Elsbeth Weckerle

Tatort Kreuzfahrt


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entweder eine kurze Mail dazu oder eine Postkarte von irgendwoher. Eigentlich hatte Hugo immer wieder beteuert, daß er auch ganz gerne reise, vielleicht auch mit uns zusammen. Nur war es bisher nie dazu gekommen, vielleicht weil er schon ganz nett viel oder zu viel in der Welt herumgekommen war.

      Von Bunny hatten wir nichts mehr erfahren oder gehört und nun das. Was gibt es jetzt, beinahe zwei Jahre später, dazu noch zu erzählen?

      Ich bin gespannt und als ich Lausi beim recht späten Mittagessen davon erzähle, meint Wecki, der die Geschichte damals von uns gehört hatte, ganz lapidar, der Mann sei ja so alt gewesen und da wäre er wohl jetzt gestorben!

      Lausi nickt zwar beipflichtend mit seinem Haupte, aber sicher wie meist, wenn er zwar beim Essen körperlich anwesend ist, ohne etwas mitbekommen zu haben, also mehr als nur sehr weit abwesend vom derzeitigen Geschehen.

      Ich selbst kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß sich Hugo nach dieser langen Zeit nur wegen des Ablebens von Bunny per Mail und dann noch telefonisch bei uns melden würde. Da steckt sicher etwas ganz anderes dahinter, vielleicht sogar etwas noch Verrückteres als Bunnys Reise damals nach Tasmanien.

      Am Abend warte ich also gespannt auf den Anruf und der kommt dann auch beinahe pünktlich um 21 Uhr. Das was mir Hugo dabei erzählt ist eigentlich kaum zu glauben.

      Bunny ist wirklich tot. Weckis lapidare Aussage hat also zugetroffen, nur nicht wegen des Alters. Bunny, zwar mit einem Doktor- und einem Professorentitel ausgestattet, ist oder jetzt wohl richtiger war der Besitzer von einigen Kreuzfahrtschiffen und einer Reederei im hohen Norden von Deutschland gewesen. Die Reederei hatte er anscheinend schon vor einiger Zeit seinen Söhnen als Geschäftsführer übergeben, jedoch immer noch seine Hände überall mit im Spiel gehabt, vor allem bei den Schiffen.

      Damals, als wir ihn in Tasmanien erlebt hatten, war seine Reise von einem zur Reederei gehörenden Reisebüro gebucht worden, das angeblich immer alle Reisen Bunnys organisiert hatte, denn Bunny war ständig unterwegs und kerngesund, so die Auskunft.

      Man hatte damals zwar die Rückreise Bunnys nach Deutschland schließlich mit der Begründung akzeptiert, alles sei wohl etwas zu viel für den alten Herrn gewesen, der ja kurz zuvor noch eine lange Reise in der Arktis unternommen hätte!

      Hugo berichtet, daß Bunny damals auch wieder gut in Deutschland angekommen war, was die Söhne bestätigt hätten. Die hätten sich angeblich nicht erklären können, was in Tasmanien uns allen an ihrem Vater als so sonderbar aufgefallen war. Dem alten Herrn gehe es wieder hervorragend und er arbeite natürlich, wie immer, in der Reederei und bei der Leitung der Schiffe mit. So nach dem Motto:

      Ende gut, alles gut und am Besten vergessen wir alles!

      Nun aber kommt der Hammer. Bunny war vermutlich jetzt wirklich tot, denn er war mit einem seiner Kreuzfahrtschiffe unterwegs gewesen und dann dabei spurlos verschwunden.

      Ich kann das kaum fassen. Der Vermißte aus dem Artikel in der Zeitung heute morgen ist also Bunny!

      Hugo erzählt nun, daß er den Bericht über diesen Unfall schon seit einigen Tagen hat, aber erst jetzt wieder von einer Führung zurückgekommen ist und sich deshalb eben verspätet mit meinen Mails beschäftigt habe.

      Dabei sei ihm erst aufgefallen, daß unsere nächste Reise nach Argentinien und weiter Richtung Südpol ja gerade mit einem der Kreuzfahrtschiffe geplant ist, die Bunny gehören. Deshalb habe er uns doch gleich mitteilen müssen, was dem alten Herrn passiert ist, obwohl damals die Agentur und er gebeten worden waren, uns nichts über den Hintergrund Bunnys mitzuteilen. Die Agentur hatte im Gegenzug auch unsere Namen nicht weitergegeben.

      Hugo verspricht uns, nun wieder häufiger zu schreiben und will auch im nächsten Jahr endlich mal seine alte deutsche Heimat besuchen und dann bei uns vorbeischauen. Leider kann er die Antarktisreise nicht mitmachen, da er in dieser Zeit für die Hochzeit seines Sohnes in Hobart anwesend sein muß.

