganz zu schweigen von den Spinnen und Schlangen … die könnten einen Wagen ziehen. Nichts aber kann ihn abbringen von seinem Entschluss; er möchte sich nur schön bequem auf ihr hinlegen. Nur sie kann seine Rückenschmerzen lindern, obwohl sie noch immer nach Lazarus' Kotze stinkt.

      Schon am nächsten Morgen, mit den ersten Sonnenstrahlen, die durch den dichten Urwald das Indianerdorf erreichen, ist in der Hütte der Meyers die Hölle los. Denn der Kommissar liegt mit dem Rücken auf dem Boden und auf ihm liegt die Puppe, als seine Frau aufwacht.

      »Sag mal, Heinz!«, schreit Frau Meyer. »Was hast du mit der Puppe angestellt? Du hast sie wohl nicht mehr alle! Es ist verdammt noch mal so, als ob mein eigener Mann neben mir fremd geht!«

      Der Kommissar steckt mit dem Kopf zwischen den Beinen der Puppe und wimmert vor sich hin, wie beim Sex, als die Indianer draußen in heller Aufregung geraten. Überall suchen sie den Puppendieb, aber es gibt nicht die kleinste Spur. Obwohl, wie der Häuptling erwähnt, sie sich ja in der Hütte der Meyers verkrochen haben könnte. Der Kommissar jedoch, als echter Polizist, sah diese Situation kommen und hat, nachdem er wach war, schleunigst die Puppe hinter der Hütte im Gebüsch versteckt, wo sie nass wurde, so mitten im Sommer-Monsun.

      In der Zwischenzeit ist die Aufregung der Indianer umgeschlagen in Kriegsstimmung. Wie vielerorts üblich, beten die Krieger vor der Schlacht noch zu ihren Göttern, aber in diesem Fall wurde die Gottheit leider entführt. Ihren Unmut wollen die Indianer an Lazarus abreagieren, aber aus unerklärlichen Gründen sank sein Boot und wurde zum U-Boot. Gerade noch rechtzeitig konnte er seine Haut retten und war dann auch sofort nüchtern, zumal er ein Krokodil auf sich zukommen sah, schleunigst das Ufer hoch krabbelte und davon rannte.

      Die Atmosphäre ist seit dem Verschwinden der Puppe ziemlich im Eimer. Es herrscht reichlich dicke Luft. Und so gehen die Tage vorüber, bis der Kommissar eines Nachts mit dem Finger in die Weichteile der Puppe gerät und am nächsten Morgen auf etwas liegt, das aussieht wie eine ausgeleierte Plastiktüte.

      Frau Meyer atmet erleichtert auf:»Gott sei Dank, das haben wir hinter uns; und auch den Urlaub.«

      »Wie recht du hast, nur …?«

      »Nur was?«

      »Nun … das Boot von Lazarus liegt auf dem Grund des Flusses, also wie kommen wir über den Fluss nach Hause?«

      »Schwimmend?«, scherzt sie. »Ach Heinz, die Indianer haben ja auch noch Boote … bestimmt haben sie eines für uns übrig.«

      »Ich werde den Häuptling mal fragen«, schlägt er vor.

      »Ja, mach das und dann werde ich mal gucken, wo der Lazarus steckt!«

      »Wenn er nicht doch irgendwo abgesoffen ist; und wenn nicht, dann hat er bestimmt bereits seine eigene Brauerei hier im Dorf gegründet.«

      »Ob mit oder ohne Alkohol, wir brauchen ihn … und ein Boot und einen Motor, sonst müssen wir rudern.«

      »Jaja, immer mit der Ruhe, ich werde morgen früh den Häuptling fragen.«

      »Warum erst morgen früh?«; fragt sie ihn.

      »Ach, ich habe so meine Gründe.«

      »Ja, wie oft habe ich das in meinem Leben schon gehört?«

      »Keine Angst, du wirst schon sehen«, antwortet er lächelnd.

      Sie schaut ihn an und schmieg sich an ihn. »Ach Heinz, lass uns nicht länger streiten … wenn wir zu Hause ankommen, hast du Geburtstag!«

      »Natürlich, nur …?«

      »Nur was?«

      »Wenn der Funke sich nur keinen Spaß mit mir erlaubt …«

      »Ach Heinz, einfach lächeln.«

      »Genau das ist es, warum ich schon nicht mehr lächeln kann.«

      Der vorletzter Tag für die Meyers im Indianerdorf geht über in die Nacht, als der Kommissar erneut herumschleicht und am Pfahl die Reste der Sex-Puppe aufhängt.