      Das war wohl eine mehr als nur überraschende Nachricht. Das Schiff, das wir gebucht haben und mit dem wir in zwei Monaten losfahren wollen gehört Bunny! Kaum zu glauben! Sogar Lausi ist einmal mehr als überrascht, denn Bunny war uns total anders vorgekommen als ein Reeder und ganz echtes „Nordlicht“, vor allem nicht so, wie wir uns beides wohl vorgestellt hatten.

      Bunny selbst hatte dazu nichts gesagt oder erzählt und es hatte wirklich nichts darauf hingedeutet. In Anbetracht seiner damaligen Ausstattung und mit der Kenntnis seiner Art nach Tasmanien zu reisen, hatte er sich uns keinesfalls als ein wohlhabender Reeder und Schiffseigner präsentiert, der wohl sicher nicht am Hungertuch zu nagen hat oder schon allein im Flugzeug auf die Bretterklasse angewiesen ist.

      Mein Bauchgefühl behauptet mal wieder, daß da etwas ganz und gar nicht stimmen konnte!

      Da Hugo nichts Genaues zu den oder dem Kreuzfahrtschiff das Bunny gehörte und auf dem er als vermißt gemeldet worden war gewußt hatte, versuche ich mich im Internet schlau zu machen.

      Das ist ärgerlicherweise viel komplizierter als erwartet, denn die meisten Schiffe weltweit laufen ja auf irgendein Steuerparadies und die Besitzverhältnisse sind oft ebenfalls aus Steuergründen so verworren, daß man schlichtweg gar nichts erfährt, das bedeutet, man ist hinterher kaum klüger als zuvor.

      Zudem, wenn Bunny tot ist, wäre es doch recht unwahrscheinlich, daß wir ausgerechnet auf gerade diesem, seinem „Todesschiff“, Richtung Südpol fahren würden. Ebenso sicher werden wir wohl nie mit seinen Söhnen in Kontakt treten, geschweige denn dies wollen.

      Unsere Abreise naht. Es ist auch in Deutschland, vor allem bei uns im Süden, sehr kalt geworden und so ist es für mich nicht besonders schwierig, die Winterklamotten für die Antarktis, besser für unsere Reise dahin, einzupacken.

      In die Antarktis reist man im allgemeinen in unserem Winter, also so November, Dezember bis Februar, dann ist dort Frühling, Sommer und Herbst und die Tiere bekommen oder haben bereits Nachwuchs und alles ist in Hochstimmung. Zudem soll es dann auch weniger Eis geben, also mehr eisfreie Zonen zum Herumschippern auf dem Wasser.

      Da es auf dem von uns gebuchten Schiff, mit Ausnahme von ein, zwei Abendessen zu denen um elegante Kleidung und Anzug auf einer Infoliste gebeten worden war, recht leger zugehen sollte, so war es möglich, auch bei dem nur wenig zulässigen Gepäckgewicht beim Flug, doch so einiges einzupacken. Zudem kann man bei derartigen Witterungsbedingungen schon während des Hinflugs viel an dicken Pullovern, Jacken und Stiefeln anziehen.

      Alles ist dann soweit geplant, daß wir nur noch am Abreisetag mit dem Taxi zum fast immer noch, trotz der absolut unnötigen Neubebauung mit ihren abartigen Baugruben, meist funktionierenden Bahnhof fahren müssen. Zurück bleibt Wecki, der sich um sich und das Haus kümmern will, was das auch immer bedeutet!

      Die Reise geht los

      Wie heißt es in dem netten alten Volkslied von der Kreuzfahrt, nein es ist ja die Seefahrt: Von wegen lustig, schön und was sehen, vor allem was anderes!

      Na ja, der Beginn ist schon mal nicht ganz so übel wie ich es erwartet habe, wenn man mit der hervorragenden deutschen Fliegerflotte in der Bretterklasse fliegen muß, da man ansonsten entweder arm wird oder mit so vielen Zwischenlandungen bestraft wird, wie man sie kaum oder gar nicht überleben kann.

      Wir zwei bekommen, vermutlich wegen meines liebenswürdigen Auftretens und meines „hübschen Gesichts“ sogar einen halbwegs ordentlichen Zweierplatz ganz hinten im Flieger und sind da ziemlich ungestört, vor allem von Fußtritten und Schaukeleien verursacht durch ach so nette andere Mitflugreisende in der Sitzreihe hinter einem.

      Selbst das Abgeholtwerden im recht warmen Buenos Aires klappt so hervorragend, daß wir nur noch, nach einer kurzen Dusche, in dem vorgebuchten Hotel, recht geschafft, obwohl nichts gearbeitet, in ganz angenehme Betten sinken.

      Am nächsten Morgen geht es dann gleich ausgesprochen früh, nach so gut wie keinem Frühstück, ein belegtes Brötchen mit einem Schluck Tee ist alles, zum inländischen Flughafen.

      Dort besteigen wir, nach etwas langwierigen Eincheckvorgängen, den Flieger